Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiskalte Verfuehrung

Eiskalte Verfuehrung

Titel: Eiskalte Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
Vom Netzwerk:
angepasst, aber dennoch konnten sie kaum etwas sehen. Selbst wenn Gabriel eine Taschenlampe hat, dachte Lolly, holt er sie sicher nicht heraus, und sie fragte lieber nicht nach; sie hätte zwar wirklich gern gesehen, wohin sie ging, aber Niki und Darwin …
    Trotz des Ponchos, den Gabriel ihr überlassen hatte, dauerte es nicht lang, bis die Kälte alle Kleiderschichten durchdrang, die sie anhatte. Ihre Jeans und die Jogginghose waren durch ihren Sturz auf dem Eis nass, und der Wind drang durch alle Schichten hindurch. Sie hätte sich nichts mehr gewünscht, als stehen zu bleiben und sich zusammenzukauern, den Poncho um sich drapiert, damit er die Kälte abhielt; aber wenn sie aufhörte, sich zu bewegen, fürchtete sie, nicht wieder in Bewegung kommen zu können. Das Wissen, was hinter ihr in ihrem warmen Haus auf sie wartete, spornte sie zum Durchhalten an. Sie würde die ganze Strecke bis nach Portland laufen, wenn sie bloß von den beiden wegkam.
    Sie würde sogar ihr Leben in Gabriel McQueens Hände legen – dem Kerl, der sie als Teenager fast ins Grab gebracht hätte! Er besaß alle Eigenschaften, die ihr gefehlt hatten – war beliebt, gesellig, selbstsicher. Sie war all die Jahre in der Junior High School und in der Highschool hoffnungslos in ihn verliebt gewesen. Die Kehrseite an der ganzen Sache war, dass sie ihn auch gehasst hatte, weil er sich so oft lustig über sie gemacht, sie so oft entmutigt und ausgelacht hatte. Und sie hatte keine Gelegenheit verstreichen lassen, ihm verbal ein Messer zwischen die Rippen zu rammen. Er hatte zwei Jahre vor ihr Examen gemacht, und sie war irgendwie froh gewesen, aber dennoch ertappte sie sich dabei, wie sie die Gänge nach dem attraktiven Typen mit dem dunklen Haarschopf absuchte.
    Vielleicht sollte sie sich glücklich schätzen, dass er sich die Mühe gemacht hatte, sie zu retten. Der Teenager Gabriel hätte das nicht getan – aber, der Ehrlichkeit halber: Als Teenager hätte sie ihm vermutlich auch das Schiebefenster auf die Finger geknallt.
    Ihre Gedanken an die Vergangenheit vermochten ihren Verstand nur so lange zu beschäftigen, bis ihr physisches Elend sich Bahn brach. Der Regen war mittlerweile noch stärker geworden, er versah die Bäume, das Gehölz, ja sogar sie mit einer Eisschicht. Lolly fühlte das Gewicht an ihren nassen Hosen und Schuhen. Zumindest waren ihre Füße noch nicht so nass wie ihre Beine, dank der Vaseline. Oder aber sie waren so eiskalt, dass sie die Nässe nicht mehr spürte. Der Wind pfiff durch die Äste und ließ sie klappern wie Skelette in einem Sarg aus Eis. Der Klang war unheimlich, gespenstisch, und sie war froh um die große feste Hand, die ihre umklammert hielt.
    Dann zwängte sich Gabriel durch dichtes Unterholz und blieb so unvermittelt stehen, dass sie ihm in den Rücken rannte. »Endlich«, sagte er, und hielt sie fest, um ihr Halt zu geben. »Hier ist die Straße. Bis dorthin geht es jetzt etwa einen Meter bergab, sei also vorsichtig.«
    Er bückte sich, griff nach einem jungen Baum und benutzte ihn als Halt, während er die niedrige Böschung hinuntersprang. Seine Füße rutschten auf dem Eis weg, aber durch den Baum gelang es ihm, sich aufrecht zu halten. Gabriel drehte sich um, umfasste behutsam Lollys Taille, dann hob er sie ohne großen Kraftaufwand auf die Straße herunter.
    »Pass auf, wo du hintrittst«, warnte er sie. »Da ist ein flacher Graben. Geh auf dem mit Unkraut bewachsenen Streifen zwischen dem Graben und dem Asphalt; dort hast du besseren Halt.«
    Den Kopf geneigt, konzentrierte sich Lolly darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Sie hatten mit Sicherheit mehr als eine halbe Meile zurückgelegt; hätten sie nicht längst bei seinem Ford angelangt sein müssen? Sie war auf diesem Berg groß geworden, sie kannte ihn wie ihre Westentasche, aber die Dunkelheit, die Kälte, die unaufhörliche Abfolge von schockierenden Geschehnissen hatte eine Desorientierung bei ihr bewirkt, und sie hatte keine rechte Ahnung, wo sie eigentlich waren. Ihre Hände und Füße taten ihr wegen der Kälte so weh, dass sie das Gefühl hatte, sich kaum noch weiterschleppen zu können. Was ihre Füße anging, so konnte sie nichts machen, und Gabriel hielt eine ihrer Hände fest, aber die andere Hand zwängte sie unter den Poncho und unter zig weitere Kleiderschichten, um an die nackte Haut ihres warmen Bauches zu gelangen. Ihre Finger spürten kaum die plötzliche Wärme, aber ihr Bauch fühlte ganz eindeutig, wie kalt ihre

Weitere Kostenlose Bücher