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Eiskalte Verfuehrung

Eiskalte Verfuehrung

Titel: Eiskalte Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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an, so ein Typ, der in einen Eissturm hinausging, um sich zu überzeugen, dass seinem Nachbarn nichts fehlte, ein Mann, der sich für eine Frau in Gefahr begab, selbst wenn sie ihm nichts bedeutete, selbst wenn sie ein Mädchen war, das er von früher kannte und damals nicht gemocht hatte.
    Sie hatte nicht die Gelegenheit gehabt, ihm alles zu erzählen, was im Haus passiert war, und nachdem sie einen Moment nachgedacht hatte, beschloss sie, das auch nicht zu tun. Sie wollte den Vergewaltigungsversuch von Darwin verschweigen, denn sie wusste nicht, wie Gabriel auf diese Nachricht reagieren würde. Ob er das Gefühl hätte, umkehren zu müssen? Würde es ihm überhaupt etwas ausmachen? Sie nahm an, dass es ihm schon etwas ausmachen würde, aber einfach nur, weil er eben als Mensch so gestrickt war, und sie wollte nicht zu dem Haus zurückkehren. Sie wollte auch nicht, dass Gabriel zurückging, und so hielt sie sich weiter schweigend neben ihm. Ihren Blick hatte sie entschlossen vom Haus und dem Albtraum dort abgewandt. Egal unter welchen Wetterbedingungen, sie ging voran.
    Hinter ihnen war nur das Lärmen der Natur zu hören: das Plätschern des niedergehenden Regens, der Wind, das gespenstische Knacken und Knarren der Bäume. Vielleicht hatten die zwei ja aufgegeben. Vielleicht hatten sie die Verfolgung überhaupt nicht aufgenommen. Vielleicht waren Niki und Darwin nicht willens, bei dem Wetter das schöne warme Haus zu verlassen, um auf sie und Gabriel Jagd zu machen.
    Sie schaute erneut auf, blickte den großen Mann an, der sie da im Schlepptau hatte. »Also … wie ist es dir ergangen?«, fragte sie.
    Gabriel schüttelte den Kopf. »Willst du jetzt plaudern?«
    »Wenn ich rede, friert mir vielleicht mein Gesicht nicht ein.«
    Er nickte. »Bei mir war so weit alles ganz okay. Bei dir?«
    So viel zu ihrem Versuch, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. »Prima.«
    Was sonst sollte sie sagen? Noch immer Single. Guter Job, aber nicht gerade spannend. Mom und Dad erfreuen sich bester Gesundheit, haben aber eine ganze Stange Geld von ihrer Pension beim letzten Börsencrash verloren; deshalb ist es auch unsinnig, ein Haus zu behalten, das sie nicht mehr nutzen. Ich wollte es nicht verkaufen, kann es mir aber nicht leisten, es ihnen abzukaufen; und jetzt will ich es nicht mehr. Ich habe dieses Haus geliebt, doch ab heute ist es mir egal, ob ich es je wiedersehe.
    Das Verlustgefühl war überraschend heftig; sie ließ es zu, akzeptierte, dass sie nie mehr die gleichen Gefühle für dieses Haus hegen würde, dann schob sie es resolut in die Vergangenheit, wo es hingehörte, und blickte geistig nach vorn.
    Sie hätte besser aufpassen sollen, was sie tat, anstatt zu träumen – sie rutschte wieder aus, und wieder fing Gabriel sie auf.
    »Wir müssen aus diesem Eis raus«, sagte er besorgt. Sie musste zugeben, seine Idee, dem Unwetter zu entkommen, war gut. Perfekt sogar. Aber hier war meilenweit kein Nachbar, und die Stadt war sogar noch weiter entfernt. »Es ist nicht mehr weit bis zu meinem Ford«, fügte er ermutigend hinzu.
    Lolly wusste nur zu gut, dass die Straßen jetzt unpassierbar waren. So scheußlich das Wetter auch war und so gefährlich – aber sie wollte doch lieber die steile Straße hinuntermarschieren, als in ein Auto einzusteigen und womöglich ins Schleudern zu kommen und den Abhang hinunterzuschlittern. Von hier bis Wilson Creek gab es tückische Kurven und steil abfallende Hänge. Aber sie konnten ja an Gabriels Ford Halt machen, einsteigen, sich aufwärmen mit der Suppe und dem Kaffee. Mit diesem Gedanken im Kopf hatte sie ein vernünftiges Ziel vor Augen, und das ließ sie einen Fuß vor den anderen setzen, immer weiter vorwärtsgehen. Würde sie den Gedanken an sich heranlassen, dass sie den ganzen Berg zu Fuß hinuntersteigen musste, bräche sie vermutlich auf der Stelle zusammen, weil sie sicher war, das niemals schaffen zu können.
    Nichts von dem, was in den vergangenen Stunden passiert war, war real. Das konnte gar nicht sein. Ihr Leben war unaufregend, langweilig, stinknormal. Einen Vergewaltigungsversuch abzuwehren, durch ein Fenster im ersten Stock zu entkommen, Schüssen zu entgehen und gegen einen Eissturm anzukämpfen, der ebenso gefährlich war wie alles Erlebte zusammengenommen – Lolly sehnte sich nach Normalität. Nie mehr würde sie sich über Langeweile beklagen. Das … das alles war wie ein schlechter Traum.
    Jeder Schritt war ein Kampf. Die Kälte schnitt durch ihre Kleidung,

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