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Eisige Versuchung

Eisige Versuchung

Titel: Eisige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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auf der Lichtung aussehen würde. Der Hang würde gerodet werden und mehrere riesige Gebäude das Gebiet bis zur Schleuse verschandeln. Broadbaker schien so gierig darauf, mit dem Bau zu beginnen, dass ihn nicht einmal der Winter aufhielt.
    Er faltete das Papier in seinen Händen zusammen und ließ seinen Blick ein letztes Mal, so schien es Shade, umherschweifen.
    Am liebsten hätte sie Roque zugerufen, er solle sich verstecken, aber das wäre kontraproduktiv gewesen. So winkte sie lediglich hektisch, aber er nahm sie nicht wahr, sondern richtete sich auf und spähte durchs Wagenfenster erst auf die Rückbank und dann auf den Beifahrersitz.
    Während er den Türgriff anfasste, drehte Broadbaker sich langsam zu ihm um.
    Shade blieb fast das Herz stehen. Sie wagte kaum zu atmen, fing sich wieder und formte, so schnell sie konnte, einen Schneeball. Das Adrenalin peitschte durch ihre Adern, als sie ihn weit weg gegen einen Ast warf, um von Roque abzulenken.
    Im ersten Moment gelang es ihr. Die Blätter an dem getroffenen Zweig raschelten, die Kugel zerbrach in zahlreiche Teile und rieselte als Flocken herab. Der Investor wandte sich um und suchte nach der Quelle des Geräuschs. Da er jedoch nichts Interessantes erspähte, verlor er alsbald das Interesse und ging weiter auf seinen Wagen zu.
    Er bemerkte den Engel nur nicht, weil er seinen Blick auf die Linien, die er gezeichnet hatte, heftete. In Gedanken schritt er bestimmt schon die Gänge seines Luxuskrankenhauses ab.
    Roque entdeckte ihn und erstarrte zu Eis.
    Verzweifelt rüttelte Shade an einem Strauch, doch dieses Mal reagierte der Investor nicht einmal, vielleicht weil er bereits die Münzen seiner vermögenden Gäste klingeln hörte.
    Just in dem Moment, in dem sie auf die Lichtung stürmen wollte, ließ der Eisengel sich einfach neben dem Fahrzeug in den Schnee gleiten und breitete seine Flügel so geschickt über sich aus, dass er vollkommen darunter verschwand.
    Was als Nächstes geschah, faszinierte Shade so sehr, dass sie ihr Vorhaben vergaß, Lionels Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und stehen blieb.
    In einer Sekunde konnte sie die einzelnen Federn noch ausmachen, in der nächsten verschmolzen sie mit der Schneedecke. Zuerst nahm sie noch eine Art Flimmern wahr, dann verschwanden die Schwingen vollkommen. Nur wenn sie wegschaute und wieder hinsah, erahnte sie sie für einen kurzen Augenblick. Doch im nächsten Moment erblickte sie wieder nur eine weiße Fläche.
    Sie wusste, dass Roque noch neben der Fahrertür kauerte, aber dank seiner übersinnlichen Schwingen war er nahezu unsichtbar geworden.

Achtzehntes Kapitel
    Erwischt!
    Angespannt beobachtete Shade Lionel Broadbaker. Er holte seinen Schlüssel aus der Jackentasche und sah endlich auf. Doch er ging weiter, als befände er sich allein auf der Lichtung. Offenbar hatte er nicht mitbekommen, wie Roque sich in den Schnee fallen gelassen hatte, und nun konnte er ihn in der weißen Landschaft nicht ausmachen, weil der Eisengel ein Teil von ihr geworden war. Als wäre Roque nur ein Partikel, der sich für die Jagd nach seinem Opfer aus der Hölle gelöst hatte und sich nun wieder mit ihr verband.
    Der Investor zog seinen Mantel aus, faltete ihn in der Mitte und legte ihn auf die Rückbank. In aller Seelenruhe setzte er sich auf den Fahrersitz, tauschte seine Boots gegen die Sneakers und stellte die Stiefel hinter seinen Sitz. Ein letztes Mal ließ er seinen Blick über das Grundstück vor ihm schweifen. Freudig rieb er seine Handflächen aneinander, startete den Motor und fuhr langsam zur Sweetwater Road zurück.
    Kaum dass er außer Sichtweite war, lief Shade zu Roque. Als er sich erhob, korrigierte sie verlegen ihre Richtung, da sie das weiße Flimmern, das seine Position erahnen ließ, für einen Moment aus den Augen verloren hatte. Durch den Schnee zu laufen strengte sie sehr an, aber das Hochgefühl, einem weiteren Wunder beigewohnt zu haben, spornte sie an. Außer Puste blieb sie vor ihm stehen. Sie stemmte eine Hand in ihre Hüfte, als würde das gegen die Seitenstiche helfen, was natürlich nicht der Fall war.
    »Was war das?«
    »Was meinst du?« Er klopfte seine Lederhose ab.
    »Du warst plötzlich verschwunden!« Wild gestikulierte sie. »Eine Art magischer Täuschung.«
    Der Saum eines Hosenbeins war nach oben geklappt. Roque beugte sich hinunter, faltete ihn auf, und Schnee rieselte heraus. »Ich war die ganze Zeit hier, nur kaum mehr für das menschliche Auge sichtbar.«
    »Wie hast du das

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