EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)
legte Ledermanschetten um ihre Handgelenke und befestigte sie an den oberen Ketten neben ihrem Kopf.
„Heb deine Beine an“, sagte er. „Zieh sie hoch.“
Er versah auch ihre Knöchel mit Manschetten und hakte sie außen an den unteren Ketten fest.
„Ist es bequem?“, fragte er.
Sie nickte.
„Gut. Du wirst hier vielleicht eine Weile ausharren müssen.“
Er zog sich aus. „Wir werden heute etwas Neues machen“, sagte er.
Sofort durchfuhr sie sowohl Angst als auch Erregung, ein gesteigertes Gefühl von Gefahr.
Er streichelte über die Innenseite ihrer Oberschenkel. „Allerdings“, sagte er, „ist es nicht ganz so neu. Du hast das schon mal gemacht. Anfangs mochtest du es überhaupt nicht. Es hat dir Angst gemacht.“
Ihre Muskeln verspannten sich spürbar.
„Keine Angst. Du wirst keinen Schmerz spüren. Da du es schon einmal gemacht hast, kannst du es auch wieder tun.“
Sie war weit offen und ihm hilflos ausgeliefert. Nein, dachte sie. Nein! Sie wollte sprechen, aber es kamen keine Worte heraus. Ihre Lippen und ihr Unterkiefer zitterten. Tränen sammelten sich in ihren Augen. Wieder seufzte er, diesmal fast mitfühlend, und legte den Kopf auf ihre Brust.
„Atme mit mir“, flüsterte er.
Sie horchte auf den gleichmäßigen Rhythmus seines Atems. Sie versuchte sich zu entspannen und ihren Atem zu verlangsamen und sich ihm anzupassen. Sein Haar fühlte sich weich an auf ihrer Haut, und sein Atem war warm.
Minutenlang verharrte sie so.
Sein Kopf lag noch immer auf ihrer Brust, als er mit ruhiger Stimme sagte: „Beweise mir deinen Gehorsam. Ich verlange es.“
Er hob den Kopf und sah sie an. Eine schwarze Locke war ihm über die breite Stirn gefallen, als er mit dem Skalpell über ihr Schambein ritzte.
„Ich halte nichts von Mittelmäßigkeiten, Anna. Du musst entweder den ganzen Weg gehen oder aufhören.“
„Es tut mir leid, dass ich mich dir widersetzt habe“, flüsterte sie.
Wieder traten Tränen in ihre Augen. Er küsste ihren Hals, berührte ihre Augenlider mit den Lippen und schmeckte ihre Tränen.
Dann stieß er in sie hinein. Sie war unfähig zu sprechen. Der Druck verringerte sich, und das Gefühl, das sie jetzt hatte, ähnelte nichts, was sie je empfunden hatte – ein Gefühl kompletter Fülle und Durchdrungenheit, als seien zwei Menschen durch ein geschlechtliches Band miteinander verbunden, eine intensive Verschmelzung, deren Energie unfassbar war.
Er lächelte, und sie fand, dass er toll aussah mit seinem strammen, gebräunten, muskulösen Körper. Und sie dachte, dass er ihr gehörte – oder eher sie ihm –, und Stolz ergriff sie …
„Ich werde alles tun, was du möchtest“, sagte sie leise.
Sie wusste: Jakobs Berührungen waren jetzt unauslöschliche Erinnerungen. Und Dr. Ansgar wusste es auch, doch er würde schweigen wie ein Grab.
Sie musste lernen, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Sie hatte Jakobs Berührungen genossen, obwohl es nicht sein durfte. Sie dachte an all das Unbekannte in ihrem Leben: an die Wahrheit ihrer im Verborgenen liegenden Wünsche, die durch Jakob geweckt worden waren, an das Ziel ihrer Reise, die sie mit diesem Mann, dem sie hörig gewesen war, unternommen hatte. Sie hatte ihn so sehr gewollt, und doch …
Überzeugt, dass ihre Tochter in dieser Nacht gezeugt worden war, wollte sie dieses Wissen mit niemandem teilen. Sie musste ihr Kind schützen. Sie war sicher, dass man sie, was das Resultat des Gentests betraf, belogen hatte. Vielleicht, weil man sie schützen wollte. Max durfte jedenfalls niemals erfahren, dass Katharina nicht seine Tochter war. Niemals! Und ebenso wenig durfte er erfahren, dass sie nicht die war, die sie vorgab zu sein.
***
Zehn Wochen später saß sie an einem Nachmittag in Dr. Ansgars Praxis. Er hatte einen Kaffee kommen lassen. Mehrmals fragte er sie, ob sie müde sei und lieber aufhören wolle, doch die seltsame Mattigkeit, die sie so lange Zeit befallen hatte, war verschwunden. Bis auf die Angst, die immer noch in ihr lauerte, fühlte sie sich frisch und brannte darauf, sich an möglichst viel zu erinnern. Sie sprachen über ihre Kindheit, über Max und Katharina. Sie hatte das Gefühl, als würde in ihrem Bauch ein kleiner Vogel Purzelbäume schlagen.
Sie war glücklich, endlich wieder glücklich.
„Ich kann Sie jetzt mit ruhigem Gewissen entlassen, Anna. Sie haben keine posthypnotischen Suggestionen mehr. Aber ich will ehrlich zu Ihnen sein. Nach dem, was Sie durchgemacht haben, wird es noch einige
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