Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
richtete den Blick auf Frieda, die schon die ganze Zeit angestrengt nachdachte.
Sie rückte näher heran, so dass sie Tessa gegenübersaß.
Tessa starrte Frieda an, die kurz an das Kinderspiel denken musste, bei dem man versuchte, sein Gegenüber möglichst lange anzustarren, ohne zu lachen.
»Ich bin Robert Poole nie persönlich begegnet«, begann Frieda. »Ich habe auch noch nie ein Foto von ihm gesehen – zumindest keines, das ihn zu Lebzeiten zeigt. Inzwischen aber habe ich mit so vielen Leuten gesprochen, mit denen er zu tun hatte, dass es mir fast vorkommt, als hätte ich ihn persönlich gekannt. Nachdem Sie sich weigerten, die Testamentsänderung vorzunehmen, hätten sich die meisten Menschen gedemütigt oder bloßgestellt gefühlt, aber er war vermutlich fasziniert von Ihnen. Er war es gewohnt, Macht über Menschen zu haben, doch Sie hatten sich ihm entzogen. Sie stellten für ihn eine Herausforderung dar. Deswegen hat er sich noch einmal bei Ihnen gemeldet. Was hat er gesagt? Vielleicht wollte er Ihnen die Situation erklären oder Ihnen beweisen, dass es nicht so war, wie Sie dachten. Sie waren Ihrerseits ebenfalls fasziniert und zugleich leicht amüsiert. Vermutlich fanden Sie es irgendwie charmant, dass er sich so hartnäckig weigerte aufzugeben. Deswegen begannen Sie eine Affäre mit ihm – aus einer gewissen Neugier heraus. Sie wollten einfach wissen, wie er tickte.«
Auf Tessas Gesicht breitete sich ein verächtliches Lächeln aus. »Diese kleine pornografische Fantasie sagt mehr über Sie aus als über mich«, erklärte sie.
»Doch dann hat er sich in Sie verliebt. Er sah Sie als Schwester im Geiste, als Seelenverwandte. Sie haben ihn ermutigt, bis er Ihnen schließlich alles über Mary Orton, Jasmine Shreeve und das Ehepaar Wyatt erzählte.«
»Und über Janet Ferris«, warf Yvette in barschem Ton ein.
»Lassen wir das noch für einen Moment beiseite«, entgegnete Frieda. Als sie fortfuhr, klang es fast, als würde sie mit sich selbst sprechen, auf der Suche nach den letzten Puzzleteilen. »Eines war mir lange Zeit nicht so ganz klar. Jasmine Shreeve, Mary Orton und die Wyatts waren seine Opfer. Sie hatten offensichtlich alle etwas zu verbergen, jeder auf seine eigene Art, und empfanden deshalb Schuldgefühle und Scham. In ihrer Verwirrung widersprachen sie sich. Das ist bei Menschen, die etwas zu verbergen haben, ganz normal. Ihre Geschichten sind nicht stimmig. Es gibt immer etwas, das nicht passt. Aber bei Ihnen war das anders. Ihre Beziehung zu Poole war ganz und gar unkompliziert. Sie waren die Einzige, an die er nie herankam. Ihnen ging es nur ums Geld.«
Sie warf einen Blick zu Karlsson hinüber, woraufhin dieser nickte.
»Nachdem Sie dahintergekommen waren, wie viel Geld er besaß«, ergriff Karlsson das Wort, »und auf welche Weise er an das Geld gekommen war, entwickelten Sie einen ganz einfachen Plan. Keinem Menschen kann man besser Geld stehlen als einem, der es vorher seinerseits gestohlen hat, weil der nämlich nicht zur Polizei gehen kann. Hat er Ihnen von dem Geld erzählt, um Sie zu beeindrucken? Jedenfalls beschlossen Sie und Ihr Bruder, sich bei ihm zu bedienen. Harry wusste ja aufgrund seines Berufs, wie man Geld von einer Bank auf die andere transferiert und falsche Konten eröffnet. Ihr Plan war, den Betrüger zu betrügen.«
»Nein«, widersprach Frieda.
»Wie bitte?« Karlsson starrte sie verblüfft an.
»Es ging nicht nur darum, gestohlenes Geld zu stehlen«, erklärte Frieda. »Das Ganze war noch viel besser. Wann sind Sie dahintergekommen, dass er zu allem Überfluss auch noch eine gestohlene Identität benutzte? Hat er Ihnen gegenüber damit geprahlt? Oder hat Harry es entdeckt, als er ihn überprüfte?« Tessa starrte sie nur an, sagte aber nichts. »Denn das war für Ihren Plan die Krönung«, fuhr Frieda fort. »Es handelte sich nicht nur um gestohlenes Geld, dessen Diebstahl nie bei der Polizei zur Anzeige kommen würde, sondern Sie würden es darüber hinaus auch noch einer Person stehlen, die gar nicht existierte, einer Person ohne Vergangenheit.«
»Es war nicht meine …«, begann Tessa, sprach den Satz jedoch nicht zu Ende.
»War es Harrys Idee?«, fragte Frieda. »Das spielt keine Rolle. Wissen Sie, bisher habe ich versucht, nicht an die letzten paar Minuten von Robert Pooles Leben zu denken. Sie waren wahrscheinlich der Meinung, eine bloße Drohung würde ausreichen – wie früher in der alten Zeit, als man jemandem ein Geständnis entlocken
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