Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller

EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller

Titel: EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Korten
Vom Netzwerk:
Erinnerungsverlust war sie unversehrt. Die Ärzte, die so erfolgreich ihren Körper zusammengeflickt hatten, konnten für ihren Geist nichts tun. Auch Dr. Kreiler, der seine Hilfe angeboten hatte, bestand darauf, dass sie die Klinik weiterhin aufsuchte, doch sie hatte die Gespräche und die Parade der Fachausdrücke bald satt: funktionelle retrograde Amnesie , posttraumatische Verwirrungszustände , organischer Gedächtnisdefekt , dissoziative Dämmerzustände , psychogene und hysterische Amnesie, sie hasste diese aseptisch klinische Ausdrucksweise.
    Es half ihr nicht, ihre Erinnerung an den Abend des Mordversuchs zurückzugewinnen: Sie musste bereit sein für die Zukunft und für ein Leben ohne Ärzte und Krankenhäuser.
    In der Klinik hatte sie eine Therapie begonnen, um sich dem traumatischen Geschehen zu stellen. Alles andere wäre eine Flucht, hatte der behandelnde Arzt gesagt. Doch es wurde ihr zu viel. Ständig klagte sie über Kopfschmerzen.
    Doch so perfekt sie ihre Gedanken und nächtlichen Alpträume nach ihrer Heimkehr auch vor anderen zu verheimlichen vermochte, sie ließen sich nicht abschütteln. Was war an jenem Abend geschehen? Warum hatte jemand versucht, sie zu töten? Täglich stellte sie sich diese Fragen und erhielt doch nie eine Antwort darauf.
    Da die Ärzte ihr erklärt hatten, dass die Dinge, die sie vergessen hatte, ihr Handeln und ihr Verhalten beeinflussen konnten, begann sie, jede Handlung nach unbewussten Motiven zu hinterfragen. Warum war sie gestern zum Beispiel ohne Grund zur Maria-Emanuel-Klinik gefahren, hatte sich dort im Park auf eine Bank gesetzt und den Ausblick genossen? Wollte sie Katharina nahe sein? Das war sie doch schon. Fast wäre auch sie gestorben.
    Am Dienstagabend sprach sie erneut mit Max darüber, dass sie fort wolle.
    Er lief dabei nervös in der Küche auf und ab.
    „Warum kannst du meine Entscheidung nicht akzeptieren?“, fragte sie. „Ich glaube manchmal, verrückt zu werden. Ich höre Stimmen und kann mich nicht konzentrieren. Möchtest du nicht auch, dass es mir wieder gutgeht und meine Erinnerung zurückkehrt?“
    „Sicher, aber du gehst zu Pater Mateo, statt dich bei mir zu erholen. Ich sorge mich um dich! Ich liebe dich!“
    Sie versuchte ihre eigene Gereiztheit zu überspielen und merkte, wie wenig es ihr gelang.
    „Vielleicht kehrt meine Erinnerung ja an einem anderen Ort zurück. Ich liebe dich auch, aber ich brauche Abstand“, sagte sie und weinte.
    Max nahm sie sanft in den Arm.
    „Ich will von alldem nichts mehr sehen und hören“, schluchzte sie. „Ich will endlich den Schmerz vergessen und anfangen zu leben. Aber alles, was ich tue, erscheint mir sinnlos. Ich lebe nicht, ich existiere. Ich brauche Hilfe und Ruhe, und das Convento ist der richtige Ort dafür.“
    „Ist gut, mein Liebling“, sagte er und streichelte ihr Haar.
    „Irgendetwas sagt mir, dass ich dort wieder zu mir selbst finden werde. Ich werde Pater Mateo meine Geschichte erzählen, und er wird mir zur Seite stehen. Das hat er mir am Telefon versprochen.“
    Max schwieg. Dann: „Vielleicht hast du recht.“
    Ihre Beziehung war durch die Geschehnisse stark belastet. Max konnte ihr nicht helfen, sosehr er sich auch bemühte, und er fühlte sich schuldig, weil er ihre Befürchtungen nicht ernst genommen hatte.
    Anna versuchte tapfer, ihre Tränen zu unterdrücken. „Ich träume jede Nacht von einem Schatten ohne Gesicht. Und dann wache ich im Traum auf, und du bist nicht da. Du hast die Bedrohung, die ich gespürt habe, nicht ernst genommen. Und ich habe noch immer Angst. Wie soll ich damit fertig werden, Max, sag es mir!“
    „Es tut mir so leid“, sagte er hilflos. „So leid.“
    Er ging auf sie zu und wollte sie in den Arm nehmen, doch sie schob ihn weg.
    „Du hättest mit mir darüber sprechen sollen und nicht mit Mathilda.“
    „Das ist richtig. Ich habe mit Mathilda über dich gesprochen. Versteh doch, ich konnte deinen Verfolgungswahn nicht nachvollziehen. Niemand wusste, dass er begründet war. Es war ein Fehler, doch wie konnte ich das wissen? Verzeih mir bitte, Anna.“
    „Ich ertrage eine so schreckliche Zeit nicht noch einmal. Ich möchte weg aus diesem Haus, weg aus dieser Stadt, weg von meiner Familie und den Menschen, denen ich auf der Straße begegne. Mein Körper hat sich erholt, die Wunden sind verheilt, aber ich brauche Abstand und Ruhe. Diese Reise wird mir guttun.“ Plötzlich lächelte sie und sah ihn liebevoll an. „Pater Mateo freut sich auf

Weitere Kostenlose Bücher