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Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Titel: Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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auszublenden. Wie hatte der Mann vorher ausgesehen? Sie begann mit dem, was sich nicht verändert hatte: den Augenbrauen und dem Haar. Die Wangenknochen wirkten trotz der Schwellung und beginnenden Verwesung markant, ebenso das Kinn. Die Lippen waren schmal, die Ohren lagen eng am Kopf an. Und die Nase? Sie zeichnete sie ein wenig kleiner. Was die Form des Gesichts betraf, konnte sie nur raten. Schmal, aber nicht hager, entschied sie. Da der Mann dunkles Haar hatte, machte sie die Augen ebenfalls dunkel. Sie lehnte sich zurück und betrachtete ihr Werk mit etwas Abstand. Es war zweifellos ein Gesicht, aber war es das Gesicht? Sie faltete das Blatt einmal und steckte es in ihre Umhängetasche.
    In einem forensischen Computerlabor in der Innenstadt stand Yvette Long neben einem Mann mit zotteligem Haar und gelblich braunem Schnurrbart. Er war forensischer Anthropologe und saß an einem Computer, bei dem er ständig irgendwelche Tasten drückte, während er Informationen von einem neben ihm liegenden Blatt eingab. Dabei summte er immer wieder eine Melodie, von der Yvette annahm, dass sie aus einer Oper stammte, auch wenn sie sich mit Opern überhaupt nicht auskannte.
    »Ich benutze dafür ein 3-D-Grafikprogramm«, erklärte er mitten in seine Melodie hinein.
    Yvette nickte. Das war ihr bekannt – er sagte es ihr jedes Mal, wenn sie ihm hier einen Besuch abstattete.
    » TCL /Tk-Skript, um genau zu sein«, fügte er hinzu. »Ein wirklich cleveres Programm.«
    »Mm«, antwortete Yvette. Sie konnte sich darunter überhaupt nichts vorstellen, wusste aber, dass in dem Raster aus ineinander verschränkten Linien, das sie auf dem Bildschirm vor sich hatten, langsam ein Gesicht entstand.
    »Sie wissen sicher, dass wir mit dieser Methode ein ziemlich unspezifisches Bild generieren. Sie könnten zum Beispiel eine dreidimensionale Rekonstruktion davon erstellen lassen.«
    »Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird.«
    Es war ein eher schmales Gesicht mit gerader Nase und eng am Kopf anliegenden Ohren, einer hohen Stirn, braunem Haar, braunen Augen und einem markanten Adamsapfel.
    Obwohl die beiden es nicht wissen konnten, unterschied es sich nicht allzu sehr von dem Gesicht, das Frieda gezeichnet hatte, auch wenn die Augen leerer wirkten und der Mund weniger geschwungen ausgefallen war.
    »Das reicht uns«, meinte Yvette. »Damit können wir gut arbeiten.«
    Um zwanzig vor acht traf Frieda in ihrer Praxis ein. Da ihr bis zu ihrem ersten Patienten noch zwanzig Minuten blieben, machte sie sich eine Tasse Tee und stellte sich damit an das Fenster, das auf die große Baustelle hinausging. Als sie damals ihre Räume hier bezogen hatte, war der inzwischen freie Platz noch von einer Reihe viktorianischer Häuser eingenommen worden. Frieda hatte miterlebt, wie die Familien auszogen und man Fenster und Türen mit Brettern vernagelte. Trotzdem waren Hausbesetzer gekommen, ihrerseits aber auch wieder hinausgeworfen worden. Rund um den ganzen Bereich hatte man einen Zaun errichtet, an dem große Schilder vor dem Betreten warnten. Bulldozer und Kräne tauchten auf: Eine Abrissbirne schwang durch Dächer und Mauern, und ganze Häuser fielen um, als bestünden sie aus Zündhölzern. Männer mit Schutzhelmen tranken auf dem Schutt ihren Tee. Baucontainer wurden errichtet. Vor einem Jahr hatte man dann die letzten noch stehenden Steine entfernt. Seitdem wartete dort kahles Ödland auf den Beginn der brandneuen Bauvorhaben, die aber vermutlich noch länger auf sich warten lassen würden. In der Mitte parkte nach wie vor ein einsamer Kran, und einen Baucontainer gab es auch noch, wenn auch inzwischen mit eingeworfenen Fenstern. Sämtliche Bagger und Arbeiter aber waren verschwunden. Der Plan war auf Eis gelegt – wie zurzeit so viele andere Pläne in dieser Stadt. Mittlerweile hatten Jugendliche den Weg durch Lücken im Zaun gefunden und den Platz wieder in Besitz genommen. Abends standen sie in Grüppchen herum, rauchten oder tranken, und manchmal versammelten sie sich dort schon morgens vor der Schule.
    Heute spielten acht oder neun von ihnen Fußball. Frieda beobachtete, wie sie über den schlammigen, aufgewühlten Boden stürmten und einander schreiend aufforderten, den Ball abzugeben. Ihre Schuluniformen sahen schon ziemlich mitgenommen aus. Vielleicht würden dort nie neue Gebäude entstehen, ging ihr durch den Kopf. Vielleicht würde sich der Platz zu einer Art natürlicher Wildnis inmitten der dicht bebauten Stadt zurückentwickeln –

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