Eisiges Blut
Höhle festzuklammern, ehe er ein mächtiges gequältes Stöhnen von sich gab und nach vorn stürzte, weg vom Eisberg, und über dem bodenlosen Meeresgrund hin und her schwang. Rasch schwamm Lawson darauf zu, und noch während die Winde den Block hochzuziehen begann, heftete er sich wie eine Napfschnecke daran und verschnürte zur Sicherheit die Rückseite des Netzes. Betäubt blieb Michael zurück und beobachtete, wie der Eisblock von den Ausmaßen und der Form eines großen Kühlschranks davontrieb, während Lawson sich daran festhielt und mitnehmen ließ.
Durch den Handschuh an Michaels linker Hand drang erneut Wasser ein, bis sich sein Handgelenk anfühlte, als hätte er eine eiskalte Eisenkette umgebunden. Seine Sauerstoffflasche piepte warnend, und mit der Eissäge in der Hand, um sich im Falle eines Angriffs von Seeleoparden verteidigen zu können, folgte er der Spur aus Luftblasen aus der Tiefe nach oben ins blaue Wasser.
Von unten sah der Eisblock wie Kristallschmuck aus, der vielleicht an einem Weihnachtsbaum funkelte. Langsam schwebte Michael nach oben, aus der Leere in die lebendige Welt. Seine seltsame, erstarrte Fracht mit ihm.
18 . Kapitel 8 .August 1854
In Uniform und vollem Ornat saß Sinclair auf seinem Pferd, Ajax. Den spitzen schwarzen Helm, der nach dem Vorbild der Kopfbedeckung der polnischen Lanzenreiter entworfen worden war, hatte er zum Schutz gegen die glühende Sonne leicht heruntergezogen. Ein Dutzend weiterer Lanciere standen in ordentlicher Reihe links und rechts neben ihm. Auf der anderen Seite des Exerzierplatzes, in einer Entfernung von mehreren hundert Metern, war eine ebenso perfekte Reihe von Kavalleristen aufgestellt, ebenfalls in vollem Ornat, von den glitzernden Gold-Epauletten bis zu den mit Troddeln besetzen Portepees. Sinclair wusste, wie sie alle, dass sie wegen ihrer prachtvollen Uniformen, die ihr kommandierender Offizier angeordnet hatte, häufig als Dandys verspottet wurden. Aber er war überzeugt, dass sie, wenn sie jemals das Glück hatten, in den Krieg zu ziehen, beweisen konnten, dass mehr in ihnen steckte.
Die Pferde scharrten auf dem unebenen Boden mit den Hufen und warteten unruhig darauf, was nun folgte. Den ganzen Morgen hatte das 17 . Regiment mit Lanzenübungen und dem Drill von Hinterhanddrehungen verbracht, was enge Formationen und genaues Reiten erforderte. Doch jetzt hatten sie die Lanzen abgelegt, und sobald das Horn ertönte, sollten sich die Reiter ein Scheingefecht mit stumpfen Holzschwertern liefern. Sinclair wischte sich mit dem Handrücken einen Schweißtropfen von der Stirn
und trocknete die Hand anschließend an der kastanienbraunen Mähne seines Pferdes ab. Ajax gehörte ihm, seit er ein Fohlen war. Zuerst hatte er auf dem Landsitz der Familie in Hawton gestanden und später in den Reitställen von Sinclairs Regiment in London. Die Folge war eine enge Beziehung zwischen Pferd und Reiter, um die ihn seine Kameraden beneideten. Während die anderen sich abmühten, ihren Reittieren die einfachsten Kommandos und Manöver beizubringen, hatte Sinclair die perfekte Kontrolle über sein Pferd und konnte es, manchmal nur mit einem sanften Zug am Zügel, nach seiner Pfeife tanzen lassen.
Der Hornist trat vor bis an den Zaun, hob das glänzende Instrument an die Lippen und spielte dreimal in rascher Folge die aufsteigende Tonfolge, die die Kavallerie zum Angriff rief. Die Pferde wieherten, und Winslows Stute rechts neben Sinclair bäumte sich auf und warf ihren Reiter beinahe ab.
Wie alle anderen zog Sinclair sein Holzschwert mit einer schnellen, fast lautlosen Bewegung und streckte den rechten Arm empor. Er rief Ajax ein »Los!« zu und trieb ihm die klirrenden Sporen in die Flanken. Das Pferd schoss nach vorn wie ein Rennpferd in Ascot, und der Boden bebte, als die ganze Linie der Kavallerie auf die entgegenkommende Reihe zuraste. Irgendwo in der feindlichen Linie ritten Rutherford und Le Maitre, aber das falbe Ross, das jetzt direkt auf Sinclair zuhielt, gehörte Sergeant Hatch, einem vorzüglichen und souveränen Reiter und Veteran der Indienfeldzüge. Hatch hielt die Zügel tief, ein Zeichen, dass er darauf vertraute, sein Pferd im Griff zu haben, und reckte sein Schwert in die Höhe. Er würde, so entschied Sinclair, an seiner linken Seite vorbeireiten, was bedeutete, dass sie sich zum Schlagabtausch im Sattel drehen mussten.
Sinclair presste die Beine fest an den Pferdeleib, während der Rasen unter ihm von den Hufen in die Höhe geschleudert
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