Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
verstoßen«, entgegnete Frieda.
»Aber Sie sind nicht glücklich über diese Entwicklung?«
Friedas Blick war starr auf ihn gerichtet. Dabei wirkte sie derart konzentriert, dass es ihm fast Angst machte.
»Es liegt nicht nur an den Ermittlungen«, erklärte sie schließlich. »Fakt ist, dass ich von alledem die Nase voll habe. Anfangs hat es mir Spaß gemacht, an einer polizeilichen Ermittlung beteiligt zu sein. Es war eine willkommene Abwechslung zu meinem Alltag. Aber inzwischen, nachdem ich von etlichen Leuten attackiert wurde und mir immer wieder anhören musste: ›Was, zum Teufel, hat diese Psychotherapeutin dabei verloren?‹, bin ich im Grunde ihrer Meinung. Deswegen mache ich jetzt noch diese letzte Sache, und dann bin ich raus aus der Geschichte.«
Harry lächelte. »Was ist denn das für eine letzte Sache?«
»Ach, die ganzen langweiligen Einzelheiten wollen Sie bestimmt nicht hören«, meinte Frieda.
»Doch«, widersprach Harry, »ich interessiere mich für alles, was Sie tun – und vor allem für die Dinge, die Ihr Leben so kompliziert machen.«
»Also gut«, gab Frieda sich geschlagen. »Es geht um Michelle Doyce, die Frau, die Pooles Leiche gefunden hat. Sie sitzt in einer psychiatrischen Klinik unten in Lewisham und wird da wahrscheinlich nie wieder rauskommen. Die Polizei hat ihr bisher kaum Beachtung geschenkt, weil sie ganz offensichtlich unter Wahnvorstellungen leidet, aber ich bin mit ihr in Kontakt geblieben. Ich besuche sie gelegentlich und habe das Gefühl, dass sie in letzter Zeit immer klarer wird. Anfangs machte ihr der Lärm in ihrer Abteilung Angst, sie hatte ein Problem mit den vielen Leuten, aber seit ihr ein Einzelzimmer zugewiesen wurde, hat sie sich beruhigt und fängt an, über die Ereignisse zu sprechen.«
»Was heißt das?«
»Michelle fand die Leiche und schleppte sie zu sich nach Hause, in ihr Zimmer. Aber nach dem zu urteilen, was sie nun zu erzählen beginnt, hat sie Poole nicht nur gefunden. Ich glaube, sie hat auch gesehen, wer die Leiche dort abgelegt hat.«
Einen Moment schwiegen sie beide. Bedächtig spießte Harry einen Brocken Ziegenkäse auf seine Gabel, platzierte ihn auf einem Stück Toast und schob sich den Happen in den Mund. Nachdem er eine Weile darauf herumgekaut und schließlich hinuntergeschluckt hatte, fragte er: »Was sagt die Polizei dazu?«
»Die interessiert das nicht«, antwortete Frieda. »Für die ist der Fall bereits gelöst, und darüber sind sie froh.«
»Dann war es das also?«
»Nein. Ich habe einen Neurologen kennengelernt, der sich mit solchen extremen Syndromen sehr gut auskennt. Am Montag besuchen wir gemeinsam Michelle Doyce. Er wird ihr einen Cocktail aus Medikamenten verabreichen, und ich bin davon überzeugt, dass sie danach in der Lage sein wird, uns genau zu erzählen, was sie gesehen hat. Dann werde ich ihre Aussage den Kollegen von der Polizei übergeben, und die können die Ermittlungen dann so weiterführen, wie sie es von Anfang an hätten tun sollen, nämlich mit der gebotenen Gründlichkeit. Auf mich werden sie dann allerdings verzichten müssen. Mir reicht es nämlich.«
»Warum tun Sie sich das überhaupt noch an?«, fragte Harry. »Sie können doch schlecht im Alleingang die Arbeit eines ganzen Ermittlungsteams übernehmen. Warum lassen Sie die Sache nicht einfach auf sich beruhen und kümmern sich wieder um Ihr eigenes Leben?«
»Soll ich tatenlos zusehen, wie ein Unschuldiger ins Gefängnis wandert?«, fragte sie. »Wie stellen Sie sich das vor?«
»Vielleicht gelingt es der Polizei am Ende ja auch ohne Ihre Hilfe, den richtigen Täter zu finden. Das ist doch eigentlich die Aufgabe der Polizei.«
Frieda schüttelte den Kopf. »Wenn ich das jetzt nicht durchziehe, werden sie bei der Lösung bleiben, auf die sie sich eingeschossen haben, und zum nächsten Fall übergehen.« Sie musterte ihn argwöhnisch. »Mögen Sie Salat mit Ziegenkäse nicht?«
»Nicht besonders.«
»Warum haben Sie ihn sich dann bestellt?«
»Ist doch ganz egal. Jedenfalls habe ich jetzt keinen Hunger. Hören Sie, Frieda … Sie wissen, dass ich verrückt nach Ihnen bin?«
»Harry …«
»Nein, sagen Sie jetzt nichts. Bitte sagen Sie nichts. Sie wissen es ja sowieso. Das ist der Grund, warum ich hier sitze und Ziegenkäse bestelle und dummes Zeug rede.« Er streckte eine Hand aus und berührte ihr Gesicht. Sie saß da wie erstarrt und blickte ihn unverwandt an.
»Habe ich überhaupt eine Chance?«
»Im Moment noch nicht.«
»Warum
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