Eiskalt in Nippes
sich selbst etwas ausdenken. Früher als sonst machte er Feierabend und brach nach Hause auf. Als er am Empfang vorbeiging, hielt er sich demonstrativ den Kopf und stöhnte, dass ihm heftige Kopfschmerzen zu schaffen machten.
Zu Hause angekommen fuhr er sofort durch zur hinteren Garage. Er bemerkte nicht, dass sich das automatische Zufahrtstor nicht ganz geschlossen hatte.
Er knipste das Licht an und öffnete den Kofferraum. Krieger lag regungslos auf dem Rücken, seine Augen waren geschlossen. Blecher war sich nicht sicher, ob Krieger noch atmete, und hielt sein Ohr an dessen Gesicht. Der Mann im Kofferraum riss plötzlich die Augen auf.
36 s. Mörderischer Fastelovend
DREIßIG
Ursula Meierbrink hatte über Mittag den Entschluss gefasst, nach Roggendorf zu fahren, um mit Edmund Blecher zu sprechen.
Sie hatte von einem früheren Buchhalter der Gummi-Clouth AG, der früher im gleichen Haus wie ihre Mutter gewohnt hatte, in Erfahrung gebracht, dass diese damals gleichzeitig mit einem Uwe Mankowicz und einem Edmund Blecher gekündigt hatte. Diese beiden sollten darauf eine Firma gegründet haben. Also ging sie davon aus, dass ihre Mutter eventuell dorthin gewechselt und in dieser Firma als Sekretärin gearbeitet haben könnte. Dies war aber nicht sicher, denn bei der Suche nach Unterlagen für den Bestatter stellte Ursula Meierbrink fest, dass im Aktenordner „privat“ hinter dem Reiter „Arbeitszeugnisse“ genau diese fehlten.
Allerdings hatte sie in dem Wust von alten Bildern ein Foto vom 50. Geburtstag ihrer Mutter gefunden, auf dem ihr ein Blumenstrauß von ihren Chefs überreicht wurde. Auf der Rückseite hatte sie „Uwe und Eddi“ notiert. Im Hintergrund prangte das Firmenlogo.
Im Internet hatte sie erst die Firma gegoogelt und dann endlich in einem alten Zeitungsartikel über eine Spendengala im Privathaus von Edmund Blecher, den sie für „Eddi“ hielt, dessen Privatadresse gefunden. Sie versprach sich nicht wirklich etwas von dem Besuch, aber sie musste einfach etwas tun. Den ganzen Vormittag hatte sie Zeitungsmeldungen und Internetberichte zum Unfall ihrer Mutter gelesen.
Sie stieg aus dem Bus und hatte noch gut 300 m zu gehen. Schon von Weitem sah sie das Anwesen und einige Gänse, die im Begriff waren, auf die Straße zu laufen.
Krieger stöhnte, aber es waren nur dumpfe Laute, mehr ließ das Panzerband über seinem Mund nicht zu. Blecher erschrak und knallte mit seinem Kopf unter den Kofferraumdeckel. Gleichzeitig streckte Krieger die Arme nach vorn aus. Mit der linken Hand versuchte er, Blecher zu packen. In der rechten Hand hielt er den Klappspaten und versuchte hiermit - noch leicht orientierungslos - Blecher zu treffen. Blut spritzte. Blecher schrie laut auf vor Schmerzen: „Du verdammte Drecksau, na warte!“, rief er und zog heftig den Kofferraumdeckel nach unten. Lautes Krachen durchdrang den Raum. Blecher hatte Kriegers rechten Arm gebrochen. Er trat gegen den schlaff herabhängenden Unterarm, stopfte diesen mit einem Ruck wieder in den Kofferraum zurück und schloss ihn mit einem lauten Knall. Blecher spülte seine Wunde über dem Waschbecken mit kaltem Wasser aus. Sein weißes, maßgeschneidertes Hemd war rot getränkt, Schweiß stand ihm auf der Stirn. Außer sich vor Wut packte er den Spaten, welcher neben dem Fahrzeug lag.
Er riss den Kofferraumdeckel wieder auf. Wenige Momente später lag Krieger mit diversen Knochenbrüchen an den Armen und Händen sowie eingeschlagenem Schädel blutüberströmt auf der Abdeckplane im Kofferraum. Nicht mal seine eigene Mutter würde ihn so identifizieren können. Selbst als Krieger schon regungslos war, schlug Blecher wie von Sinnen weiter auf ihn ein.
Als er damit aufhörte, starrte er auf den Spaten und sah die blutigen Hautfetzen daran haften. Völlig apathisch und mit Blut bespritzt ließ er ihn auf den Boden fallen und rannte zum Haus, als er den entsetzten Schrei einer Frau wahrnahm.
Ursula Meierbrink hatte durch das geöffnete Tor den Garten betreten und war auf dem Weg zum Haus. Sie hatte sich von den schnatternden und fauchenden Gänsen nicht beeindrucken lassen. Plötzlich sah sie einen blutüberströmten Mann. Sie wollte weglaufen, doch dieser schnitt ihr den Weg ab, schmiss sich mit seinem Körpergewicht aus vollem Lauf gegen sie und riss sie schmerzvoll zu Boden. Durch die Wucht des Aufpralls schlug sie mit dem Kopf auf den gepflasterten Weg auf und verlor augenblicklich die Besinnung.
Blecher erhob sich, humpelte schnell
Weitere Kostenlose Bücher