Eiskalte Ekstase - ein Frankfurt-Thriller
auf die Straße starrt, gegen die Schulter. »Aber das alles ist kein hinlänglicher Grund, um einen Großeinsatz auszulösen, stimmt’s? Ich meine, wegen der Kostenfrage, denn ich könnte mich ja auch irren. Andererseits – vielleicht hätte ich doch lieber gleich einen offiziellen Durchsuchungsbeschluss bewirken sollen? Aber ich hab mir gedacht, bis dahin könnt’s ja auch zu spät sein.«
Devcon winkt ab. »Das ist schon in Ordnung so. Wir fahren jetzt erst mal hin und gucken uns die Situation vor Ort an. Dann entscheiden wir. Es ist ja noch Stadtgebiet, das heißt, die Verstärkung wäre in wenigen Minuten da.«
»Gut.«
Devcon setzt abermals den Blinker und biegt nach Sulzbach ab. »Also dann, ich höre. Was ist Iownu?«
»Was?«
Devcon gibt wieder Gas, folgt der Hauptstraße. »Du hast mich verstanden.«
Tatjana Kartan tut so, als müsse sie nach Atem ringen. »Sag mal, hast du keine anderen Probleme im Moment?«
»Nein. Aber du gleich. Denn noch einmal frage ich nicht!«
Sie greift sich mit einer Hand ins Haar, teilt eine Strähne ab, zwirbelt sie um ihre Finger. »Wenn’s unbedingt sein muss – Mann, Giebler bringt mich um … Aber bitte, bitte – du weißt von nichts, ja?«
Sie sieht Devcon mit einem flehenden Blick an. Doch der verzieht keine Miene. »Mal sehen.«
»Na schön.« In Kartans Stimme schwingt unüberhörbar ein Anflug von Resignation. »Ober sticht Unter. Alles klar, das wird sich wohl nie ändern. Machen wir’s also kurz und schmerzlos. Iownu ist Gieblers Supervirus.«
»Gieblers – was?« Devcon starrt sie an. Zornig. »Ich habe mich doch hoffentlich gerade verhört, oder?«
»Nein«, erwidert sie leicht pampig. »Im Gegenteil, und das Programm steht ja quasi schon im Namen. Ei ouwnju!«
Devcons Gesichtsausdruck: ein einziges Fragezeichen – bis er sich mit einer raschen Bewegung an die Stirn fasst. »Ach, du meinst: I own you.«
»Sag ich doch! Zu Deutsch: Ich besitze dich. Ein sprechender Name sozusagen.«
»Und wozu, um alles in der Welt, braucht der so was?«
»Na, zum Beispiel, um mir aus der Klemme zu helfen, Mensch!« Ihrer Stimmlage nach zu urteilen verliert Tatjana Kartan nun doch jeden Moment die Nerven. »Wie du vielleicht bemerkt hast, stehe ich in letzter Zeit nicht ganz so optimal mit Sascha. Und gerade eben bei dir im Büro, da wollte er doch wissen, ob meine Spur hier etwas mit der Cherub-Sache zu tun hat, erinnerst du dich? Und? Was habe ich gemacht?«
»Du hast gelogen.«
»Genau! Hab ich von dir gelernt! Auch mal fünfe gerade sein lassen, wenn’s der Sache dient …«
»Oh nein, meine Liebe, das musste ich dir weiß Gott nicht mehr beibringen!«
»Von mir aus, dann eben nicht! Jedenfalls habe ich auf meinem PC nicht nur ein Foto des in dem Gruselfilm getöteten Mädchens und die Daten zu ihrer Identifikation, sondern ich habe auch die Homepage-Seite abgespeichert, auf der die besagte Erziehungsberechtigte abgebildet ist. Ach ja, und die Mailantwort von der Uni bezüglich ihres privaten Wohnortes, die habe ich auch. Und wenn Sascha das sieht, braucht er nur noch eins und eins zusammenzuzählen. Und dann bin ich reif!«
»Neugartenstraße.« Devcon fährt den Wagen an den Straßenrand. Er dreht den Zündschlüssel, der Motor erstirbt. Dann schaut er Tatjana Kartan an, die Stirn in tiefe Sorgenfalten gelegt. »Und was macht dieser Supervirus genau?«
»Er überschreibt die Festplatte mit irgendwelchem Kauderwelsch. In Endlosschleife. Das heißt, er lässt sich praktisch nicht mehr entfernen. Einmal infiltriert, lädt er sich immer wieder hoch – also, das bedeutet«, sie sucht nach den richtigen Worten, »er nistet direkt im Bios. Das ist so was wie das Skelett des Computers. Und dort verhält er sich quasi wie ein Erreger, gegen den es noch keine Medizin gibt.«
»Verstehe. Und daraus folgt dann …«
»Dass du den PC wegschmeißen kannst.«
»Gut – ich meine natürlich, nicht gut. Aber darüber reden wir ein anderes Mal.« Devcon greift hinter sich auf den Rücksitz, holt sein Schulter-Holster, legt es an und schaut auf seine Armbanduhr, dann wieder zu Tatjana Kartan. »Wir waren jetzt knappe fünfzehn Minuten unterwegs. Seit der Sperrung des Films ist insgesamt also etwa eine Dreiviertelstunde vergangen.«
»Kein Grund zur Eile für den Herrn. Er weiß mit Sicherheit, dass es ungleich länger dauert, den Aufenthaltsort des Betreibers eines anonymen Proxys zu ermitteln.«
Devcon nickt. Seine Miene wird finster. »Und das
Weitere Kostenlose Bücher