Eiskalt in Nippes
er dafür mit diversen Extras berappen müssen, aber es war sein Traumauto – und er hatte das Geld übrig. Seine Firma brachte mehr als genug ein, ganz zu schweigen vom Volumen seines Erbes. Die monatliche Leasingrate über 1.500 € war überhaupt kein Problem. Er war es gewohnt, einen aufwändigen Lebensstil zu führen. In den Sommermonatenlud er die ortsansässigen Geschäftsleute und Lokalpolitiker regelmäßig zu seinen Cocktailpartys ein. Die sogenannte „Feine Gesellschaft“ ging bei ihm ein und aus. Er genoss das Ansehen, welches nicht zuletzt durch seine großzügigen Spenden entstanden war.
FÜNFZEHN
Kurz nach 17.00 Uhr saßen Paul Westhoven und sein Team im Besprechungsraum.
„Was ist nun mit dem Grundbuchauszug?“, sprach Westhoven Dember an.
„Insgesamt 15 Eigentümer. Bei dem Haus scheint es sich wohl ausschließlich um ein Investitionsobjekt zu handeln. Den letzten Eigentümerwechsel gab es vor knapp drei Monaten. Dieser letzte Besitzer dürfte wohl der sein, der Piontek mit dem Einreißen der Mauer beauftragt hat. Bei den restlichen Inhabern habe ich schon angefangen, unsere Systeme zu befragen. Leider ohne einen entscheidenden Hinweis. Einer war mal wegen eines Betruges erfasst worden, ein anderer fiel bei einem Ladendiebstahl auf.“
„Bleib dran, Heinz, und erstelle eine Prioritätenliste, wen wir zuerst aufsuchen. Ich denke, dass wir die Investitionsfirmen zunächst hintanstellen können. Du wirst dann ab Montag mit dem neuen Kollegen Krogmann die Adressen abklappern.“
„Ursula Meierbrink, Tochter von Erna Schmitz“, warf Gerber ein. „Sie wohnt in Wissen, unweit des Seniorenheimes.“ Dember reichte Westhoven einen Computerausdruck aus dem Melderegister, auf dem er noch die aktuelle Telefonnummer gekritzelt hatte. „Ich habe schon versucht sie anzurufen. Ich habe aber niemanden erreicht, und einen Anrufbeantworter hat sie nicht. Ich kann auch nicht sagen, ob sie dort allein wohnt oder mit jemandem zusammen. Das ließ sich aus den zahlreichen Datensätzen zur Meldeanschrift nicht genau feststellen.“
„Danke Jochen. Ich habe mal beim Unfallteam nachgefragt. Die bleiben dabei, dass es ein tödlicher Verkehrsunfall mit Fahrerflucht war. Und im Moment können wir tatsächlich nur mutmaßen. Jedenfalls bekommen wir eine Kopie der gesamten Unfallakte“, berichtete Westhoven.Er war mit seinem Ergebnis sichtlich unzufrieden. Er schien kurz in Gedanken.
„So Leute“, bekam Westhovens Stimme einen anderen Klang: „Ich lade euch auf ein paar Kölsch ein. Schließlich hat Jochen morgen seinen letzten Tag bei uns. Treffen wir uns um 19.30 Uhr im Deutzer Bahnhof? Wer will, kann noch jemanden mitbringen“, grinste er in Dembers Richtung. „Ich frage Anne auch, ob sie Lust hat.“
Nachdem alle bereits gegangen waren, wählte Dember die Handynummer von Doris Weber. Nach einmaligem Klingeln meldete sie sich:
„Weber, hallo?“
„Hallo Doris, ich…“, er konnte den Satz nicht zu Ende sprechen. Sie fiel ihm sofort ins Wort:
„War ich nicht deutlich genug?“, der Ton ihrer Stimme war alles andere als freundlich.
„Hör mir bitte nur kurz zu, es ist wichtig“, bat er sie.
Sie schnaufte tief und antwortete: „Mach’s kurz.“
„Jochen hat heute seinen letzten, nein, vorletzten Tag bei uns. Er wird nächste Woche überraschend nach Hamburg versetzt. Paul lädt uns in den Deutzer Bahnhof ein, Begleitung inklusive. Du willst Jochen doch nicht einfach so fahren lassen, oder?“ Seine Ansage kam einer emotionalen Erpressung gleich.
„Wie viel Uhr?“, fragte sie knapp.
„19.30 Uhr“, freute er sich.
„Bild dir nichts ein, Heinz, ich komme, aber nicht wegen dir“, beendete sie barsch das Gespräch.
Ihm war es zunächst mal egal, aus welchen Gründen er sie endlich privat wiedersehen würde. Hauptsache, sie käme überhaupt.
Anne, Paul, Jochen und Heinz hatten bereits das dritte Kölsch in der Hand, als Heinz wie elektrisiert zum Eingang starrte.
Fast gleichzeitig blickten nun auch die anderen zum Eingang. In der Tür stand Doris Weber, die sich suchend umblickte und, als sie die vier sah, zielstrebig auf sie zukam. Paul Westhoven, der sie nur in ihrem grünen OP-Kittel aus der Pathologie oder in Jeans am Tatort kannte, musste schlucken. Das war eine ganz andere Doris Weber. In dem dunkelbraunen,kurzen Lederrock mit hohen Stiefeln, dazu ein eng anliegender beigefarbener Pullover mit Hüftgürtel, der von einer großen, bronzefarbenen Sonne zusammengehalten wurde, sah
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