Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
eine Grimasse. »Er nimmt es so schwer. Er glaubt, es war seine Schuld.«
»Was denn genau?«
»Alles, was Beth passiert ist. So ist das nun mal, wenn man Kinder hat. Haben Sie auch welche?«
»Nein.«
»Natürlich sucht man die Schuld bei sich. Wie auch immer, Sie müssen mit mir vorlieb nehmen.«
»Danke, dass Sie sich zu diesem Gespräch bereit erklärt haben. Ich arbeite mit Detective Chief Inspector Karlsson zusammen, bin allerdings keine Kriminalbeamtin, sondern Ärztin.«
»Was für eine Art Ärztin?«
»Ich habe eine Ausbildung als Psychiaterin, arbeite jedoch als Therapeutin.«
Frieda war daran gewöhnt, wie die Leute schauten, wenn sie das sagte, aber bei Lorna Kersey kam noch etwas anderes hinzu – eine Art nervöse Wachsamkeit, als wüsste sie schon, was gleich folgen würde.
»Wollte Ihr Detective, dass Sie mit mir sprechen, weil Beth gestört ist?«
»Würden Sie Ihre Tochter wirklich als gestört bezeichnen?«, fragte Frieda. »Nicht nur als unglücklich und verwirrt?«
»Ich weiß es nicht. Da bin ich nie dahintergekommen. Ich frage mich das die ganze Zeit. Lag es an ihrer Kindheit? Waren wir schlechte Eltern? Hätte sie damals schon medizinische Hilfe gebraucht oder nur noch mehr Verständnis und Zuwendung? Ich weiß es nicht, und genauso wenig weiß ich, was das Wort ›gestört‹ für Leute wie Sie bedeutet.«
»Ihre Tochter war längere Zeit in Behandlung, nicht wahr?«
Lorna Kersey winkte resigniert ab. »In unserer Verzweiflung haben wir alles versucht. Beratung, Therapie, Medikamente und was nicht sonst noch alles.« Sie presste Daumen und Zeigefinger fest gegen ihre Nasenwurzel und schloss kurz die Augen. »Es ist für mich eine grauenhafte Vorstellung, dass sie irgendwo da draußen ganz allein ist«, fuhr sie fort, »ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie grauenhaft. Dauernd frage ich mich, was sie wohl tun wird.«
»Sie meinen, sie könnte sich etwas antun?«
»Tja, das auch.«
»Oder anderen?«
»Ich weiß es doch nicht! Ich habe sie so lange nicht mehr gesehen. Nie hätte ich gedacht, dass sie alleine zurechtkommt. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, was sie macht oder wie es ihr geht.«
»Welche Art Medikamente hat sie genommen?«
»Warum wollen Sie das wissen?«
»Wogegen waren sie? Waren es Antidepressiva?«
»Ich kann mich an die Namen nicht erinnern.«
»Musste Ihre Tochter sie nehmen, weil sie depressiv war, oder waren die Medikamente gegen etwas anderes?«
Lorna Kersey legte die Hände flach auf den Tisch und starrte auf ihre Finger hinunter. Als sie dann wieder den Blick hob, wirkten ihre Augen hinter den runden Brillengläsern fast wund. »Sie hatte diese Phasen«, antwortete sie. »Was das betrifft, bin ich inzwischen Fachfrau. Ich habe alle einschlägigen Bücher gelesen und mit etlichen Experten gesprochen. Man soll nicht sagen: ›Sie ist schizophren.‹ Nein, man sagt: ›Sie hatte schizophrene Phasen.‹ Das soll einem ein besseres Gefühl geben. Aber egal, ob man es so oder so nennt, ihre Zustände waren entsetzlich.«
»Ich weiß«, sagte Frieda.
»Nein«, widersprach Lorna Kersey, »wenn Sie selbst kein Kind haben, können Sie das gar nicht wissen.«
»Wir würden Sie bei Ihrer Suche nach Ihrer Tochter gern unterstützen.«
»Sie halten es für möglich, dass sie ihn getötet hat?«, flüsterte Beths Mutter. »Sie halten es wirklich für möglich, dass meine Beth ihn ermordet hat?«
»Ich bin keine Polizistin.«
»Wie geht es nun weiter?«
»Wir müssen sie finden.«
42
S ind Sie bereit?«, fragte Karlsson.
»Wie meinen Sie das?«
»Ich versuche Sie doch nur aufzubauen. Wyatt hat seinen Anwalt dabei. Lassen Sie sich dadurch nicht abschrecken.«
»Wovon abschrecken?«
»Nichts«, entgegnete Karlsson, »vergessen Sie es. Seien Sie einfach Sie selbst. Denken Sie daran, das ist Ihr Beruf. Sie können das.«
»Wenn ich Sie richtig verstehe«, sagte Frieda, »dann soll ich Frank Wyatt also dazu bringen, den Mord an Robert Poole zu gestehen.«
Karlsson hielt Daumen und Zeigefinger so eng aneinander, dass sie sich beinahe berührten. »Unsere Beweise reichen fast für eine Anklageerhebung. Es fehlt nur noch so viel. Trotzdem wäre ein Geständnis natürlich hilfreich, ja. Ich sollte Sie vielleicht vorwarnen: Ich habe gerade eine Stunde mit ihm verbracht und versucht, ihn mit einer Anklage wegen Totschlags im Affekt zu ködern, und ihm gesagt, dass er eventuell sogar mit Bewährung davonkäme, aber er beißt nicht an. Deswegen wäre es
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