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Eiskalt Wie Die Suende

Eiskalt Wie Die Suende

Titel: Eiskalt Wie Die Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
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Nachmittag im Park mal nach dir und Gracie schauen zu wollen, teilte er mir mit, dass ihr heute Morgen aufgebrochen wärt. Zu sagen, dass ich enttäuscht war, wäre eine gehörige Untertreibung. Er schlug mir vor, dass ich doch auch nach Cape Cod reisen könne, aber das war natürlich völlig ausgeschlossen. Ich könnte mir nicht vorstellen, auch nur einen Tag mit meinem alten Herrn unter einem Dach zu verbringen.“
    â€žDu könntest doch wieder im Bootshaus wohnen – so wie früher.“
    â€žWoher weißt du das denn?“
    â€žDeine Mutter hatte es mir mal erzählt. Sie meinte, du hättest das Rauschen der Brandung so sehr gemocht.“
    â€žVor allem mochte ich die Abgeschiedenheit und die sichere Entfernung zu ihr und meinem Vater. Sie könnte ich mittlerweile durchaus ertragen, gar keine Frage, aber ihn nicht. Es ist hoffnungslos mit uns beiden. Und was Harry angeht …“ Betrübt schüttelte Will den Kopf. „Der Gedanke gefällt mir nicht, meinen Bruder unwiederbringlich verloren zu haben, aber je mehr Zeit vergeht, umso klarer wird mir, wie selbstsüchtig und verkommen er ist und es auch immer bleiben wird. Vielleicht wären meine Gefühle für ihn freundlicher, hätte er nicht versucht, dir Gewalt anzutun, aber so habe ich kaum noch Hoffnung für ihn.“
    â€žHarry wird wahrscheinlich ohnehin nicht kommen. Letztes Jahr ist er auch schon fortgeblieben – angeblich aus Protest darüber, dass deine Eltern mir nicht gekündigt hatten. Aber wenn sein kleines Frauchen ihren Willen bekommt …“
    â€žSein kleines Frauchen? Dann ist es also ein fait accompli ?“
    â€žEr und Cecilia haben am zweiten April geheiratet“, meinte Nell mit einem feinen Lächeln, das fast schon ein spöttisches Schmunzeln war. „Deine Mutter meinte, die Pratts hätten ein so pompöses Hochzeitsessen gegeben, wie sie noch nie eines erlebt hatte. Cecilia soll sehr prächtig geschmückt gewesen sein, wobei einige der Schmuckstücke wohl Geschenke ihrer früheren Verehrer und Verlobten waren.“
    Will lachte kurz und meinte: „Fast könnte Harry einem ja leidtun. Wahrscheinlich ahnt er nicht mal, auf was er sich da eingelassen hat, sich lebenslang an diese kaltherzige, raffgierige Person zu binden.“ Er schüttelte den Kopf.
    â€žSie verbringen ihre Flitterwochen in Europa, werden aber nächsten Monat zurückerwartet, und meines Wissens möchte Cecilia dann unbedingt noch ein paar Wochen auf Falconwood verbringen.“
    â€žUnd was Cecilia will, das bekommt sie auch. Ich beneide dich wirklich nicht darum, die beiden ertragen zu müssen. Aber wird Martin nicht auch da sein? Vielleicht wirkt seine Anwesenheit sich ja positiv auf Harry aus.“ Martin war mit seinen dreiundzwanzig Jahren der jüngste der drei noch lebenden Söhne der Hewitts, doch war er in mancher Hinsicht der reifste der Brüder und das einzige Familienmitglied, mit dem Will sich seit jeher gut verstanden hatte.
    â€žMartin kommt auch erst später“, sagte Nell. „Er wird am Sonntag eine Predigt in der King’s Chapel halten. Danach wird er ans Cape reisen, muss aber Anfang nächsten Monats wieder zurück, um sich seiner seelsorgerischen Pflichten anzunehmen. Letzten Monat wurde ihm nämlich die stellvertretende Pastorenstelle an der King’s Chapel übertragen.“
    â€žEr ist von den Unitariern ordiniert worden?“, lachte Will. „Herrje, der Heilige Augustus dürften einem Schlaganfall nahe gewesen sein.“
    â€žNun ja, dein Vater hat sich zumindest geweigert, an der Weihung teilzunehmen. Er nannte deinen Bruder einen Ketzer und prophezeite ihm, dass er sein Seelenheil aufs Spiel setze.“
    â€žDas ist nicht dein Ernst.“
    â€žDoch. Ich habe ihn nie zuvor so außer sich erlebt. Martin war natürlich wie immer die Ruhe in Person. Er meinte, es tue ihm sehr leid, dass dein Vater sich derart darüber aufrege, aber für ihn sei es eine sehr bewusste Entscheidung gewesen, mit der er wirklich glücklich sei. Das war vor ungefähr anderthalb Monaten. Seitdem teilt Martin sich mit einem Studienfreund dessen Zimmer in Harvard, bis er eine eigene Unterkunft gefunden hat. Er meint, es wäre zwar etwas eng dort, aber auch eine ‚sehr wohltuende Übung in Demut‘, die ihm einmal mehr verdeutliche, wie privilegiert er aufgewachsen

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