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Eisige Naehe

Eisige Naehe

Titel: Eisige Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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keiner glauben, einem Säufer glaube keiner, da hat er wohl recht, und zweitens hätte er viel mehr Macht und Einfluss, als ich mir erträumen könnte. Er hat mir noch fünfzigtausend Euro gegeben und mich so 'nen Wisch unterschreiben lassen, ich weiß gar nicht mehr, was da so draufstand. Ich habe die Kohle genommen und bin weg. Seitdem habe ich das Studio nicht mehr von innen gesehen.«
    »Ist es das Mädchen?«, fragte Santos und zeigte Weidrich das Foto von Nele.
    Weidrich betrachtete es eingehend und nickte langsam.
    »Das waren so viele Mädchen in den ganzen Jahren. Aber doch, ich habe sie gesehen, das weiß ich. Ja, ich bin sogar sicher, dass es die Kleine ist. Diese Augen werde ich mein Lebtag nicht vergessen. Sie sieht auf dem Foto nur ein bisschen anders aus, aber sie ist es, ja, sie ist es.«
    »Wie lange genau ist das her?«
    »Sie meinen, wann er mich gefeuert hat?«
    »Ja.«
    »Das Datum werd ich auch nie vergessen, das war letztes Jahr am siebten März. Der hat mich einfach so auf die Straße gesetzt, obwohl ich über zwanzig Jahre für ihn selbst die größte Drecksarbeit gemacht hab. Okay, fünfzigtausend hat er mir gegeben, damit ich's Maul halte. Aber ich hätt doch so oder so mein Maul gehalten, ich wusste doch, wie viel Macht und Einfluss Bruhns hatte. Der kannte jeden, Staatsanwälte, Rechtsverdreher, Richter, Bullen, alles und jeden kannte der. Wem, glauben Sie, hätte man eher geglaubt, einem, der gerne mal einen hebt, oder einem angesehenen Produzenten? Ist nicht gegen Sie gerichtet, aber ich habe es nicht gemeldet, weil man mich nur ausgelacht hätte.«
    »Feine Einstellung, wirklich.« Santos konnte sich diesen Kommentar nicht verkneifen.
    »Hey, Frau Kommissarin, ich habe keinen Job mehr, und außerdem hatte ich keinen einzigen Beweis für Bruhns' Sauereien. Hätten Sie mir geglaubt? Im Leben nicht, Sie sehen diesen Schwachkopf im Fernsehen, Sie hören seine beschissenen Sprüche, über die halb Deutschland lacht, und so einer soll Kinder missbrauchen?« Er lachte erneut höhnisch auf und deutete mit dem Finger erst auf Santos und dann auf Henning: »Sie hätten mir nicht geglaubt, Ihr Kollege nicht, keiner von euch Bullen hätte mir geglaubt, und das wisst ihr auch.«
    »Sie sollten nicht alle über einen Kamm scheren ...« »Tu ich aber, denn ich kenn euch. Was glaubt ihr, wie oft bei mir schon die Bullen auf der Matte gestanden haben, weil meine Mucke zu laut war oder weil ich angeblich jemanden beleidigt haben soll ... Ich könnt 'ne ganze Menge aufzählen, aber das ist unwichtig.« »Sie trinken zu viel, das ist alles ...« »Nee, nee, nee, so einfach ist das nicht, aber ich merk schon, ihr wollt's euch gerne einfach machen. Hier der Säufer und da der ehrenwerte Herr Bruhns, vor dem alle auf die Knie fallen. Glauben Sie mir, bis vor einem Jahr habe ich einen phantastischen Job gemacht, ich habe zwar getrunken, aber ich war nie betrunken, da können Sie jeden fragen, der bei uns im Studio war. Manni war nie betrunken, und keiner konnte das Mischpult so bedienen wie ich. Hey, ich hatte Angebote sogar aus den USA, die hatten meine Mischungen gehört und wollten mich unbedingt, weil da drüben 'ne Menge Pfeifen in den Studios sitzen und von nix 'ne Ahnung haben. Ich habe mit der verfluchten Sauferei erst richtig angefangen, als ich nicht mehr wusste, was ich machen soll. Das schwör ich bei allen Heiligen dieser verfluchten Welt.« »Zu schwören brauchen Sie nicht. Wusste seine Frau von seinen Affären und dem, was er mit den Kindern gemacht hat?«
    »Keine Ahnung, ich habe die ja nur ein- oder zweimal getroffen. Ich habe die gesehen und gedacht, mein lieber Scholli, die Frau ist der Hammer. Viel zu schade für Peter. Die hat nicht geschnallt, mit was für 'nem Arsch sie sich da eingelassen hat. Is 'ne feine Frau, die hat was, was die meisten, die er gevögelt hat, nicht haben.« »Ich denke, Sie haben sie nur ein- oder zweimal gesehen?«
    »Na und? Was glauben Sie, wie schnell man in meinem Beruf lernt, Menschen einzuschätzen? Ohne diese Menschenkenntnis läuft gar nichts. Da kommen so 'n paar aufgedonnerte Blondinen mit Riesentitten angewackelt und meinen, sie wären die Größten, obwohl sie nicht mal 'nen graden Ton rausbringen. Ich brauchte die nur zu sehen, da wusste ich schon, das wird nie im Leben was. Soll ich Ihnen was sagen - ich habe mich nicht ein einziges Mal geirrt. Nicht ein einziges Mal! Die kommen und machen die Beine breit und denken, so könnten sie ein Star

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