Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
Zeitraum dieser Überfallserie in den Straßen von Grenå herumgetrieben. Vielleicht brauchten sie Geld, vielleicht waren sie die Räuber. Und sie hatten sich nur kleine Läden ausgesucht, die aus Kostengründen keine Überwachungskameras installiert hatten.
»Die hätten sich niemals in eine Bank getraut«, sagte er. »Aber es gibt eine 50 : 50-Chance, dass sie an einem der Tage davor an der Bank vorbeigelaufen und somit von der Kamera erfasst worden sind.«
Sie nickte und er fuhr fort.
»Der Überfall auf die Bäckerei war am 22. Dezember. Das ist mühsam, aber ich bin sicher, dass wir was finden werden.«
Sie richtete sich auf. Sie hatte keine Wahl, sie musste seine Hilfe und Erfahrung annehmen und er wusste, wie sehr sie es hasste, die Kontrolle zu verlieren.
»Okay, gib mir Bescheid, wenn du was findest. Wenn wir die beiden anderen identifizieren können, können wir vielleicht herausfinden, was mit Tora passiert ist. Wann ist sie verschwunden? Und wie? Wer sind ihre Feinde?«
Tora, Gry und Nina, zwei Tote, die dritte verschwunden und wahrscheinlich auch nicht mehr am Leben. Er war nur ein Sterbender, in einem Zustand zwischen Leben und Tod. Wenn er sich auf die Toten konzentrierte, dann hatte er seine Ruhe. Mehr wollte er gerade nicht.
»Gibt es was Neues von Grys Obduktion? Können die schon was zum Todeszeitpunkt sagen?«, fragte er.
»Plus minus, aber irgendwann zwischen zwei und sechs Uhr morgens.«
»Habt ihr die Tatwaffe gefunden?«
»Nein, aber die Rechtsmediziner haben einen Haufen DNA entdeckt, allerdings kein Sperma«, sagte sie und lehnte sich gegen seinen Schreibtisch. »Tod durch Erwürgen, die Gesichtshaut wurde posthum abgezogen.«
Die Melancholie senkte sich wie eine schwere Hand auf seine Schultern.
»Das ist identisch mit dem Mord an Tora.« Ihre Stimme war wie immer kalt und kontrolliert, aber er hörte ein Zittern. Derselbe Täter also.
»Ich habe mit den Gästen in der Kneipe gesprochen«, sagte Mark. »Aber da ist niemandem etwas aufgefallen.«
»Wir suchen nach wie vor den Mann, mit dem Gry die Auseinandersetzung hatte. Aber der hat es bestimmt nicht eilig, sich zu melden.«
»Habt ihr schon mit Elise Røjel über das Haus in der Fredensgade gesprochen?«, fragte Mark.
»Wir haben jemanden hingeschickt. Wusstest du, dass sie die Mutter von dieser Minentaucherin ist?«
Er nickte.
»Sie wusste von nichts und war total überrascht, dass sie die Eigentümerin dieses Hauses sein soll«, erzählte Anna Bagger. »Es scheint, dass ihr Mann in ihrem Namen eine Investition getätigt hat.«
Sie stand auf und ging zur Tür.
»Wir haben auch ihren Mann befragt, aber der hat uns an seinen Anwalt verwiesen und behauptet, er habe das Haus vor Weihnachten das letzte Mal betreten und keine Ahnung, was sich dort abgespielt habe.«
»Glaubst du ihm?«
»Das ist schwer zu sagen. Aber irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass ein alter Schweinebauer den Mord an Gry begangen haben soll. Das passt nicht zusammen, oder?«
Er nickte zustimmend. Das passte nicht, aber da war so einiges, was nicht zusammenpasste. Er dachte an Kirs Schilderung ihrer Familie.
Anna Bagger drehte sich um und ging zur Tür. Sie zögerte. Und er wusste, was gleich kommen würde.
»Und, wie stehen deine Chancen?«, fragte sie schließlich.
»Ein bisschen wie bei meiner Überwachungskamera. 50:50, sagen die Ärzte. Die wollen jetzt eine alternative Behandlungsmethode ausprobieren. Das tun sie, wenn sie mit den konventionellen nicht mehr weiterkommen.«
In ihrem Gesicht stand geschrieben, wie ungewiss das klang. Das fand er auch. Sie winkte kurz und verließ dann sein Büro.
Dann machte er sich wieder an die Arbeit und spulte die Aufnahmen vor.
Plötzlich richtete er sich auf, als er sah, wie drei Mädchen durchs Bild liefen. Aber nicht nur das. Sie kamen auch zurück und diskutierten miteinander. Eines der Mädchen entdeckte die Kamera der Bank und zog die anderen weg. Diesen Moment ließ Mark zu einer Aufnahme einfrieren. Das eine Mädchen hatte lange blonde Haare und war größer als die beiden anderen. Das war Tora, vermutete er. Ihre Freundinnen sahen sehr unterschiedlich aus. Die eine trug ein schwarzes Punker-Outfit, hatte kurzes, schwarzes Haar und war von kleiner, zarter, fast androgyner Statur. Die andere trug eine merkwürdige Frisur und hatte ein breites, kantiges Gesicht.
K APITEL 54
In der darauffolgenden Nacht kam sie zu ihm. Er lag wie immer auf dem Balkon und hörte ihre Schritte auf der
Weitere Kostenlose Bücher