Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
ein neues zu schaffen. Die Arbeit ging langsam voran. Die Wetterbedingungen waren alles andere als optimal, aber der Besitzer wollte sich so schnell wie möglich einen neuen Schweinebestand anschaffen.
»Gut, dass du da bist«, begrüßte der Bauer Peter etwas kurz angebunden. »Wir wissen ja, dass du gerade mit ganz anderen Dingen beschäftigt bist.«
Christian Røjel war ein Mann, der es gewohnt war, Chef zu sein. Und Peter hörte seinen missbilligenden Tonfall. Røjel war ein großer schlanker Mann mit einem länglichen Gesicht, dem man das Leben auf dem Land deutlich ansah: rote Wangen, gegerbte Haut und Hände wie Schaufeln, die an diesem Tag in groben Arbeitshandschuhen steckten. Er trug eine Schirmmütze und einen Islandpullover unter seinem Overall. Hohe Gummistiefel und der Geruch nach Schwein vollendeten das Erscheinungsbild.
Peter nickte, aber gab weder eine Entschuldigung noch eine vertiefende Erklärung von sich. Alle Bewohner der Gegend hatten mittlerweile von dem Leichenfund am Strand gehört und wahrscheinlich auch von Felix. Wenn man auf dem Land lebte, brauchte man weder ein Radio noch einen Fernseher, um an Informationen zu kommen. Gerüchte waren ohnehin schneller und die Neuigkeiten verbreiteten sich von Ort zu Ort in rasender Geschwindigkeit.
»Und da war ja auch noch die kleine Nina«, fügte Røjel mit milderer Stimme hinzu. Aber die Lust auf Konfrontation und Schlagabtausch war ungebrochen.
»Die haben sie doch gefunden, oder?«, sagte Peter. »War Kir mit von der Partie?«
Das war womöglich nicht gerade die glücklichste Frage. Christian Røjel hatte immer Schwierigkeiten mit der Berufswahl seiner Tochter gehabt, das wusste Peter. In seinen Augen war es kein Beruf für eine Frau, auf dem Meeresboden nach Leichen zu suchen. Aber Kir war immer ein Rebell gewesen und hatte getan, was sie wollte. Auch diese Familiengeschichte kannten – wie so viele andere – alle in der Gegend.
»Jep«, antwortete der Schweinebauer und spuckte auf den Boden. »Die hat da mitgemacht. Sie haben Nina gestern im Hafenbecken gefunden. Heute wird sie aufgemacht, heißt es.«
Peter beschloss, das Thema zu wechseln.
»Wie weit seid ihr denn schon gekommen?«
Er ließ seinen Blick über die Reste des eingestürzten Stalles schweifen.
»Die Feuerwehr ist hier gewesen, um das Dach abzustützen, damit wir die Viecher rausholen konnten. Die Versicherung sagt, dass die Balken unter den Schneemassen zusammengebrochen sind.«
»Und, werden sie zahlen?«
»Da kannst du einen drauf lassen! Das Dach ist schließlich nach den geltenden Vorschriften damals errichtet worden.«
Sie gesellten sich zu der Gruppe von Männern, die ihn alle freundlich begrüßten. Dazu gehörten Claus Dam, der trotz seiner 45 Jahre nach wie vor bei seiner Mutter lebte, Birger und Hans, der den ortsansässigen Lebensmittelladen führte, sowie der jüngste Sohn von Røjel, Tomas.
»Na, Peter«, sagte Claus Dam und richtete sich auf. »Du hast dir ja eine feine Neujahrsgesellschaft eingeladen. Habe gehört, du hast eine Wasserleiche gefunden?«
»Dir auch ein frohes neues Jahr, Claus«, erwiderte Peter.
»Tja, das kommt in den besten Familien vor!«, warf Hans ein.
»Als Wasserleiche zu enden oder eine zu finden?«, fragte Peter.
Die Stimmung war gelöst, alle lachten.
»So viel wie du am Strand rumläufst, ist es echt eigenartig, dass du nicht schon viel früher was gefunden hast«, sagte Birger. »Meine Frau sagt, du bist da immer unterwegs.«
»Aber nicht, wenn ich hier bin«, entgegnete Peter und hob einen der zerbrochenen Balken an. »Christian, hat die Versicherung was dazu gesagt, wie alt das Dach war?«
»Alt oder nicht alt«, murmelte Røjel und nahm ihm den Balken aus der Hand. »Sie wollen sich die Konstruktionsvorschriften genauer ansehen. In Jütland sind bei diesem Schneesturm insgesamt acht Gebäude eingestürzt.«
»So ist das, wenn es anfängt zu tauen«, erklärte Claus. »Dann wird der Schnee so schwer und wenn du mehr als einen halben Meter auf dem Dach hast, dann hält es nicht.«
»Da ist auch eine Reithalle eingestürzt und ein Mädchen ist verletzt worden«, sagte Birger.
»Mädchen und Pferde, das ist echt was Merkwürdiges«, gab Claus von sich und ließ seine Andeutungen unkommentiert.
Schweigend arbeiteten sie eine Weile weiter. Ab und zu sah Peter hoch und beobachtete die Männer, wie sie sich an den Balken und Brettern abmühten und ihre Stiefel im Schnee knirschten.
Der Arzt hatte sich Felix ein
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