Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eisige Umarmung (German Edition)

Eisige Umarmung (German Edition)

Titel: Eisige Umarmung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
Vom Netzwerk:
ein. „Er hat mich gebrochen.“ Der zweite Schlag ließ ihre Schultermuskeln zittern.
    „Aufhören!“ Männerhände schlossen sich um ihre Fäuste. „Sie werden sich noch verletzen.“
    Die Berührung und sein Geruch waren verführerisch, sie lehnte sich zurück, in seine Arme. „Ich kann mich nicht mehr in eine Wölfin verwandeln.“ Diesmal war es ein Flüstern, ihr Ausbruch hatte den Zorn weggespült.
    „Ich habe aber gesehen, dass Sie Ihre Krallen benutzt haben.“ Seine Stimme war immer noch die eines eisigen Medialen, aber er beugte sich schützend über sie.
    Der Kontakt beruhigte sie, trotzdem schwankte ihre Stimme. „Teilweise geht es – die Krallen, manchmal auch die Zähne, aber das ist schon schwerer. Meine Kraft und meine Schnelligkeit haben nicht gelitten. Und ich rieche und sehe noch genauso gut.“
    „Wie Dorian.“
    „Ja.“ Der DarkRiver-Leopard hatte alle Merkmale eines Gestaltwandlers, doch sie waren schon von Geburt an unterentwickelt gewesen. „Aber bei mir war das nicht der Fall. Enrique hat mich zum Krüppel gemacht.“ Hawkes Worte bekamen eine neue Bedeutung. Was würde er sagen, wenn er erkannte, wie sehr sie geschädigt war? „Ich bin zerstört … für immer verstümmelt.“
    Kühl und fest lagen Judds Hände weiterhin auf ihrer Haut, ließen sie selbst dann nicht los, als sie die Arme senkte. „Haben Sie es den Heilerinnen gesagt? Vielleicht hatte Ihr Körper einfach noch nicht genügend Zeit, sich von den Verletzungen zu erholen.“
    „Ich habe mit niemandem darüber gesprochen.“
    Nur mit ihm. Das hätte ihm eigentlich egal sein müssen, war es aber nicht. „Kommen Sie, lassen Sie uns drinnen weiterreden.“ Er wollte sie loslassen und zur Hütte gehen, aber sie presste sich an ihn. Das erste Warnsignal leuchtete in seinem Kopf auf, aber noch spürte er keinen Schmerz. „Was ist?“
    „Ich fürchte mich so.“ Ein zartes Flüstern, ihre Stimme zitterte. „Es muss schön sein, nichts zu fühlen, niemals Angst zu spüren.“
    „Ich bin auch eine Art Krüppel.“ Von den eigenen Eltern dazu gemacht. „Sie wollen bestimmt nicht wie ich sein.“ Der Gedanke an eine kalte, gefühllose Brenna brachte ihn dazu, noch fester zuzugreifen. Ein zweites Warnsignal schoss durch seinen Kopf.
    Mit Gestaltwandlerschnelligkeit entzog sie ihm ihre Hände, drehte sich blitzschnell um und schlang ihre Arme um seinen Oberkörper. „Bitte.“
    Er würde dafür bezahlen müssen. Das musste er immer. Trotzdem schloss er seine Arme um ihren zarten Leib, ihr Scheitel lag unter seinem Kinn. Ein Weinkrampf schüttelte sie, und er hätte den Tränen Einhalt geboten, wenn er gewusst hätte wie. So tat er nur, worum sie ihn gebeten hatte, und hielt sie fest, während der Druck in seinem Hinterkopf stärker wurde, ein dumpfes Pochen, das eine heftige psychische Reaktion ankündigte.
    Eine Dissonanzreaktion – Schmerzen, die einen zur Einhaltung des Silentium-Programms zwangen. Judd hatte diesen Begriff aus einem alten medizinischen Artikel, der inzwischen zur Verschlusssache geworden war. Er war heimlich ins System eingedrungen, nachdem er als Teenager etwas Wichtiges begriffen hatte: Silentium beruhte im Grunde auf einer Abwechslung von Belohnung und Strafe. Je stärker man die Konditionierung durchbrach, desto größer wurde der Schmerz.
    Ein Wissenschaftler hatte sowohl Pawlows erste Versuche mit Hunden als auch verschiedene Aufsätze erwähnt, die dessen Theorie erweitert hatten. Es war Judd nicht gelungen, sich Zugang zu allen Schriftstücken zu verschaffen, aber er hatte genügend herausgefunden, um seine Vermutung bestätigt zu sehen … der Rat hatte ihn auf dieselbe Weise konditioniert, wie man Hunde abrichtete. Wenn sich ein Hund oft genug verbrannt hatte, mied er das Feuer. Wenn ein Kind bei jedem Lachen einem Elektroschock ausgesetzt wurde, lernte es, selbst ein Lächeln zu unterdrücken. Ein einfaches Schema, um aus Menschen Maschinen zu machen, aber Judd durfte nicht ausbrechen. Ganz egal, wie stark die Versuchung war.
    „Brenna, Sie müssen damit aufhören“, sagte er nach einiger Zeit – heiser klangen ihre Schluchzer und voller Schmerz. „Hören Sie endlich auf, Sie tun sich nur selbst weh.“ Er drückte sie so fest an sich, dass er sich fragte, wie sie überhaupt noch atmen konnte. Aber sie beklagte sich nicht, sondern krallte ihre Finger in seinen Rücken und verstärkte den Druck sogar noch. „Schluss mit den Tränen.“ Sein rauer Befehl schien keine Wirkung zu haben.

Weitere Kostenlose Bücher