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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Recorder. Er war aus der Küche geflüchtet, weil er plötzlich den überwältigenden Drang verspürt hatte, seine Frau zu schlagen, etwas, was ernoch nie in seinem Leben getan oder zu tun gewünscht hatte. Ihre Vorwürfe machten ihm gehörig zu schaffen. Inzwischen war ihm klar, dass Dorns Abgang allzu spektakulär gewesen war, als dass man ihn als optimal hätte bezeichnen können.
    Früher war Bells Geduld unerschöpflich gewesen, und er hatte seinen Schützlingen gestatten können, in ihrem eigenen Tempo vorzugehen. Aber die Geduld kam ihm immer mehr abhanden, und das machte ihn nervös. Er hatte genug mit Menschen zu tun gehabt, die von Wahnvorstellungen besessen waren, um zu wissen, dass ihr Zustand selten stabil blieb. Im Gegenteil, die Situation wurde immer schlimmer, bis ihr Leben ihnen völlig außer Kontrolle geriet und sie in der Psychiatrie landeten, wo sie mit Medikamenten ruhiggestellt wurden. Er sehnte sich danach, wieder zu sein wie früher, bevor ihm alles aus den Händen geglitten war.
    »Leonard Keswick«, sagte Bell laut, um einen klaren Kopf zu bekommen. »Weitere Abenteuer des Helden.«
    Keswick würde ihn aufmuntern. Er drückte die Vorlauftaste, um zu den guten Stellen zu kommen. Auf dem Bildschirm wurden Papiertaschentücher aus der Schachtel gerupft und weggeworfen. Wie im Kintopp flogen Keswicks Hände ruckartig vor sein Gesicht und wieder auseinander. Bell drückte die Play-Taste.
    »Mein schlimmster Alptraum ist wahr geworden«, sagt Keswick im Film mit tränenerstickter Stimme. »Wissen Sie, was meine Frau getan hat, als sie es rausgefunden hat?«
    »Du wirst es mir bestimmt gleich erzählen«, sagte Bell und biss in einen Keks. Erdnussbutter. Seine Lieblingssorte.
    »Sie hat mich angespuckt«, sagt Keswick. »Sie hat mir ins Gesicht gespuckt. Meine eigene Frau.«
    Der Dr. Bell, den die Öffentlichkeit kennt, ist die Geduld in Person. Der im Sprechzimmer machte Masturbationsbewegungen in der Luft.
    »Wie hat die Polizei davon erfahren?«, jammert Keswick. »Wie sind die bloß auf mich gekommen?«
    »Haben sie es Ihnen nicht gesagt? Die müssen Ihnen doch irgendwelche Beweise vorgelegt haben.«
    »Beweise? Die Beweise waren auf meinem Computer! Lauter Bilder von dreizehnjährigen Mädchen!«
    »Und Jungen«, bemerkte Bell mit vollem Mund. »Vergiss die Jungs nicht, du alter Wichser.«
    »Die haben nur gesagt, sie hätten einen Hinweis erhalten.«
    »Und was glauben Sie, was die damit sagen wollen?«, fragt Dr. Bell.
    »Keine Ahnung. Vielleicht hat es was mit dem Internet-Portal zu tun oder mit dem Provider oder wie das heißt. Aber das spielt sowieso keine Rolle mehr. Ich werde meinen Job verlieren und meine Familie wahrscheinlich auch. Das ist die Hölle, Dr. Bell, ich schwöre es Ihnen. Es ist, als wäre ich gestorben und in der Hölle gelandet, und ich weiß einfach nicht, was ich tun soll.«
    Dr. Bell trank sein Milchglas aus und wischte sich ein paar Kekskrümel von den Beinen. »Ich glaube, du weißt genau, was du zu tun hast,
Lenny

    Das Telefon klingelte, dann hörte er die Stimme von Gillian McRae, seiner Sekretärin in der Klinik.
    »Dr. Bell, hier spricht Gillian. Haben Sie Melanie Greene erreicht? Sie hat heute Nachmittag schon zweimal angerufen. Sie klingt ziemlich verzweifelt, und ich denke, Sie sollten so bald wie möglich mit ihr sprechen.«
    »Mach ich, Gillian«, sagte Bell, ohne den Hörer aufzunehmen. »Ich werde mich umgehend darum kümmern.«

40
     
    D elorme schob die Akte auf dem Tisch zu Cardinal hinüber. Ihre braunen Augen, diese ernsten, braunen Augen, verrieten nichts.
    Cardinal schlug die Akte auf. »O Gott, nein«, stieß er hervor.
    »Es wird schlimmer«, sagte Delorme.
    Falls Chouinard versuchte, Cardinal von seinem Kummer abzulenken, indem er ihn Delorme zuteilte, hätte er dafür keinen geeigneteren Fall aussuchen können. Cardinal hatte während seiner langjährigen Arbeit als Polizist schon schreckliche Dinge erlebt – widerliche, brutale Dinge –, aber er hatte noch nie etwas zu Gesicht bekommen, was ihn so schockiert hatte wie die Bilder, die jetzt vor ihm auf dem Tisch lagen.
    Er schüttelte den Kopf, als könnte er damit den Schmutz abschütteln. »Auf einigen dieser Aufnahmen ist sie höchstens sieben.«
    »Ich weiß«, sagte Delorme, während sie gedankenverloren ihren Daumennagel betrachtete, so als hätte sie tagtäglich mit dieser Art von männlicher Abartigkeit zu tun. »Und es geht über Jahre hinweg so weiter. Mindestens bis sie

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