Eisige Umarmung (German Edition)
Bruders für die Tochter der verlorenen Schwester. Sienna sah Kristine sehr ähnlich, und bis zu diesem Augenblick hatte er seinen Schmerz über den Verlust stets verleugnet. Qualvoll hämmerte die Dissonanz in seinem Kopf.
„Tut es sehr weh?“, fragte er, als ihm plötzlich der mögliche Grund für Siennas Ausbrüche klar wurde. Sie war nicht wie Sascha oder Faith, sondern hatte genau wie er Kräfte, die zum Kampf bestimmt waren. Was er über die Abkehr der beiden Frauen von Silentium wusste, hatte ihn in der Überzeugung bestärkt, dass Kämpfer in besonderer Weise konditioniert wurden – vor allem was die Stärke der Dissonanz betraf. „Bereitet dir das Brechen mit Silentium Schmerzen?“
Sie nickte. „Ich kann nicht mehr so sein wie früher, aber mein Geist scheint mich dahin zurückzudrängen.“ Obwohl sein Pullover ihre Stimme dämpfte, nahm er den ungeheuren Schmerz in ihr wahr.
Damit stand seine Entscheidung fest. Schon als er Brenna im Morgengrauen verlassen hatte, war ihm mit aller Macht deutlich geworden, dass er ihr nicht geben konnte, was sie brauchte, um sich sicher zu fühlen und glücklich zu sein. Und in ihm war etwas zerbrochen, weil er sie so im Stich ließ. „Ich werde einen Weg finden, die Konditionierung auszuschalten.“
„Das können wir doch nicht tun.“ Es war nur ein Flüstern. „Du und ich … wir brauchen doch den Schmerz, um es unter Kontrolle zu halten.“
Es.
Ihre so verschiedenen und doch gleichermaßen tödlichen Fähigkeiten. „Vielleicht können wir die Regeln für unser neues Leben selbst aufstellen.“
„Wenn es nun aber schiefgeht?“, flüsterte sie. „Wenn wir andere verletzen?“
Bilder blutiger, grotesk verrenkter Körper tauchten vor seinem inneren Auge auf. „Das werden wir nicht.“ Er hoffte, sein Versprechen halten zu können … damit Brenna nicht letztlich doch den Preis dafür zahlen musste, dass sie ihr Herz an einen abtrünnigen Pfeilgardisten verloren hatte.
43
Er war schweißgebadet. Zwei Stunden hatte er gebraucht, um zur Höhle zurückzukehren, nachdem Riley ihn zu dieser Scheinübung geschickt hatte. Nach Brennas Tod würde er dorthin zurückkehren, ohne dass es jemand mitbekam. Ein perfektes Alibi.
Er warf einen Blick auf die Uhr und dann auf Brennas Tür. D’Arn lehnte an der Wand, aber der Mörder beging nicht den Fehler anzunehmen, der Soldat nehme nicht wahr, was um ihn herum vorging. Er sah, hörte und roch bestimmt alles. Deshalb hatte der Mörder dieses Versteck gewählt, der Wind blies in die andere Richtung und konnte seinen Geruch nicht verraten.
Er brauchte nur drei Minuten allein mit dieser Schlampe, die sich so an ihr Leben klammerte.
Noch einmal sah er auf die Uhr, eine bessere Gelegenheit würde sich nie wieder ergeben. Der Mediale war weggegangen, und wenn D’Arn auf sein Ablenkungsmanöver hereinfiele, wäre Brenna mindestens eine Minute allein. Das war mehr als ausreichend. Wieder sah er auf die Uhr.
Fünf, vier, drei, zwei … eins.
D’Arn nahm sofort Habachtstellung ein, als die Alarmsirenen durch die Höhle heulten. Die Tonfolge besagte, dass ein Notfall im Kindergarten eingetreten war, der so gravierend war, dass er alle Kräfte erforderte.
Der Mörder lächelte. Er hatte die Bombe direkt am Eingang platziert, damit größtmögliche Verwirrung entstand, aber keine Jungen verletzt wurden. Schließlich war er kein Monster.
D’Arn lief sofort los, blieb dann aber gleich wieder stehen. Brennas Tür ging auf. „Lauf schon!“, schrie sie. „Ich komme gleich nach, bin beim Kommunikationsteam.“
Das hatte der Mörder gewusst, er hatte den Einsatzplan gesehen. Brenna würde jetzt schnell ihren Notfallkoffer holen und dann zur Kommandozentrale rennen, um die Einsätze in der Höhle zu koordinieren.
„Hau endlich ab!“ Brenna schlug die Tür zu, aber sie würde sie bestimmt nicht abschließen. Wenn doch, würde er sich auf sie werfen, sobald sie die Wohnung verließ und mit den Gedanken ganz woanders war.
D’Arn rannte los, der Instinkt, die Jungen zu beschützen, schaltete alles andere aus. Auch damit hatte der Mörder gerechnet. Es stimmte, was die Medialen behaupteten: Gefühle waren die schwache Stelle der Gestaltwandler, dadurch konnte man sie manipulieren.
Er verließ das Versteck, sobald D’Arn verschwunden war. Leider war die Zeit sehr knapp – schade, dass er sie nicht erwürgen konnte. Er schloss die Hand fest um die Druckpistole mit einer Überdosis Rush und griff nach der Klinke. Sie
Weitere Kostenlose Bücher