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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Praktiken eingeführt.«
    »Trotzdem war es Vergewaltigung, Melanie.«
    »Ja, gut.«
    Manchmal war es hart, so tröstende Worte finden zu müssen. Es ging ihm gegen den Strich, fühlte sich an, als würde er gegen sich selbst arbeiten. Andererseits war es unumgänglich. Die Patienten mussten glauben, dass der Therapeut auf ihrer Seite war, dass er versuchte, sie vor sich selbst zu schützen.
    »Würden Sie also sagen, dass wir damit beim Allerschlimmsten angelangt sind, Melanie? Er hat Sie behandelt wie eine Geliebte. Er hat Sie zur Hure gemacht. Es ist, als hätte er WonderWorld in ein Horrorkabinett verwandelt.«
    Plötzlich richtete sie sich auf und krallte ihre Finger ins Sofa. »WonderWorld war nicht das Schlimmste«, sagte sie. »Trotz allem, was sich dort abgespielt hat, war WonderWorld noch lange nicht das Schlimmste.«
    »Dann muss ich Sie falsch verstanden haben. Wollen Siedamit sagen, dass es noch andere Gelegenheiten an anderen Orten gab, wo Ihr Stiefvater Ihnen noch Schlimmeres angetan hat?«
    »Nein. Es war nicht das, was er mit mir gemacht hat. Was die körperlichen Dinge angeht, war es nie schlimmer als an dem Wochenende in WonderWorld. Aber er hat dasselbe an anderen Orten mit mir gemacht. Sogar zu Hause, wenn Sie die Wahrheit wissen wollen. Manchmal sogar im Bett meiner Mutter. Können Sie sich das vorstellen? Dieser Drecks kerl. Im Bett meiner Mutter. Aber selbst das war nicht das Schlimmste.« Sie legte sich wieder hin, atmete so schwer, dass ihr Brustkorb sich sichtbar hob und senkte. »Das Schlimmste war das Boot.«
    »Sie meinen die Angelausflüge, von denen Sie gesprochen haben? Das, was sich im Zelt abgespielt hat?«
    Melanie schüttelte den Kopf. »Nein. Es war ein anderes Boot. Ein ganz tolles Kajütboot. Er muss es sich geliehen haben, oder er hat es für jemanden gehütet. Auf dem Boot waren wir nur ein paarmal, als ich ungefähr elf war. Einmal war auch meine Mutter mit. Aber einmal waren wir beide allein. Das war so ziemlich am Ende von der ganzen Geschichte. Er hat jede Menge Fotos gemacht.«
    »Pornographische Fotos? Wie vorher?«
    »Teilweise waren es ganz normale Fotos. Ich nehme an, die hat er gemacht, um sie meiner Mutter zu zeigen – nach dem Motto: ›Guck mal, hier sind wir noch im Hafen. Hier sind wir auf der Insel.‹ Aber viele waren pornographisch. Ich kann nur hoffen, dass er sie nicht irgendwann ins Internet gestellt hat. Das fehlt mir gerade noch, dass jemand sie entdeckt.«
    »Halten Sie das für wahrscheinlich?«
    »Ich weiß nicht. Er hat viel an seinem Computer gesessen. Ich meine, man hört ja von so was.«
    »Erzählen Sie mir mehr über die Erlebnisse auf dem Boot. Woran erinnern Sie sich besonders, wenn Sie an diese Tage auf dem Boot denken?«
    »Wie ich nachts im Bett gelegen habe. Es war draußen am Trout Lake, wissen Sie, und meistens war es totenstill. Und wenn es so still war, war es stockdunkel. Das Boot schaukelte ganz sanft, man fühlte sich wie an einem wunderbaren warmen Ort, wo einem nichts zustoßen konnte. Und doch …«
    Dr. Bell wartete. Er spürte genau, dass sie kurz davorstand, alles preiszugeben. Und mit einem »Fahren Sie fort« oder »Und doch …« würde er den Augenblick nur hinauszögern.
    »Und doch«, sagte sie noch einmal. »Gott, die Erinnerung dreht mir den Magen um …«
    »Hier kann Ihnen nichts passieren. Hier droht Ihnen keine Gefahr wie auf dem Boot.«
    Sie schaute ihn an. »Sie wissen, was ich über all das denke, nicht wahr? Ich meine, Sie wissen, dass ich weiß, dass es unrecht war. Dass es krank war und pervers und illegal und alles.«
    »Ja, ich weiß, dass Sie das denken. Aber nur weil man etwas denkt, ist es deswegen noch nicht wahr.«
    Wie erwartet, registrierte sie seine Bemerkung überhaupt nicht. Sie war im Moment dermaßen nach innen gekehrt, dass er sie hätte heiligsprechen können, ohne das sie es mitbekommen hätte.
    »Wie gesagt. Ich fühlte mich ganz selig, wenn ich dort im Dunkeln lag. Darauf zu lauschen, wie die Wellen gegen den Bootsrumpf plätscherten, wie die kleinen Wimpel hinten am Boot im Wind flatterten. Es hätte das friedlichste, schönste Gefühl auf der Welt sein können. Aber ich konnte einfach nicht schlafen. Er lag in seinem Bett auf der einen Seite der Kabine, und ich in meinem auf der anderen Seite. Es war heiß,und ich hatte nur eine kurze Schlafanzughose an. Er schlief immer nackt. Es war so still, und trotzdem konnte ich kein Auge zutun. Ich war die ganze Zeit total angespannt und

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