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Eiskalte Verfuehrung

Eiskalte Verfuehrung

Titel: Eiskalte Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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beängstigender, als wenn auf sie gezielt wurde. Was ging da vor? Waren Niki und Darwin hinter ihnen her? Sie konnte hören, wie die beiden einander anbrüllten. Sie konnte auch ihren eigenen Herzschlag hören, Gabriels Atmung und den Wind.
    »Was sollen wir denn jetzt machen?«, zischte sie. Ihre Stimme ging wegen seines dicken Mantels unter, aber Gabriel hörte sie und tätschelte sie geistesabwesend noch einmal.
    »Wir gehen den Berg hinunter. Wir können sonst nichts tun, uns bleibt keine andere Wahl.« Er klang nicht gerade glücklich darüber, aber ihr fiel auch nichts anderes ein. Sie war bereit gewesen, sich allein vom Berg nach unten zu kämpfen, es gab also keinen Grund, sich jetzt zu beklagen.
    Gabriel schaute in Richtung Haus, nahm wieder Lollys Hand, und gemeinsam verließen sie ihr Versteck hinter dem Baum, um tiefer in den Wald vorzustoßen. Er ging schnellen, sicheren Schritts, und sie musste sich bemühen, mit ihm mitzuhalten. Sie hatte keine so langen Beine wie er, und durch den Wald zu wandern war nicht gerade ihr Ding. Plötzlich wurde ihr klar, dass es nicht viel gab, das »ihr Ding« war. Sie war fürchterlich normal, lebte ein normales Leben und arbeitete in einem normalen Job. Sie mochte Bücher und Filme, zwang sich, Sport zu treiben, aber obwohl sie in Maine aufgewachsen war, hatte sie keinen Spaß daran, sich dabei zu verausgaben, und somit war sie nicht besonders trainiert.
    Die Bäume hatten den Boden unter ihnen geschützt, es war hier also weniger vereist, wenngleich ihre Schritte noch immer ein knirschendes Geräusch verursachten. Das bedeutete, dass sich auch auf den Ästen und Zweigen über ihnen eine Eisschicht bildete, und sie wusste, wie gefährlich das sein konnte. Durch ihren Job bei einer Versicherung hatte sie Einblick in alle möglichen durch Naturkatastrophen verursachten Situationen bekommen, denn sie hatte die daraus resultierenden Forderungen bearbeitet.
    Gabriel führte sie in einem Winkel, der der langen Zufahrt in Richtung der schmalen Serpentinenstraße folgte; sie mussten über tote Äste klettern und geballtem Wildwuchs ausweichen. Ein paar Mal schaute er sich nach ihr um. Sie fühlte sich wie ein Ballon an einer Schnur, den jemand hinter sich herzog. Ihr Atem ging in Keuchen über. Es musste ihm klar geworden sein, welche Mühe es ihr bereitete, mit ihm Schritt zu halten, denn schließlich verlangsamte er sein Tempo, ein bisschen zumindest. »Es wird etwas einfacher, sobald wir den Wald hinter uns haben«, sagte er einmal, als er ihr über einen überwucherten Brombeerbusch half. »In meinem Ford sind Suppe und Kaffee.«
    »Du willst mich wohl ködern, was?«
    Das konnte ein Lächeln gewesen sein. Aber es war so dunkel, dass sie sich nicht sicher war. »Solange es klappt.«
    »Äh … wo genau ist denn dein Ford?« Der Schock hatte so weit nachgelassen, dass sie wieder halbwegs denken konnte. Ganz offensichtlich war Gabriel nicht hergeflogen, und somit musste irgendwo sein Fahrzeug stehen.
    »Etwa eine halbe Meile weiter. Das Eis war so übel, dass ich anhalten musste.«
    Fragen gingen ihr durch den Kopf, Fragen wie: Warum war er da? Sie und Gabriel McQueen waren bekanntlich nicht gerade eng befreundet – genau genommen waren sie überhaupt keine Freunde. Was hatte ausgerechnet er bei ihr zu Hause zu suchen? Das alles kam ihr völlig irreal vor, und seine Anwesenheit war das Irrealste von allem. Dass man sie herumgestoßen, in Angst und Schrecken versetzt, fast vergewaltigt und gefangen gehalten hatte, war ein Albtraum gewesen, aber die Tatsache, dass ausgerechnet er aus der Nacht aufgetaucht war, um ihr bei ihrer Flucht behilflich zu sein, war so verblüffend, sie verstand es nicht. Wahrscheinlich wollte ihr Gehirn ihr helfen, diese Situation zu meistern, indem es alles ausblendete, bis sie wirklich damit umgehen konnte – bis die Gefahr gebannt war.
    Wenn die Konzentration auf Gabriel McQueen ein Mechanismus zur Situationsbewältigung war, dann würde sie bei diesem Spielablauf mitziehen; jedenfalls war das erheblich besser, als an die Gewalt zu denken, an alles, was schiefgehen könnte, an die Gefahr, die der lange Fußmarsch bei diesem Wetter barg. Die Chancen standen so schlecht, dass sie diese Nacht überleben würden, dass nur der Mut der Verzweiflung sie den Versuch unternehmen ließ.
    Im Wald war es fast völlig finster. Sie stolperten über Hindernisse, tasteten sich weiter, so gut sie konnten. Ihre Augen hatten sich etwas den Lichtverhältnissen

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