EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)
Heptnas Abdomen. Das Blut hatte man zuvor bereits abgespült. Deutlich sah man die blass rosafarbenen Wundränder.
„Irgendwelche verwertbaren Spuren?“, fragte van Cleef.
„Wir haben ein paar Fasern sichergestellt. Und am Rand der Schnittwunde klebte ein Haar.“
Van Cleef sah auf. „Vom Opfer?“
„Nein, viel kürzer. Und wieder hellblond. Michail und Andrej hatten graues und schwarzes Haar. Wir haben bereits Haarproben von allen Personen angefordert, die mit der Leiche in Berührung gekommen sind.“ Veronika lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Wunde. „Was wir hier sehen, ist ein Transversalschnitt. Die Chirurgen sprechen von einer Maylard-Inzision. Die Bauchdecke wurde Schicht für Schicht durchschnitten. Zuerst die Haut, dann die Oberflächenfaszie, dann der Muskel und schließlich das Bauchfell.“
„Warum?“
„Das kann ich dir nicht sagen. Aber … ich habe etwas gefunden. Dieselben blonden Haare steckten in der Bauchhöhle.“
Van Cleef wurde übel. „Du meinst …?“
„Richtig. Dein Täter hat die Bauchhöhle geöffnet und dann die Gedärme entfernt. Danach hat er seinen Kopf hineingesteckt. Wir haben mindestens fünfzig bis siebzig kurze blonde Haare gefunden.“
„Mein Gott.“
„Bei Andrej Heptna wies der Halsschnitt einige Zacken auf, die auf ein Zögern oder Unsicherheit hindeuteten. Davon ist hier nichts zu erkennen. Siehst du, wie sauber die Haut hier durchschnitten wurde? Es gibt keinerlei Zacken. Er wusste genau, was er zu tun hatte.“ Veronika sah van Cleef direkt in die Augen. „Unser Täter hat entweder dazugelernt, oder er wollte hier besonders sorgfältig vorgehen und hat seine Technik verbessert.“
„Falls es sich um denselben Täter handelt“, bemerkte van Cleef.
„Ganz sicher. Die Hautpartikel unter den Fingernägeln von Michail Heptna stimmen mit der DNA überein, die wir bei Andrej Heptna sicherstellen konnten.“
Van Cleef nickte.
„Das blonde Haar weist ebenfalls dieselbe DNA auf. Aber es gibt noch weitere Übereinstimmungen. Siehst du die rechtwinklige Form des Wundrands an diesem Ende? Das ist ein Hinweis darauf, dass er von rechts nach links geschnitten hat. Wie bei Andrej. Die Klinge, mit der ihm diese Wunde beigebracht wurde, ist einschneidig und glatt wie die bei Andrej verwendete.“
„Ein Skalpell?“
„Die Details passen auf ein Skalpell. Der saubere Schnitt verrät mir, dass die Klinge sich in der Wunde nicht gedreht hat. Das Opfer war entweder bewusstlos oder so fest angebunden, dass es sich nicht rühren oder Widerstand leisten konnte. Es war ihm nicht möglich, die Klinge von ihrer geraden Schnittlinie abzubringen.“
„Gab es prämortale Blutungen?“, fragte van Cleef.
„In der Beckenhöhle hatte sich Blut angesammelt. Das bedeutet, dass sein Herz noch gearbeitet hat. Wie Andrej war auch Michail Heptna noch am Leben, als diese äh… Operation durchgeführt wurde.“
Benedikt van Cleef betrachtete die Handgelenke mit den ringförmigen Blutergüssen. Ähnliche Male fanden sich an beiden Fußgelenken, ebenso waren punktförmige subkutane Hautblutungen zu erkennen, die sich über seine Hüften zogen. Offensichtlich hatte sich Michail Heptna gegen die Fesseln gesträubt.
„Es gibt noch weitere Anzeichen dafür, dass er am Leben war, während ihm der Schnitt beigebracht wurde“, sagte Veronika. „Leg deine Hand in die Wunde, Benedikt.“
Widerstrebend steckte er seine behandschuhte Hand hinein. Das Fleisch fühlte sich kalt an; es war mehrere Stunden im Kühlraum aufbewahrt worden. Es erinnerte ihn an das Gefühl, wenn man in einen Truthahn griff und nach dem Beutel mit den Innereien tastete. Er schob die Hand bis zum Handgelenk hinein und befühlte mit den Fingern die Ränder der Wunde.
„Was ist das für ein Ding, das ich hier ertaste? Dieser harte, kleine Knoten auf der linken Seite?“, fragte er und zog die Hand wieder heraus.
„Das ist Nahtmaterial. Er hat es benutzt, um die Blutgefäße abzubinden.“
Van Cleef hob verblüfft die Augenbrauen. „Der Täter muss blutverschmiert gewesen sein. Warum steckt jemand seinen Kopf in die Bauchhöhle eines anderen?“
„Das erinnert mich an die Mythologie. Komm, ich lade dich auf einen Kaffee ein.“
„Ein Cognac wäre mir jetzt lieber.“
Veronika lachte. „Kannst du auch haben.“
Van Cleef zog sich vom Seziertisch zurück und wartete, bis Veronika ihre Handschuhe abgestreift hatte. Dann gingen sie in ihr Büro.
„Setz dich doch“, sagte sie und warf die
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