Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
schmerzhaft ins Gesicht, während sie sich den Straßenrand entlangkämpfte. Kein Auto, kein Licht. Kohlrabenschwarze Nacht. Der eisige Schnee peitschte ihr in die Augen. Jetzt musste sie eigentlich ihr Ziel erreicht haben. Irgendwo musste das Schild sein, nach dem sie suchte.
Sie knickte mit dem Fuß um.
Obwohl sie das Gleichgewicht verlor, gelang es ihr, einen Fuß nach vorne zu setzen, aber da war kein fester Boden mehr. Sie fiel schräg nach vorne in den schneegefüllten Straßengraben und klemmte den rechten Fuß unter sich ein. Beinahe meinte sie, das Knacken hören zu können. Der Schmerz schickte wütende, weiße Signale in ihr Gehirn. Sie lag halb im Schnee versunken. Die Angst erwischte sie mit voller Wucht. Wie lange überlebe ich bei diesem Wetter mit einem gebrochenen Fuß?, überlegte sie und versuchte, ihr Bein zu bewegen. Der Schmerz vertrieb die Kälte. Sie stöhnte laut auf und drehte sich auf den Rücken. So blieb sie liegen und starrte in die Dunkelheit hinauf. Ihr Atem ging stoßweise. Nach einer Weile spürte sie, wie die Kälte durch die Jacke drang und der Schnee in ihren Kragen rieselte und ihren Hals kühlte. Sie streckte die Hand nach der Tasche aus, die sie beim Sturz fallen gelassen hatte, zog die Taschenlampe heraus und schaltete sie an. Das Licht vertrieb den schlimmsten Schrecken. Sie drehte sich zur Seite und leuchtete den Straßenrand ab.
Das Schild schien sie förmlich zu verhöhnen. In weniger als zehn Meter Entfernung las sie die reflektierenden Buchstaben, die ihr mitteilten, dass sie am Ziel war. Sie versuchte, den Fuß zu bewegen, aber er tat so weh, wie sie befürchtet hatte. Nachdem sie sich aufgerichtet hatte, belastete sie den Fuß vorsichtig und merkte, dass trotz des starken Schmerzes zumindest nichts gebrochen war. Mühsam begab sie sich wieder auf die Straße, hinkte auf das Schild zu und ging dann den schmalen, nicht geräumten Weg entlang in den Wald.
Die Taschenlampe ließ sie an.
Das Haus wirkte größer als am Tag. Sie leuchtete mit der Taschenlampe über den Hofplatz und stellte fest, dass die Spuren von ihrem früheren Besuch bereits zugeschneit waren. Es gab keine neuen Spuren. Die schwache Lampe über der Tür ging an, als sie sich dem Haus näherte. Aber da niemand zu Hause zu sein schien, kümmerte sie das nicht weiter, und sie stieg die Treppe hoch und drückte zum zweiten Mal an diesem Tag die Klinke.
Es war immer noch abgeschlossen.
Die Frau im Imbiss war nett und sehr gesprächig gewesen. Levin vermutete, dass es nicht viele Leute gab, mit denen sie sich unterhalten konnte. Sie hatte nicht sonderlich viele Fragen stellen müssen. Gabriel Marklund war eine bekannte Gestalt im Ort und nun schon seit einer geraumen Weile verreist. Nach dem Tod seiner Eltern war er allein geblieben, da er alt genug gewesen war, um ohne Erwachsene zurechtzukommen. Niemand hatte ihn gefragt, wo er gewesen sei, als er vor einer Woche ins Dorf zurückgekehrt war.
Alle hatten gewusst, dass er wieder zurück war.
Und dass er bereits am Tag darauf wieder verschwunden war.
Levin hatte noch erwogen, Anders Hedman anzurufen und ihm von ihren Plänen zu erzählen. Aber sie wusste, dass sie gut improvisieren konnte. Sie hatte die Landkarte studiert, um einen geeigneten Ort auszusuchen, an dem das Taxi sie absetzen konnte, und war zu dem Schluss gekommen, dass sie, falls sich dies als nötig erweisen sollte, jederzeit jemanden telefonisch verständigen konnte.
Sie drückte den kleinen, pistolenähnlichen Gegenstand an das Schloss und schob die Spitze in das Schlüsselloch. Dann drückte sie zweimal, und eine dickflüssige Masse wurde in das Schloss gepresst. Sie wartete eine halbe Minute, bis die Substanz erstarrt war. Dann drehte sie den ganzen Apparat um hundertachtzig Grad. Das Schloss öffnete sich widerspruchslos.
H oltz sah auf die Uhr und beschleunigte seine Schritte. Der Wind hatte zugenommen, und große nasse Schneeflocken trieben ihm ins Gesicht. Wenn er sich beeilte, dann konnte er noch vor seiner Verabredung im Café den Weihnachtsschmuck kaufen.
Marcus Koster hatte ihn angerufen und ihn unbedingt treffen wollen. Der Frage, worum es denn gehe, war Koster ausgewichen. Er würde es ihm im Café erzählen.
In dem kleinen Café war es warm und eng. Es roch nach feuchter Wolle und frischgebackenem Brot. Drei junge Frauen standen an der Kasse und sprachen vertraulich mit der ebenfalls jungen Frau hinter dem Tresen. Sie lachten über etwas, das sich offenbar am Vorabend
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