Eisiges Feuer (German Edition)
bisschen merkwürdig ist, deinem Wirken zuschreiben. Also, wie möchtest du deine Legende aussehen lassen?“
Lachend planten sie Kirians Abbild, nahmen ihm mal die Nase, mal die Ohren, fügten dafür Narben und schaurige Tätowierungen dazu, bis sie beide ins Kopfkissen beißen mussten, um nicht den scharfohrigen Kammerdiener zu alarmieren.
„Ein Detail muss aber auf jeden Fall stimmig sein. Etwas, das hervorsticht, falls ich mal beweisen muss, dass ich wirklich Kirian bin.“
„Was immer du willst. Wie wäre es mit deinem Dolch? Er ist ein Einzelstück, nicht wahr?“ Lys wies auf den Waffengürtel, der am Boden lag. Der Griff der Waffe war auffällig geformt, wie der Körper eines brüllenden Löwen.
„So etwas kann verloren gehen oder gestohlen werden. Aber gut, das wird erst mal reichen.“
Mittlerweile war es spät geworden, die Burg kam zur Ruhe.
Schläfrig kuschelte Lys sich in Kirians Arme. „Ich will dich gar nicht gehen lassen“, murrte er.
„Das ist gut. Ich will nämlich nicht gehen.“
„Das ist unmöglich, und das weißt du auch. Niemand darf dich hier finden, du giltst als tot.“
Kirian erstarrte leicht, dann küsste er ihm die Stirn.
„Seit wann weißt du schon, wer ich wirklich bin?“
„Seit meiner Hochzeit. Deine Schwester ist das Ebenbild ihrer Mutter, die ja nicht die deine war, aber ihre Augen, da seid ihr beide vollkommen gleich. Außerdem bin ich zwar eitel, aber nicht so vermessen anzunehmen, du hättest nur für mich ein solches Risiko auf dich genommen, meine Hochzeit zu beobachten.“
„Sei froh, dass ich nicht allzu leicht zu erschrecken bin. Du kannst einem manchmal wirklich Angst einjagen“, knurrte Kirian.
„Nun gut.“ Lys errötete verschämt. „Ich hab’s ja nicht gewusst, es war nur eine Vermutung. Ich war mir aber sicher.“
„Und hast nichts gesagt?“
„Nun … ich hatte ein wenig Sorge, dass dieses Thema dich bedrückt – immerhin bin ich mit deiner Schwester verheiratet.“ Er errötete noch tiefer. „Es kümmert mich nicht, dass ich sie mit dir betrüge, aber ich weiß nicht, wie es dir dabei geht. Du hast ja auch nichts gesagt, nicht einmal bei der Hochzeit.“
Kirian lachte und drückte ihn fest an sich. „Ich bin froh, dass meine Schwester einen Mann bekommen hat, der ihre merkwürdigen Launen hinnimmt. Es tut mir leid, dass sie dir das Leben so zum Schattenreich macht. Aber es ist gleichgültig, was ich davon halte, ich bin nicht mehr Stefár von Lichterfels.“
„Es ist nicht wichtig, wer du einmal warst. Für mich zählt, wer du jetzt bist, Kirian. Sei’s drum. Du musst gehen, bitte, ich will nicht, dass dich jemand findet.“
„Niemand wird mich finden. Ich bleibe, Lys. Die ganze Nacht. Ich will hier an deiner Seite schlafen und aufwachen.“ Er stand auf, sammelte seine Sachen ein und verbarg sie unter dem Bett. „Ich hoffe doch, dass dein Kammerdiener wenigstens anklopft, bevor er dich mit Brokla-Saft quält oder zum Frühstück ruft? Ein wenig Zeit brauche ich, um mich unters Bett rollen zu können.“
„Meistens schon.“ Lys war nicht gänzlich überzeugt, aber er wollte es selbst zu sehr, dass Kirian bei ihm blieb, darum protestierte er nicht länger, sondern schlief glücklich an der Seite dieses Mannes ein, den er mehr liebte, als irgendjemanden sonst auf der Welt, und kein Albtraum verfolgte ihn, wie in all den Nächten zuvor.
16.
Kirian blieb zwei volle Tage und Nächte bei ihm. Lys gab vor, einen Hörnerstoß erlitten zu haben – so nannte man es, wenn man blitzartig von solchen Schmerzen im Unterrücken überfallen wurde, als hätte man ein Messer hineingestoßen, oder eben, als wäre der Dreigehörnte über einen hergefallen. Kein einziger der Bediensteten wunderte sich darüber, hatte ihr Herr sich doch wahrhaftig verausgabt. Und auch, dass er keinerlei Hilfe annehmen wollte und übellaunig jeden verscheuchte, der sich an die Tür wagte, erschien ihnen nicht weiter seltsam. Adliges Volk benahm sich nun einmal komisch, beharrte auf die Ehre und pflegte den Stolz. Sie brachten ihm heiße Tücher, Kräuterwickel und schmerzlindernde Salben sowie Essen und Getränke und ließen ihn ansonsten in Ruhe.
Das gab den Liebenden Zeit, sich ungestört miteinander zu beschäftigen, was sie nach Kräften ausnutzten. Sie rangen, kämpften und spielten miteinander, sprachen über alles, was sie bewegte und versuchten jegliche Variante körperlicher Lust, die ihnen in den Sinn kam. Dann aber wurden sie
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