Eisige Naehe
den Namen haben wolle. Er zögerte einen Moment, aber dann sagte er, er wolle wissen, wer diesen perfekten Mord begangen habe, denn beim Verfassungsschutz und anderen Organisationen wäre man permanent auf der Suche nach einem solchen Mann. Er brauche nur den Namen, dann würde mir nichts passieren ...«
»Hast du ihm meinen Namen gegeben?«, fragte Hans Schmidt ungewohnt nervös.
»Nein, nein, keine Sorge, natürlich nicht. Aber ich habe ihm einen Deal vorgeschlagen: Ich würde in Zukunft für den Verfassungsschutz arbeiten, indem ich jeweils den Kontakt zu dir herstellen würde. Etwas anderes käme gar nicht in Frage ... Wenn mir jemand ein paar Tage zuvor gesagt hätte, ich würde einmal für den Verfassungsschutz tätig sein, hätte ich demjenigen den Vogel gezeigt. Aber von jetzt auf gleich war ich mittendrin. Der Typ überlegte und ging schließlich auf mein Angebot ein. Den Rest kennst du.«
»Nein, ich glaube, ich kenne den Rest noch immer nicht. Okay, du hast die Vermittlerin gespielt, und ich habe Menschen liquidiert, die unbequem geworden waren. Das ist aber noch immer nicht die ganze Wahrheit. Sarah, da ist noch mehr, und ich habe das Recht zu wissen, was das ist.«
Sie zupfte an ihrer Bettdecke, es schien, als sortierte sie ihre Gedanken. »Ja, da ist noch mehr. Er hat mich bedrängt und von mir verlangt, mit ihm zu schlafen. Ich wollte das nicht, weil er mich angeekelt hat, aber ich hatte auch da keine Wahl. Er sagte, damit würden wir unseren Deal besiegeln. Er kam danach noch einige Male, bis seine Besuche von jetzt auf gleich aufhörten und wir nur noch telefonisch Kontakt hatten. Er nannte mir jeweils die Zielperson und gab mir alle anderen Angaben durch,
ich setzte mich mit dir in Verbindung, und du hast den Rest erledigt.«
»Okay, wie heißt der Typ?«
»Karl Albertz.«
»Karl Albertz?«, fragte Schmidt mit zusammengekniffenen Augen. »Der Karl Albertz? Groß, hager, Mitte, Ende fünfzig, graublaue Augen, graue Haare, ziemlich viele Falten, Whiskeytrinker ...«
»Du kennst ihn?«, stieß Sarah Schumann verwundert hervor.
»Allerdings. Er wohnt gleich hier um die Ecke, nur ein paar Minuten von mir entfernt, in der Bismarckallee, da, wo der Kreisel ist. Wir sind sozusagen Nachbarn. Ich habe für ihn zwei Expertisen erstellt. Ich hatte bis eben nicht den leisesten Schimmer, dass er beim Verfassungsschutz ist, mir gegenüber hat er stets behauptet, bis vor zehn Jahren ein großes Unternehmen besessen zu haben und jetzt im Ruhestand zu sein. Ganz offensichtlich weiß auch er nicht, dass ich der Mann bin, den er seit beinahe fünfundzwanzig Jahren sucht. Er war am Samstag übrigens auch auf dem Fest beim Grafen. Interessantes Spiel.«
»Nein, mein Lieber, das ist kein interessantes Spiel, denn Albertz ist eines der höchsten und gefährlichsten Tiere innerhalb der Organisation. Er ist Logistiker und bestimmt den Kurs. Er pflegt Kontakte bis in die Spitzen von Politik und Wirtschaft, er ist einer von denen, die aus dem Hintergrund agieren und die Fäden in der Hand halten, sich aber nie zu erkennen geben. Mit ihm ist nicht zu spaßen, das kann ich dir versichern. Er ist hinterlistig und verschlagen und spielt sein eigenes Spiel. Ihm geht es allein um seinen Vorteil, andere interessieren ihn nicht. Er hat seine Handlanger, die alles für ihn tun, sogar töten. Nur die großen und besonders wichtigen Aufträge überlässt er anderen, wie zum Beispiel dir.« »Woher weißt du das alles?«
»Ich habe auch meine Beziehungen. Glaub mir, ich war in all den Jahren nicht untätig und habe mir das Vertrauen von so manch einem erschlichen und manchmal auch erkauft. Das vorletzte Mal haben Albertz und ich uns vor fünf Jahren gesehen, eine zufällige Begegnung, als er in Nizza war und wir uns in deinem Restaurant über den Weg gelaufen sind. Du warst leider nicht da ...«
»Du hast mir nie davon erzählt.«
»Es schien mir bisher nicht wichtig. Er ist später bei mir vorbeigekommen. Ich habe ihm jedoch deutlich zu verstehen gegeben, dass ich keinen Wert auf seine Gesellschaft lege, ich konnte mir das leisten, denn ich hatte drei Bekannte im Haus. Daraufhin ging er wieder. Er ist ein eiskalter Hund, gefühllos, furchtlos, hinterhältig, verkommen ... Such dir irgendein negatives Attribut aus, es trifft auf ihn zu. Er benutzt Menschen, wie es ihm beliebt. Wenn er etwas sagt, weißt du nie, ob es die Wahrheit ist. Das ist Albertz. Er ist unglaublich intelligent und den meisten intellektuell um Längen
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