Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiskalte Angst

Eiskalte Angst

Titel: Eiskalte Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
Vom Netzwerk:
weilte an einem anderen Ort, war gar nicht anwesend. Sein Gesichtsausdruck war der eines Träumenden, während seine Hände über April hinweg glitten und sie unter brennende Spannung setzten. Die Hitze wurde immer stärker und April schauderte es. Wenn das so weiterging, würde sie von innen heraus verbrennen, wie in einem übergroßen Mikrowellenofen. Das also war der Tod, den Dragus für sie erdacht hatte.
    Es war totenstill in der Eishöhle, abgesehen vom schweren Atmen der Zuschauer. Hin und wieder schluchzte jemand. Keine Menschenseele rührte sich, ja es schien, als wenn sogar Dragus wie versteinert auf der Stelle stand. Sie alle konzentrierten sich auf das, was geschah, fesselten April mit ihrem Willen und empfanden mit, was ihr widerfuhr.
    Wehre dich!, schrie es in April. Wehre dich! Ich will nicht gegrillt werden!
    Sie versuchte, sich gegen die Kraft, die sie niederdrückte zu stemmen, aber es war ebenso vergeblich, als hätte sie versucht, mit ihrem kleinen Finger einen Tanklastzug anzuschieben.
    »Marco«, stammelte sie, aber das, was aus ihrem Mund strömte, waren keine Worte, sondern ein tonloses Gurgeln. Gelähmt starrte sich zu Marco hoch, der angestrengt seine Kraft auf April konzentrierte.
    Unter dem Tisch, auf dem April lag, vibrierte es immer stärker.
    Schwingungen wie die von Basslautsprechern im 21 Club oder im Disco Empire, wo sie mal Steve Luthaker live gesehen hatte. Dumpfe Töne, die kaum hörbar, aber mächtig waren.
    Lichter spritzten vom Kristall hoch.
    Eine seltsame Ruhe bemächtigte sich Aprils. Sie fühlte sich mit einem Male gelassen und stark, und fragte sich in aufregend rationaler Weise, ob sie schon wahnsinnig geworden sei. Sie würde sterben - aber sie würde nicht jammern oder betteln. Scheiß drauf! Sie würde sterben und dabei Marco anschauen, einen Mann, mit dem sie jetzt Mitleid empfand.
    Das Vibrieren wurde immer stärker, schüttelte ihren Körper und drang in jeden ihrer Knochen, stellte ihre Kopfhaare auf, als sei sie elektrisch geladen und ließ die Fackeln wild flackern. Niemand rührte sich, niemand kümmerte sich um dieses Phänomen.
    Als habe jemand ein Tischfeuerwerk entfacht, zischten abermals feurige Tropfen vom Kristall hoch und formten sich zu einer weißen Wolke, die sich emporhob und in Richtung April schwebte, ein faszinierender Anblick, der April für einen Herzschlag vergessen ließ, dass sie sterben würde.
    Es war gespenstisch, nein, fantastisch beschrieb es besser.
    Die Hitze in Aprils Körper wurde immer stärker. Sie fror und schwitzte erbärmlich. Noch schmerzte es nicht, noch war es nur ... seltsam, aber wie lange noch?
    Sie versuchte abermals, sich aufzubäumen und diesmal gelang es ihr, einen Arm vom Tisch zu heben. Das Vibrieren verstärkte sich und ihr Arm wurde wie von einer unsichtbaren Hand auf den Tisch zurückgedrückt.
    April versuchte es wieder und nun konnte sie ein Bein bewegen, den anderen Arm und den Oberkörper etwas. Im selben Moment verstärkte sich die Vibration, die nun so stark war, dass sie den Tisch durchschüttelte und Eissplitter von der Decke platzen, die klirrend niederregneten, ohne April oder Marco zu treffen.
    Die Zuschauer keuchten, als hätten sie allesamt einen anstrengenden Wettlauf absolviert.
    Marco bestrich mit den Fingerspitzen ihren Körper, berührte sie nun, und Schweiß tropfte ihm von der Stirn. Was tat er? Warum lebte sie noch? Hatte er nicht zu ihr hingeschaut? Hatte er nicht ermutigend genickt?
    Um April verschwamm alles und sie hatte nur noch einen Wunsch. Sie wollte aufstehen, sie wollte es diesen Narren zeigen, sie wollte stärker sein! Sie wollte diese Ungeheuer vernichten und zuerst diesen fetten glatzköpfigen Dragus!
    Ihre Kräfte kehrten zurück und mit ihnen der Überlebenswille.
    Im selben Moment, in dem sie aufzustehen versuchte, steigerte sich das Grummeln der unhörbaren Bassklänge und sie fühlte sich zurückgedrängt und auf den Tisch gedrückt.
    Nun begriff April, dass sie kämpfte.
    Sie kämpfte gegen die mentale Macht der Sekte, die sich über den Kristall auflöste und im Verhältnis zu ihrer erwachenden Stärke in Vibrationen umsetzte.
    Die weiße Wolke schwebte nun in etwa einem Meter Abstand über April, senkte sich und umschloss sie mitsamt dem zitternden Tisch. Es sah aus, als lege Marco eine weiche schwebende Daunendecke über April, eine zärtliche Geste, und tatsächlich flutete Ruhe durch April, der sie sich für einen Moment der Wärme überließ.
    Nun gab es keinen Zweifel

Weitere Kostenlose Bücher