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Eisiges Feuer (German Edition)

Eisiges Feuer (German Edition)

Titel: Eisiges Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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schwimmend, mit tränenüberströmtem Gesicht. An den abgewandten, entsetzten Blicken seiner Kameraden erkannte er, dass es ihnen ähnlich erging.
    Noch immer hustete Lys, rang dabei wie ein Ertrinkender nach Luft.
    „Wasser“, rief Tomar, „bringt mir Wasser!“ Gleich vier Mann rannten gleichzeitig los, dankbar, irgendetwas tun zu können.
    Als Tomar den Becher erhielt, starrte er ihn einen Moment lang unschlüssig an. So falsch es auch zu sein schien, er musste es tun, eine andere Möglichkeit gab es nicht – also schob er einen Arm unter Kopf des Fürsten, hob den in kalten Schweiß gebadeten, halb bewusstlosen Mann an und mühte sich, ihm etwas Wasser einzuflößen. Es half zumindest insoweit, dass der Hustenanfall aufhörte. Lyskir trank ein wenig, verzerrte bei jedem Schluck das Gesicht vor Schmerz. Schon bald sank sein Kopf kraftlos zurück, er stöhnte, zitterte ohnmächtig.
    „Was sollen wir bloß tun?“, wagte Almur zu fragen.
    Für einen irrwitzigen Moment lang konnte Tomar sich selbst und seine Kameraden so sehen, wie der Herr sie wahrnehmen musste – ein Haufen unfähiger Männer, die ihre Soldatentracht mehr entehrten als auftrugen, die ohne Befehl handlungsunfähig waren. Eben das, was man ihnen beigebracht hatte zu sein. Versager, deren Nutzen darin bestand, einen aufstrebenden jungen Adligen zu blamieren.
    Trotzdem hat er mir eine Gelegenheit geboten, mich zu beweisen. Nicht wie Fürst Archym, dem es egal war, ob ich meine Pflicht erfülle oder nicht.
    Tomar schob alle unliebsamen Erinnerungen an Prügel und Kerkerstrafen, an die vergeudeten Jahre seiner Trunksucht beiseite und riss sich zusammen. Sein Herr brauchte ihn.
    „Heißes Wasser und saubere Tücher, und alles an Verbänden, was die Räuber nicht gestohlen haben“, stieß er hervor.
    In diesem Moment ging ein Ruck durch den Körper, den er noch immer stützte. Der junge Fürst schlug die Augen auf und blickte verständnislos auf die vielen Männer um sich herum. Dann begriff er wohl, wo er sich befand und was geschehen war, sah mit qualvoll verzerrtem Gesicht zu Tomar hoch.
    „Alle raus“, wisperte er, so heiser, dass nur Tomar ihn verstehen konnte. „Du bleibst.“
    So vorsichtig wie nur möglich half Tomar ihm, sich wieder hinzulegen, dann nickte er seinen Kameraden zu. „Er will, dass ihr geht. Bringt, was hier gebraucht wird, und lasst es im Zelteingang.“
    Alle tauschten betroffene Blicke, wandten sich schweigend ab. Almur legte ihm kurz die Hand auf die Schulter, wünschte ihm stumm Glück, und verließ dann ebenfalls das Zelt.
    Tomar schloss kurz die Augen. Er sammelte all seinen Mut und stellte sich dann seinem Herrn.
    „Euer Edelgeboren, es ist meine Pflicht Euch mitzuteilen, dass jene Räuber, die Euch das angetan haben, auch den Gefangenen mitnahmen. Für dieses Versagen übernehme ich die volle Verantwortung“, sagte er und war stolz, dass er nicht einmal gestockt hatte. „Ich bitte Euch, die Wachen der vergangenen Nacht mit Nachsicht zu behandeln. Es war meine Nachlässigkeit, dass dies hier überhaupt geschehen konnte.“
    Verängstigt blickte er auf Lyskir herab, als er keine Antwort erhielt, fürchtete, sein Herr könnte wieder bewusstlos geworden sein. Doch der studierte ihn nur schweigend, mit einem ernsten Ausdruck, den Tomar noch nie bei ihm gesehen hatte. Erst jetzt wurde ihm klar, was so anders war, warum Lys so jung auf ihn wirkte: Die Aura von unerschütterlicher Beherrschtheit, Macht und Gefühlskälte fehlte. Dort lag ein verletzter junger Mann, kein erhabener Fürst.
    Verwirrt beeilte sich Tomar, seine Selbstanklage zu beenden: „Da Ihr selbst die Strafe nicht ausführen könnt, werde ich, mit Eurer Erlaubnis, einen der Männer dafür wählen. Als meinen Nachfolger schlage ich Almur vor. Solltet Ihr mich nicht hinrichten, sondern inhaftieren oder auspeitschen wollen, wird er das veranlassen.“
    Ihr Götter, ich habe es gesagt …
    Er erwartete mühsam beherrscht sein Urteil, wandte dabei den Kopf ab, um nicht länger auf den Beweis seiner Unfähigkeit blicken zu müssen.
    „Tomar …“ Lys quälte sich hörbar, kaum fähig, einen Laut hervorzubringen. „Keine Strafe. Ihr tragt keine Schuld“, wisperte er schließlich.
    „Herr, ich ...“
    „Nein. Es war – meine Schuld.“
    Ungläubig starrte Tomar ihn an. „Herr, ich war verantwortlich für den Gefangenen, die Sicherheit des Lagers! Ihr wurdet hier fast umgebracht, ohne dass ich es auch nur bemerkte!“
    „Nein. Meine Schuld. Habe die

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