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Eiskalte Angst

Eiskalte Angst

Titel: Eiskalte Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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bist du wohl doch nicht. Du hättest die Tür abschließen sollen, Fernando!«, tönte eine warme Stimme.
    Vorsichtig schob April ihren Kopf hinter dem Sessel hoch. Ihr stockte der Atem. Im Raum stand Marco. Sein Körper war angespannt, sein unrasiertes Gesicht eine bleiche Maske, und unter den Augen hatte er dunkle Ränder.
    Der Kapuzenmann bewegte sich nicht. »Unsinn!«, sagte er. »Ich ließ die Tür bewusst geöffnet! Es war eine Chance - eine kleine zwar nur, aber immerhin eine Chance. Ich hoffte, dass du hierher kommen würdest, Marco. Entweder die Frau hätte mir gesagt, wo ich dich finde, oder du würdest dich mir freiwillig ausliefern, mir ... Fernando, der Lösung aller Probleme!«
    Marco machte zwei Schritte auf Fernando zu. April entging nicht, dass er gespannt wirkte wie eine Feder. Er war zum Angriff bereit. »Du bist verrückt! Ich erinnere mich, dass du früher ein freundlicher Mann warst.«
    »Pah - früher ist lange vorbei. Sollte ich tatsächlich der Zeit nachweinen, als ich noch ein ... gewöhnlicher Mensch gewesen bin?«
    »Sei vernünftig, Fernando. Es gibt keinen Grund, mich oder diese Frau zu jagen. Wir wollen weder dir noch irgendwem etwas Böses.«
    »Licitus gab mir den Auftrag ...«
    Zwei, drei Sekunden herrschte lauerndes Schweigen zwischen den beiden. April zog sich ihren Morgenmantel um die Schultern. Sie verstand nichts von dem, was sich hier abspielte.
    »Er gab mir den Auftrag, dich zu töten und du weißt, dass ich diesen Auftrag ausführen werde, da ich immer zu Ende führe, was ich beginne, Marco. Ich bin dir haushoch überlegen.«
    »Ja, das bist du, Fernando! Trotzdem besteht kein Grund dazu. Denke an unsere alte Freundschaft.«
    Was hier geschah, entzog sich Aprils Begriffsvermögen. Eines aber verstand sie: Marco wollte eine mögliche Auseinandersetzung vermeiden.
    Woher war Marco gekommen? Wie hatte er wissen können, dass sie sich in Gefahr befand? Er schien sie beobachtet zu haben, hatte vielleicht von der gegenüberliegenden Straßenseite aus das Hotel im Auge behalten. Kein Wunder, dass er aussah, als habe er seit Tagen nicht mehr geschlafen.
    Nein, hier ging es nicht um sie. Fernando hatte Marco eine Falle gestellt und Marco war - wissentlich oder nicht! - hineingetappt.
    Fernando breitete seine Arme aus. Nun wirkte er mehr denn je wie eine Fledermaus. Er murmelte unverständliche Worte und schloss mit einem klatschenden Geräusch seine Hände.
    Marco taumelte zurück, als habe ihn eine unsichtbare Faust getroffen. Fernando wiederholte diese Schwimmbewegung. Marco stöhnte, krümmte sich und hielt sich am Rand des kleinen Tisches fest.
    »Warum nur, Fernando ... warum ...?«, ächzte er. In seinen Augen standen Hilflosigkeit und Mitleid.
    Wieso in Gottes Namen wehrte Marco sich nicht? In April stieg Verzweiflung hoch. Im selben Moment sah sie etwas blinken. Es lag nur eine Armlänge entfernt neben dem Sessel. Es war die Glasschüssel, die sie fallen gelassen hatte.
    April überlegte nicht lange, bückte sich und zog mit den Fingerspitzen die Schüssel zu sich heran. Dabei ließ sie Fernando keinen Augenblick aus den Augen. Dieser jedoch schien sich für April nicht zu interessieren. Stattdessen jagte er weitere -
    ja was nur?
    waren es ... Wellen oder einfach nur unsichtbare Schläge?
    - gegen Marco. Dieser wehrte sich immer noch nicht, sondern taumelte wie ein schwer angeschlagener Boxer durch das Zimmer. Blut lief ihm aus der Nase und seine Haare standen wirr vom Kopf, als ständen sie unter Strom. Wenn das so weiterging, würde Marco in zwei oder drei Minuten erledigt sein.
    Nur eine Winzigkeit lang dachte April an die Gefahr, der sie sich aussetzte, dann sprang sie auf, die Glasschüssel hoch über den Kopf gehoben und schnellte auf Fernando zu, der sofort merkte, was vor sich ging und herumwirbelte.
    Sein eisiger Blick durchbohrte April. Der Mut, den sie gefasst hatte, strömte aus ihr heraus wie aus einem undichten Salzstreuer. Zögernd stand sie in absurd verrenkter Pose vor Fernando. Das Glas zwischen ihren Fingern schien zu glühen.
    Langsam schüttelte der Kapuzenmann seinen Kopf. Sein Lächeln wirkte fast schon traurig.
    Schlag zu!, schrie es in April. Schlag zu!
    Fernando breitete seine Arme aus.
    Schlag zu! Sei schneller als er oder er wird dich töten!
    Auf einer versteckten Ebene der Vernunft erkannte April, dass ihr Gegenüber für diesen Moment hilflos war. Seine Arme waren weit vom Körper weggestreckt, zu weit, um einen Schlag abfangen zu können.

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