Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiskalter Wahnsinn

Eiskalter Wahnsinn

Titel: Eiskalter Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
Vom Netzwerk:
dann aber, dass sie annahm, er kenne ihn. Herrje, er sollte ihn wirklich kennen. Wenn er sie beeindrucken wollte, war jetzt der geeignete Moment. Zum Teufel, wie hieß er noch? Sie half ihm nicht. War das ein Test? Er streifte sie mit einem Blick und stellte fest, dass sie wieder gedankenverloren in die andere Richtung schaute, als suche sie die Antworten auf ihre Fragen in den Gemälden an der Wand. Deshalb blieb ihr Tullys brillanter Geistesblitz leider verborgen, als er Pablo eintippte.
    „Nein, Pablo funktioniert auch nicht“, erklärte er ein wenig zu stolz für jemanden, der soeben das falsche Passwort eingegeben hatte. Er wartete, schaute kurz zu ihr hin und wartete weiter. Schließlich stand er auf, streckte den Rücken und war nun um einiges größer als Gwen Patterson.
    „Ich weiß, was es ist“, sagte sie plötzlich, ohne den Blick von einem Bild zu wenden, das nach dem blässlichen Selbstporträt einer Magersüchtigen aussah, eine Nackte mit einem Metallrahmen, der sie direkt unter den ausgestreckten Brüsten abschnitt. „Versuchen Sie Dora Maar.“ Sie buchstabierte den Namen, während er ihn langsam eintippte.
    „Bingo.“ Tully sah zu, wie das AOL-Programm aktiv wurde. Sie haben eine Mail. „Woher wussten Sie das?“
    „Nach dem Brustkrebs begann Joan, ihre Gemälde mit Dora Maar zu signieren. Eine komplizierte Geschichte. Sie ist kompliziert. Das Bild da erinnerte mich daran.“
    „Warum Dora Maar?“
    „Dora Maar war Picassos Geliebte.“
    Tully schüttelte den Kopf und raunte: „Künstler.“ Er klickte auf „Neue Mail“. Seit Samstag, dem Tag, an dem Joan Begley offenbar verschwand, war keine mehr geöffnet worden. Er klickte auf „Alte Mail“, und eine E-Mail-Adresse fiel besonders auf, weil sie oft auftauchte, manchmal zweimal täglich, jedoch nur bis zu Joans Verschwinden.
    „Das hier könnte hilfreich sein“, sagte er, als er eine E-Mail aus der Liste der alten Mails öffnete. „Sie hat eine Menge Mails von der Adresse [email protected] erhalten. Haben Sie eine Ahnung, wer das sein könnte?“
    „Maggie und ich hatten gehofft, dass Sie das herausfinden.“

36. KAPITEL
    Joan war es übel.
    Sie war ausgehungert gewesen und hatte den Imbiss, den er ihr brachte, geradezu verschlungen. Vielleicht rebellierte ihr Magen, weil sie zu schnell gegessen hatte. Sie schämte sich ihrer Esslust. Sonny hielt sie hier gefangen, womöglich in der Absicht, ihr doch noch irgendwann die Schilddrüse herauszuschneiden, und sie konnte es nicht erwarten, ein Käsesandwich und Kartoffelchips hinunterzuschlingen. Leider hatte sie immer Trost im Essen gesucht. Warum sollte das in dieser Situation anders sein?
    Ihre Hand- und Fußgelenke brannten, weil sie die ganze Nacht versucht hatte, sich aus ihren Fesseln zu befreien. Ihre Kehle war rau und die Stimme fast weg vom vielen Hilferufen. Wo war sie bloß, dass niemand sie hörte? Falls Sonny sie nicht umbrachte, würde man sie dann jemals entdecken? Wahrscheinlich suchte niemand nach ihr. Wie pathetisch. Pathetisch, aber wahr, niemand würde sie vermissen, wenn sie verschwand, weil es niemandem auffallen würde. All die harte Arbeit und der Gewichtsverlust, um gut auszusehen – und wofür? Am Ende war sie trotzdem allein.
    Dass sie ihr Übergewicht verlieren und trotzdem nicht glücklich sein würde, war die ganze Zeit ihre größte Sorge gewesen. Oh, sie hatte versucht, Beziehungen einzugehen. Immer wieder hatte sie es versucht und gehofft, dass es beim nächsten Mann besser wurde. Sie hatte viele Männer kennen gelernt und von jedem erwartet, dass er ihr das Gefühl gab, etwas Besonderes zu sein. Und nach jeder enttäuschenden Bekanntschaft hatte sie sich um so leerer und elender gefühlt.
    Genau davor hatte Dr. P. gewarnt: Sie werden vielleicht so attraktiv sein, dass Männer nur so auf Sie fliegen, aber was nützt das, wenn die Leere im Herzen bleibt? Nicht ihr Aussehen sei wichtig, sondern der Respekt vor sich selbst und das Entwickeln der eigenen Persönlichkeit.
    Wie sie das verabscheute, wenn Dr. P Recht hatte. Ja, sie war immer noch unglücklich, aber mit dem Unterschied, dass sie nun nicht mehr ihr Übergewicht dafür verantwortlich machen konnte, das Entschuldigung für sämtliche Fehlschläge gewesen war. Wenn Männer sie nicht anziehend fanden, lag es an ihrem Übergewicht. Wenn sie keine Freunde hatte, ebenfalls. Wenn der berufliche Erfolg ausblieb, lag es nur daran, dass niemand eine fette Künstlerin unter Vertrag nahm.
    Seit ihren

Weitere Kostenlose Bücher