Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
bei dieser Kälte, oder?«
»Nein«, antwortete Hedman.
Die Dienststelle lag am Marktplatz, der von einem Parkplatz und einem niedrigen Gebäude mit großen Fenstern, vor dem die Busse hielten, dominiert wurde. In den Fenstern leuchteten Reklameschilder für Getränke und Hamburgermenüs. Kebab und Pizza gab es auch. Sie parkten neben dem Schnellimbiss. Ein leerer Fernbus stand mit laufendem Motor und geschlossenen Türen an einer der Bushaltestellen.
»Dies ist der Verkehrsknotenpunkt des Ortes, einer richtigen Metropole«, meinte Hedman, während sie rasch über den Platz auf das Polizeigebäude zugingen, das in einsamer Majestät am anderen Ende der offenen, windgepeitschten Fläche lag.
Nichts an seiner Stimme ließ erkennen, dass er scherzte, und Levin fragte sich langsam, ob Hedman vollkommen humorlos war oder einen ganz besonderen Humor besaß. Sie kam zu dem Schluss, dass es sich um letzteres handeln müsse, und lachte, während sie beinahe in den Dauerlauf verfiel, um mit dem großen Polizisten Schritt zu halten.
Die Einrichtung der Dienststelle war seit mindestens drei Jahrzehnten nicht mehr verändert worden. Mit etwas gutem Willen hätte man von charmanter Patina sprechen können.
»Nicht das Allerneueste, aber uns genügt es«, sagte Hedman und lotste Levin durch die Korridore zu einem Büro, dessen Tür geschlossen war.
»Gehen Sie schon mal rein und machen Sie es sich gemütlich, ich hole Kaffee.«
Levin öffnete die Tür und trat ein. Das Zimmer war groß und hell, die Möbel vergleichsweise neu. An den Wänden hingen Ölgemälde, und auf dem Boden lag ein teurer Teppich. Sie betrachtete eingehend die Gemälde. Sehr bunt und mit pastos aufgetragener Ölfarbe. Sie waren nicht gegenständlich, jedenfalls konnte Levin nichts darauf erkennen.
»Interessieren Sie sich für Kunst?«
Hedman betrat mit einem Tablett mit belegten Broten und einer Thermoskanne Kaffee das Büro.
»Nein, das kann ich nicht behaupten. Was stellen die Bilder denn dar?«
Hedman setzte das Tablett auf dem Schreibtisch ab und bezog neben ihr Position. Schweigend betrachteten sie eine Weile die Gemälde.
»Sie zeigen das, was man sehen will. Aber darüber müssen wir ein andermal sprechen. Nehmen Sie doch Platz«, sagte Hedman, und Levin wandte sich widerwillig von den Gemälden ab.
Als sie den Kaffee getrunken hatten, fragte Hedman, wie sie weiter vorgehen sollten. Er habe so viele offizielle Informationen über Gabriel Marklund zusammengetragen wie möglich, den Rest könne er mündlich ergänzen. Gabriel Marklund wohnte allein im alten Pfarrhaus etwa zehn Kilometer außerhalb der Stadt und war im Ort recht bekannt, da er schon immer dort gewohnt hatte und außerdem etwas seltsam war. Seine Behinderung erschwerte ihm das Sprechen und das Gehen. Als Kind hatte er es nicht leicht gehabt, aber in den letzten Jahren tat er sich durch eine innere Stärke hervor, die niemand so ganz begriff. An seinem Verstand war nichts auszusetzen.
»Ich kann Sie zu dem Haus fahren und ihm Ihr Anliegen erklären. Aber Sie werden sicher verstehen, dass ich ihn nicht dazu zwingen kann, Sie zu treffen oder irgendwelche Fragen zu beantworten. Möglicherweise weiß er nicht einmal von seiner Adoption. Wir müssen also behutsam vorgehen.«
»Natürlich. Wie ich schon am Telefon sagte, will ich ihn auch nur treffen. Ich weiß nicht, ob es für die Ermittlung eine Rolle spielt, aber sein leiblicher Vater wurde ermordet, und wir müssen allem nachgehen, selbst wenn es schmerzen sollte«, sagte Levin.
»Wir können sofort fahren. Ich denke, die können Sie gut gebrauchen.« Hedman nahm eine dicke, gefütterte Winterjacke von einem Haken, die Levin dankbar anzog.
Eine halbe Stunde später, nachdem sie bei leichtem Schneefall langsam über glatte Straßen gefahren waren, zweigten sie bei einem Schild von der Landstraße ab und bogen wenig später auf die Auffahrt von Gabriel Marklunds Haus ein. Es war bereits dunkel, obwohl es erst früher Nachmittag war. Sie hielten und stiegen aus. Eine einzelne Lampe verbreitete einen schwachen gelben Schein über der Haustür, aber im Übrigen war es dunkel und still.
Pia Levin ging zur Tür und drückte die Klinke hinunter. Es war abgeschlossen. Sie suchte nach der Klingel, aber es gab keine. Sie klopfte. Keine Reaktion. Hedman ging um das Haus herum und versuchte, durch die Fenster zu blicken, sah aber nur sein eigenes Spiegelbild.
»Nicht viel los hier«, meinte Levin.
»Nein. Es gibt auch keine Spuren im
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