Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
auf die Suche nach ihm machen, aber er wusste nicht wie und wo. Außerdem durfte er seinen Job jetzt nicht vernachlässigen und auch Felix brauchte ihn, obwohl es ihr schon viel besser ging. Mehrmals hatte er Elisabeth angerufen, aber sie hatte auch nichts Neues zu erzählen gehabt. Ihr Bruder war und blieb von der Bildfläche verschwunden und sein Handy war ausgeschaltet.
Als es dunkel wurde, beendeten sie die Aufräumarbeiten für den Tag und gingen nach Hause.
Felix saß auf dem Sofa und streichelte den Hund. Peter ging in die Küche und machte Frikadellen mit Kartoffelpüree. Während sie aßen, versuchte er erneut, ihr Details über den Unfall und ihre Vergangenheit zu entlocken, aber sie weigerte sich so standhaft, dass er es schließlich aufgab.
Er blieb wach, bis sie eingeschlafen war. Sie sah so klein und verloren aus, dass er kurz erwog, sich zu ihr zu legen und sie in die Arme zu nehmen. Aber da es ihr schon wesentlichbesser ging, befürchtete er, dass sie es als zu aufdringlich empfinden könnte. Darum zog er seine Matratze wie immer auf den Balkon und kroch in seinen Schlafsack. Lange lag er da, sah in den Himmel, betrachtete die Sterne und lauschte den Wellen, die gegen den Strand schlugen. Kaj lag neben ihm auf seinem Lammfell und atmete tief und gleichmäßig. Alle Menschen, dachte er, sind manchmal gezwungen, Dinge so zu tun, wie sie es tun. Und sie können sich auch nicht anders verhalten. Er wusste von sich, dass er jede Nacht unter freiem Himmel schlafen musste, und er wusste auch, dass er Stinger finden musste. Er hatte sich gewünscht, sich nicht in das Leben anderer einmischen zu müssen, aber das war jetzt unmöglich geworden. Seine Isolation war eindeutig beendet worden. Im Erdgeschoss schlief eine Frau, für die er sich verantwortlich fühlte. Und er wollte es so.
Er war gerade tief in einem bedeutungslosen Traum versunken, als ein hartnäckiges Geräusch ihn an die Oberfläche zurückholte. Es dauerte eine Weile, bis er begriff, dass sein Telefon klingelte und der Tag schon angebrochen war. Er konnte Elisabeths Stimme kaum erkennen, sie war in Tränen aufgelöst.
»Du musst sofort kommen. Stinger will dich sehen. Bitte komm sofort. Es ist etwas Furchtbares passiert.«
K APITEL 23
Mark Bille Hansen hatte das alte Polizeigebäude in der Innenstadt immer schöner gefunden. Er kannte es aus seiner Kindheit. Aber Platzmangel und die neuen Zeiten hatten die Kommune dazu genötigt, ein neues zu bauen. Es befand sich am Rande der Stadt, versteckt hinter hohen Bäumen, wie ein ungewolltes Kind. Nur ein sehr dezentes Schild mit demWort ›Polizei‹ wies die Bürger darauf hin, wo sie sich hinwenden konnten.
An diesem Morgen herrschte eine akute Parkplatznot. Jemand hatte seinen privaten Stellplatz besetzt und er musste mehrere erfolglose Runden an den vielen fremden Autos vorbeidrehen, bis er sich unerlaubterweise vor die Zufahrt zur benachbarten Grünfläche stellte. Die war zurzeit alles andere als grün, sondern weiß und eisbedeckt. Anna Bagger und ihre Kollegen aus Århus hatten sich breitgemacht und fast die Hälfte des oberen Stockwerkes in Beschlag genommen. Er hatte selbstverständlich registriert, dass ihr Wagen – ein nagelneuer Renault Scenic mit Sonnendach und schicken Alufelgen – direkt vor dem Haupteingang parkte. Der Fuhrpark der Taucher nahm ebenfalls einen Großteil der Parkplätze ein, die einheimischen Kollegen mussten sich mit den hinteren Plätzen begnügen.
Er hatte sich gerade an seinen Schreibtisch gesetzt und den Rechner hochgefahren, als es an der Tür klopfte. Anna Bagger wartete nicht auf sein Herein. Ihr ganzes Erscheinungsbild, hellblaue Bluse, dunkelblauer Hosenanzug und heller, schimmernder Lippenstift, verbreitete eine Aura von Ruhe und Nachsichtigkeit. Aber er sah, dass das alles nur Fassade war. Ihre Bewegungen, die sonst immer sehr geschmeidig und anmutig waren, wirkten hektisch und ihre blauen Augen sprühten Funken.
Er wusste auch warum.
»Guten Morgen, Anna. Gibt es Neuigkeiten?«
Sie holte schnaubend Luft.
»Das werde ich dir sagen. Ich bin vor gar nicht allzu langer Zeit zu Peter Boutrup rausgefahren und wollte mit ihm sprechen. Aber er war weg. Dann habe ich ihn angerufen, um ihn zum Verhör einzubestellen. Und weißt du, was er mir gesagt hat?«
Es hatte keinen Zweck, darauf eine Antwort zu geben.
»Er hat mir gesagt, dass du ihn bereits verhört hast.«
Er nickte.
»Das stimmt. Und?«
»Ja, und?«
Sie drehte ihm den Rücken zu und
Weitere Kostenlose Bücher