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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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ertragen, dir das anzusehen, Dad?«
    Cardinal blickte auf. »Geh doch so lange ins Wohnzimmer, Liebes. Ich muss das einfach tun.«
    »Ich weiß nicht, wie du es aushältst.«
    »Ich halte es auch nicht aus. Aber ich muss es tun.«
    »Aber warum? Es macht dich doch nur verrückt.«
    »Seltsamerweise führt es dazu, dass ich mich besser fühle. Ich kann mich mit etwas anderem beschäftigen als mit der simplen Tatsache, dass Catherine …«
    Kelly legte ihm eine Hand auf den Arm. »Vielleicht solltest du dich aber gerade damit beschäftigen, anstatt ihre Notizen zu analysieren. Das ist nicht gesund, Dad. Vielleicht solltest du dich einfach ins Bett legen und weinen. Oder schreien, wenn dir danach ist.«
    Ihr Vater hielt den Notizblock unter die Lampe, die über dem Tisch hing. Er drehte ihn hin und her, betrachtete erst eine leere, dann eine beschriftete Seite. Kelly fühlte sich von seiner Konzentration irritiert.
    »Sieh dir das an«, sagte er. »Ich meine, nur wenn du möchtest. Aber es ist interessant.«
    »Was denn, Herrgott noch mal? Ich fasse es nicht, dass du dich die ganze Zeit mit diesem Zeug beschäftigst.« Ich klinge wie ein Teenager, dachte sie. In dem ganzen Stress falle ich wieder in alte Gewohnheiten zurück.
    »Soweit ich es beurteilen kann, ist das Catherines Handschrift.«
    »Natürlich ist sie das. Das sehe ich sogar, wenn die Schrift auf dem Kopf steht. Sie macht immer diesen merkwürdigen Aufstrich am kleinen
d

    »Und die Zeilen sind mit diesem Stift geschrieben – oder einem derselben Marke – auf einem Blatt, das aus diesem Notizblock rausgerissen wurde.«
    »Das haben deine Kollegen bestimmt schon längst überprüft, Dad. Worauf willst du hinaus? Glaubst du etwa, jemand anders hat Moms Abschiedsbrief für sie geschrieben?«
    »Nein, das glaube ich nicht – jedenfalls noch nicht. Aber sieh dir das mal an. Komm mal auf diese Seite rüber.«
    Kelly überlegte, ob sie einfach ins Wohnzimmer gehen und den Fernseher einschalten sollte. Sie wollte ihren Vater nicht bestärken, andererseits wollte sie auf keinen Fall alles noch schlimmer machen. Sie stand auf, ging um den Tisch herum und stellte sich hinter ihn.
    »Sieh mal«, sagte Cardinal. »Was ich komisch finde, ist, dass der Abschiedsbrief nicht das Letzte ist, was Catherine in ihren Notizblock geschrieben hat.«
    »Wie meinst du das?«
    »Hier vorne sieht man die Abdrücke von Notizen, die sie vorher gemacht hat. Sie sind ganz schwach, aber man kann sie erkennen, wenn man den Block im richtigen Winkel gegen das Licht hält. Siehst du es?«
    »Ehrlich gesagt, nein.«
    »Du schaust nicht im richtigen Winkel auf das Blatt. Du musst dich hinsetzen.«
    Cardinal zog einen Stuhl heran, und Kelly setzte sich. Langsam bewegte er den Notizblock unter der Lampe hin und her.
    »Stop!«, sagte Kelly. »Jetzt kann ich es sehen.«
    Cardinal hielt den Block still. Oben auf der Seite mit flüchtigenNotizen waren ganz schwach die Worte
Lieber John
zu erkennen. Etwas weiter unten konnte Kelly
anderen Ausweg … Catherine
lesen. In der Mitte stand zu viel geschrieben, unter anderem die Erinnerung an Cardinals Geburtstag.
    »Mein Geburtstag ist im Juli«, sagte er. »Das ist drei Monate her.«
    »Du glaubst, sie hat den Brief vor drei Monaten geschrieben? Könnte möglich sein. Aber es ist schon ziemlich seltsam, einen Abschiedsbrief für einen Selbstmord drei Monate lang mit sich rumzutragen.«
    Cardinal legte den Notizblock auf den Tisch und lehnte sich zurück. »Andererseits könnte es eine ganz einfache Erklärung dafür geben: Sie hat ihn irgendwann geschrieben, als sie … Und dann hat sie es sich wieder anders überlegt. Zumindest vorübergehend. Oder sie hat vor drei Monaten aus Versehen eine Seite in ihrem Block überschlagen, und dann, letzte Woche, hat sie einfach die erste leere Seite genommen, die sich ihr bot.«
    »Aus Ordnungssinn? Ein ziemlich merkwürdiger Zeitpunkt, um sich darüber Gedanken zu machen, dass man bei einem popeligen Notizblock für fünfundneunzig Cent nur ja kein Papier verschwendet.«
    »Ja, allerdings.«
    »Aber es ist ihre Schrift. Ihr Kugelschreiber. Was macht es letztlich für einen Unterschied, auf welchem Blatt sie den Abschiedsbrief geschrieben hat?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Cardinal. »Ich weiß es wirklich nicht.«
     
    Cardinal hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass ein Detective von Kontakten lebt. In der Welt der überarbeiteten und unterbezahlten Forensiker konnte der oberflächlichste persönliche

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