Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
aus der dunklen Wolke auf, in der sie sich so lange verborgen gehalten hatten.
Tom hob den Blick, sah sie dort stehen, und ein glücklicher Ausdruck trat auf sein Gesicht. »Du bist früh zu Hause.«
»Ich habe etwas früher Feierabend gemacht, um mich zu vergewissern, dass du genug Socken hast.« Sie neigte den Kopf auf die Seite. »Und? Hast du genug Socken?«
Tom schenkte ihr sein liebevolles Lächeln. »Ich weiß nicht, Mom. Meinst du, dass zwölf Paar für einen Ausflug von fünf Tagen reichen?«
»Falls es regnet, wirst du froh sein, dass ich dir zu Ersatzsocken geraten habe.«
»Falls es regnet, spielen wir im Zelt Gameboy.«
»Hast du Ersatz-Unterwäsche?«
Er verdrehte theatralisch die Augen. »Zwölf Garnituren.«
Caroline lächelte frech. »Falls dir ein Bär begegnet, wirst du froh sein, Ersatz-Unterwäsche eingepackt zu haben.«
Tom warf den Kopf in den Nacken und lachte.
Unvermittelt spürte Caroline, wie ihr bei seinem Anblick Tränen in die Augen traten. Mit einem Schlag wurde Tom wieder ernst und ging auf sie zu.
»Was ist los, Mom? Wenn du nicht willst, dass ich fahre …«
»Schschsch.« Caroline legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen. »Ich möchte, dass du fährst.«
Er nahm ihre Hand von seinem Gesicht und hielt sie sanft am Handgelenk fest. »Warum weinst du dann?« Toms Miene verfinsterte sich. »Hat Max dich wieder gekränkt?«
»Nein, nein.« Caroline befreite ihre Hand aus seinem Griff und umschlang ihn mit beiden Armen. Beinahe wild erwiderte er die Umarmung und hob sie hoch, sodass ihre Füße in der Luft schwebten. »Mir wird nur klar, dass allmählich alles anders wird«, sagte sie zu der Wand hinter seinem Rücken.
Tom ließ sie los und stellte sie zurück auf den Boden. »Veränderungen sind immer gut, Mom. Das sagst du doch selbst so gern.«
Sie nickte und wischte sich zum zweiten Mal an diesem Tag die Tränen aus dem Gesicht. »Ich weiß. Aber manchmal kann es einem auch Angst machen.« Sie tätschelte Toms Wange. »Anscheinend bin ich im Begriff, eine Beziehung mit Max einzugehen.«
Verlegene Röte stieg Tom in die Wangen, und er biss die Zähne zusammen. »Ich weiß.«
Caroline holte tief Atem. »Und bevor es zu weit geht, muss er es wissen.«
Tom kniff die Augen zusammen, als ihm die Tragweite ihrer Bemerkung klar wurde. »Du willst es ihm
sagen
?
Mom
!«
»Sprich nicht in diesem Ton mit mir, Tom.« Sie sah ihm fest in die Augen, bis er den Blick auf den abgeschabten Teppich senkte.
»Entschuldige, Mom, aber wir haben einander doch versprochen, mit keinem Menschen darüber zu reden. Mit keinem Menschen«, wiederholte er trotzig.
»Wir haben mit Dana darüber geredet«, erinnerte Caroline ihn ruhig.
»Das war etwas ganz anderes!«, brach es aus Tom heraus. »Wir …«
»Haben ihr vertraut?«, vervollständigte Caroline leise seinen Satz.
Er hob den Blick; seine Augen waren immer noch schmal und zornerfüllt. »Ja.«
»Nun, ich vertraue Max.«
»Ich nicht«, entgegnete Tom mit Nachdruck.
»Warum nicht?«
Er sagte nichts, wandte nur den Blick ab, und Caroline spürte Ärger in sich aufsteigen.
»Weil er mich gekränkt hat?«, forschte sie. »Nun, mein Sohn, meine Gefühle sind meine eigene Sache.« Toms Haltung blieb verkrampft. »Weil du Angst hast, dass er mir etwas antun könnte?«
Ein Muskel auf Toms Wange zuckte. »Er ist jähzornig, Mom.«
»Ja, das weiß ich. Aber noch nie, nicht ein einziges Mal hat er mich anders als sanft angefasst. Selbst als er außer sich war vor Zorn. Was ich«, fügte sie hinzu, »absichtlich herbeigeführt habe.«
»Du kennst ihn erst seit zwei Wochen!«
»Stimmt, aber manchmal weiß man es eben. Auch schon nach zwei Wochen.«
»Wie lange hast du
ihn
gekannt?«, forderte Tom sie ruhig und siegessicher heraus.
Caroline verzog das Gesicht. Das war ein Schlag unter die Gürtellinie. »Das ist nicht das Gleiche. Damals war ich fünfzehn Jahre alt. In etwa so alt, wie du jetzt bist«, schloss sie mit einer bedeutungsvollen Kopfbewegung.
Tom funkelte sie in hilflosem Zorn an. »Du willst mir zu verstehen geben, dass ich nicht weiß, wovon ich rede.«
Ihr Ärger verrauchte. »Nein, Schatz. Ich will nur sagen, dass ich dir sechzehn Jahre an Erfahrung voraushabe. Tom, ich weiß, dass du Max nicht traust – noch nicht. Aber vertraust du mir?«
Tom zögerte, blickte ihr dann in die Augen und nickte, wenn auch noch trotzig.
»Dann vertrau darauf, dass ich das Richtige tue.« Sie wich dem eindringlichen Blick ihres
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