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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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gebracht. Es sei ihre Idee gewesen.«
    »Nun, das ist natürlich etwas anderes. Offenbar …«
    »Wissen Sie, ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm glauben soll. Eine ehemalige Patientin von ihm hat mir erzählt, er hätte sie
aufgefordert
, einen Abschiedsbrief zu schreiben. Sie litt damals unter extremen Depressionen, und er hat sie aufgefordert, diesen Brief zu schreiben – aus therapeutischen Gründen – und mitzubringen. Deswegen hat sie die Behandlung bei ihm abgebrochen.«
    »Also, ich bin zutiefst schockiert, Detective. Der Parkplatzwächter wirft mir argwöhnische Blicke zu, und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Wenn das stimmt, was Sie sagen, handelt es sich um einen groben therapeutischen Fehler. Ich kann das einfach nicht glauben. Und selbst wenn Bell Catherine
nicht
aufgefordert hat, den Abschiedsbrief zu schreiben, hätte er sie, nachdem er ihn gelesen hat, sofort in die Klinik einweisen müssen. Wurde diese Möglichkeit denn nicht diskutiert?«
    »Zumindest nicht mit mir.«
    »Ich kann es einfach nicht glauben. Also gut, die Frage ist, was Sie tun können. Angenommen, er hat Catherine aufgefordert, diesen Brief zu schreiben, dann ist es eine juristische Angelegenheit, in der ich Sie nicht beraten kann. Kann man ihm Fahrlässigkeit vorwerfen? Kann man ihm einen Behandlungsfehler nachweisen? Das sind Fragen für Anwälte und Ethik-Komitees. Haben Sie vor, diesen Weg einzuschlagen?«
    »Ein Ethik-Komitee?«, sagte Cardinal. »Nein, ich denke da an etwas ganz anderes.«

39
     
    D orothy Bell war am Vormittag zum Frisör gegangen und hatte den Nachmittag damit verbracht, das Laub im Garten zusammenzufegen und in Säcken zu verstauen. Sie war gerade dabei, die Zimmerpflanzen zu gießen, als sie hörte, wie ein Patient das Haus verließ. Im nächsten Augenblick kam Frederick durch die Verbindungstür.
    »Was für eine angenehme Überraschung«, sagte er. »Ich dachte, du hättest vor, in die Stadt zu gehen.«
    »Da war ich schon. Ich bin längst wieder zurück.«
    »Gott, erst vier Uhr, und ich komme um vor Hunger. Die Sandwiches, die es im Krankenhaus gibt, sind so mickrig. Da könnte einer verhungern, und keiner würde es merken.«
    Er kramte in den Schränken herum.
    »Was suchst du?«
    »Kekse, meine Liebe! Kekse! Ein Königreich für einen Keks!«
    »Die sind in dem anderen Schrank. In der roten Dose.«
    »Aha, du hast sie mal wieder versteckt«, sagte er verschmitzt. »Du willst sie mir vorenthalten.«
    »Dieser junge Dorn«, sagte Dorothy. »Der sich in dem Waschsalon erschossen hat. Er war doch dein Patient, oder?«
    »Ja, stimmt. Armer Kerl.«
    »Mich wundert, dass dich das nicht betroffen gemacht hat.«
    »Es hat mich betroffen gemacht.«
    »Du hast aber gar nichts davon erwähnt.«
    »Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst.«
    »Warum hätte ich mir Sorgen machen sollen?«
    »Ich weiß nicht. Jetzt machst du dir ja anscheinend auch Sorgen.«
    »Es wundert mich einfach, dass du nicht darüber gesprochen hast. Immerhin kommt es nicht alle Tage vor, dass man auf so dramatische Weise einen Patienten verliert. Und alle Zeitungen haben darüber berichtet.«
    »Komischerweise betrachte ich es als
meine
Aufgabe, mir Gedanken über meine Patienten zu machen, nicht deine, Dorothy. Manche jungen Männer wollen sich das Leben nehmen, so ist das nun mal. Viele kommen zu mir, wenn es entweder schon zu spät ist, um ihnen zu helfen, oder wenn sie eigentlich gar keine Hilfe wollen. Das bedeutet, dass sie
wirklich
vorhaben, sich umzubringen. Und dann tun sie es eben.«
    »Und das findest du in Ordnung.«
    »Liebling, was ist eigentlich los mit dir?«
    »Ich finde es einfach unfassbar, dass ein Patient von dir sich in aller Öffentlichkeit eine Kugel in den Kopf jagt und du kein Wort darüber verlierst.«
    »Ich rede von morgens bis abends mit Leuten, höre von morgens bis abends zu. Manchmal hab ich einfach abends keine Lust mehr zu reden. Es gibt bestimmt Ärzte, die sämtliche Patientenakten mit nach Hause nehmen und ihrer Familie damit Tag und Nacht in den Ohren liegen. Ich gehöre nicht dazu. Ende der Debatte.« Er stellte die Milch zurück in den Kühlschrank und nahm sein Glas und seinen Teller. »Ich habe erst um fünf den nächsten Patienten. Bis dahin werde ich ein bisschen Schreibkram erledigen.«
    Er schloss die Tür hinter sich, und Dorothy hörte, wie seine Schritte sich entfernten.
     
    Dr. Bell stellte sein Milchglas und seine Kekse auf den Beistelltisch und schob eine DVD in den

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