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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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ganze Zeit kurz davor, mich umzubringen, und sein Interesse daran kam mir regelrecht makaber vor. Ein paarmal hatte ich sogar den Eindruck, dass er versuchte, mir Selbstmord als eine erwägenswerte Lösungsmöglichkeit nahezulegen.Ein Beispiel: Ich bin Schriftstellerin – nicht besonders erfolgreich – und schreibe hauptsächlich Lyrik, und eines Tages bringt er Sylvia Plath ins Gespräch. Er hat sie eher beiläufig erwähnt, aber betont, dass sie durch ihren Selbstmord berühmt geworden ist. Eine Kleinigkeit, könnte man meinen, aber wenn du ein Psychiater wärst, der eine erfolglose Schriftstellerin behandelt, die schon einen Selbstmordversuch hinter sich hat, würdest DU dann ausgerechnet über Sylvia Plath reden?
    Es hat viele solche Situationen gegeben – für sich betrachtet vielleicht Nebensächlichkeiten, aber insgesamt gesehen hatten sie auf mich extrem negative Auswirkungen. Heute bin ich bei einer Psychologin in Therapie, außerdem gehe ich noch zu einem Psychiater, um mir meine Medikamente verschreiben zu lassen, und es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Meine Therapeutin hilft mir, meine negativen Gedankenmuster zu durchschauen, so dass ich ihre TÖDLICHE GEFAHR erkenne. Das Ergebnis ist, dass ich inzwischen viel weniger negative Gedanken habe. Ich bin zwar kein Sonnenscheinchen, aber an Selbstmord denke ich überhaupt nicht mehr, und ich bin produktiver denn je. Vielleicht gibt es andere, die über positive Erfahrungen mit Dr. Bell berichten können, was ich allerdings bezweifle, ehrlich gesagt.
    Übrigens, warum ich die Behandlung bei Dr. Bell schließlich abgebrochen habe: Als ich gerade eine ganz besonders schlimme Phase durchlebte – mein Antrag auf ein Stipendium war abgelehnt worden, mein Hund war gestorben, und mein Mann hatte eine Affäre –, hat er mir tatsächlich aufgetragen, einen Abschiedsbrief zu schreiben. Kannst du dir das vorstellen? Da frage ich mich doch, warum er mir nicht gleich eine Pistole in die Hand gedrückt hat.
     
    Cardinal klappte den Laptop zu und nahm das Telefon. Die Nummer von Dr. Carl Jonas am Clarke Institute stand immer noch auf der Liste, die am Kühlschrank hing. Die Liste enthielt mehrere Nummern für Dr. Jonas, einschließlich seiner Handynummer. Es war halb neun Uhr früh. Cardinal wählte das Handy an, wenn auch mit wenig Hoffnung, den Arzt zu erreichen.
    »Hallo! Jonas!«, brüllte der Arzt. So meldete er sich jedes Mal. Er lebte jetzt schon seit vierzig Jahren in Kanada und klang immer noch so ungarisch wie Gulasch.
    »Dr. Jonas, hier spricht John Cardinal.«
    »John Cardinal. Einen Augenblick, ich versuche gerade, einer Frau auszuweichen, die ihr Wohnmobil einparken will. Ich könnte glatt in dieses Riesenvehikel reinfahren und hätte drinnen noch Platz zum Wenden. Ha! Sie gibt’s auf. Wahrscheinlich sucht sie sich jetzt eine Rollbahn zum Parken. Was diese Vehikel für Monster sind, unglaublich. Was kann ich für Sie tun? Geht es Catherine gut?«
    Wann würde er sich an diese Frage gewöhnen? Selbst die Gewissheit, dass sie kommen würde, half nicht, um sich davor zu schützen.
    »Nein«, war alles, was er herausbrachte.
    »Nein? Was heißt ›nein‹? Was ist mit Catherine?«
    »Sie ist tot, Dr. Jonas. Catherine ist tot.«
    Es entstand eine lange Pause.
    »Dr. Jonas, sind Sie noch da?«
    »Ja, ich bin noch da. Ich bin nur so … Daraus, dass Sie mich anrufen, schließe ich, dass sie nicht bei einem Unfall ums Leben gekommen ist.«
    »Sie ist von einem neunstöckigen Gebäude gesprungen. Und hat einen Abschiedsbrief hinterlassen.«
    »Gott, das tut mir leid. Was für eine traurige Nachricht. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, Detective. So einetapfere, kreative Frau. Es ist so traurig. Ich habe sie sehr gemocht.«
    »Nun, Sie haben ihr viel bedeutet, wie Sie hoffentlich wissen. Sie hatte nur Gutes über Sie zu sagen. Erst vor ein paar Tagen hat sie jemanden an Sie empfohlen. Wirklich, Sie würden erröten, wenn Sie lesen könnten, wie sie von Ihnen geschwärmt hat.«
    »Das ehrt mich sehr«, sagte der Arzt ruhig. »Verzeihen Sie, wenn ich frage, Detective, aber war Catherine in der Klinik?«
    »Nein. Seit einem Jahr nicht mehr.«
    »Aber sie war doch bei diesem Engländer in Behandlung, nicht wahr? Bei Dr. Bell?«
    »Ja, und sie schien ganz gut mit ihm zurechtzukommen.«
    »Sie glauben natürlich, dass er versagt hat. Vielleicht nehmen Sie dasselbe auch von mir an.«
    »Ganz und gar nicht. Sie war schon lange nicht mehr bei Ihnen in

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