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Eiskalter Wahnsinn

Eiskalter Wahnsinn

Titel: Eiskalter Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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Nudeln. Die kam zwar nur aus der Dose – etwas anderes hatte er nicht –, aber sie roch gut, auch nachdem er die Kristalle in ihr aufgelöst hatte. Die winzigen Überreste würde sie nicht bemerken. Erst recht nicht, nachdem er Salzcracker hineingegeben hatte.
    Er stellte die kleine Flasche wieder in Mutters Geheimfach hinter die Reihe selbst gemachter Hausmittel zurück, zu denen Melasse, Honig, Essig, Hustensirup sowie jede Menge Kinderaspirin gehörten. Die braune Flasche enthielt die magischen Kristalle, von denen sie behauptet hatte, sie machten ihn wieder gesund. Erst nachdem der Tod ihre Herrschaft über ihn gebrochen hatte, entdeckte er das wahre Etikett der braunen Flasche unter einem alten verblichenen Rezeptaufkleber. Auf dem echten Etikett stand in großen schwarzen Lettern: ARSEN. Er hatte die Flasche in der Hoffnung behalten, den Inhalt eines Tages gebrauchen zu können, um seinerseits Herrschaft über jemand auszuüben. Und er hatte Recht behalten.
    Er fand Joan am Fenster sitzend, genau wie er sie zurückgelassen hatte, die Fesseln am Stuhl befestigt. Sie blickte durch das gehärtete Glas in die Wälder hinaus. Er hatte dieses Spezialglas extra bestellt und selbst eingebaut. Dick und bruchsicher, gestattete es einen ungehinderten Blick hinaus und ließ Sonnenschein ein. Von draußen sah es wie eine spiegelnde Solarscheibe zur Wärmegewinnung aus. Das Glas lieferte ihm eine wunderbar sonnige, fröhliche Arbeitsatmosphäre, sorgte zugleich für Abgeschiedenheit und Ruhe und schützte seine Ausstellungsstücke.
    Joan blickte zu ihm auf, ohne die Hände zu bewegen. Er sah die roten Schwellungen an ihren Gelenken, weil sie wieder versucht hatte, die Fesseln loszuwerden. Dann entdeckte er die Kratzer und Dellen in den Armlehnen. Sie hatte das Holz ruiniert. Das hatte sie mit Absicht gemacht! Der Sessel seiner Mutter, ein Duncan Phyfe, den er selbst aufgepolstert hatte, und sie hatte ihn beschädigt, indem sie die Schnallen der Lederriemen ins Holz trieb!
    Zorn stieg in ihm auf, begleitet von bitterer Galle, die ihm den Magen umzudrehen drohte. Er schmeckte sie schon. Nein, nein, ihm durfte jetzt nicht schlecht werden. Er würde gar nicht an den Sessel denken. Keine Aufregung. Er konnte es sich nicht leisten, dass ihm schlecht wurde.
    Er stellte das Tablett neben sie auf den Tisch und vermied es, auf die Kratzer in den Armlehnen zu blicken.
    „Du musst hungrig sein“, sagte er und zog einen Hocker von der Arbeitsbank heran.
    „Ich fühle mich nicht besonders gut, Sonny“, erwiderte sie leise. „Warum tust du mir das an?“
    „Warum? Warum? Weil du hungrig sein musst“, sagte er in diesem einschmeichelnd fröhlichen Singsang, den er von seiner Mutter gelernt hatte. „Du hast zwar dein Sandwich aufgegessen, aber das ist Stunden her.“
    „Können wir uns nicht einfach eine Weile unterhalten?“ bat sie. Er fand, ihre Stimme klang weinerlich. Ihm war noch gar nicht aufgefallen, was für eine wimmernde Stimme sie hatte.
    Er nahm einen Löffel Suppe, hielt ihn ihr hin und wartete, dass sie den Mund öffnete.
    Sie starrte ihn reglos an.
    „Weit aufmachen“, forderte er sie auf.
    Sie sah ihn nur an.
    Er brachte den Löffel an ihren Mund und versuchte ihn zwischen ihre Lippen zu schieben. Sie presste die Lippen aufeinander und drehte so ruckartig den Kopf zur Seite, dass ihm der Löffel fast aus der Hand geschlagen wurde und die Suppe sich über seinen Hemdsärmel ergoss.
    Wieder schmeckte er bittere Galle. Oh nein, ihm durfte jetzt nicht schlecht werden. Er spürte, wie ihm der Kopf heiß wurde, trotzdem nahm er einen weiteren Löffel voll Suppe und hielt ihn ihr hin.
    „Komm schon, du musst essen.“
    Langsam drehte sie ihm wieder das Gesicht zu, die Miene voller Trotz. „Erst, wenn wir miteinander geredet haben.“
    „Schau, wir können das auf die leichte und auf die harte Tour machen“, erklärte er weiterhin einschmeichelnd trotz des Aufruhrs in seinem Magen. „Mach jetzt den Mund auf.“
    Er führte den Löffel wieder an ihre Lippen, doch diesmal konnte sie die gefesselte Hand so weit heben, um ihm einen Stoß gegen den Ellbogen zu versetzen. Die Suppe ergoss sich über seine Hose. Er würde sich umziehen müssen, ehe er zur Arbeit ging.
    Langsam stand er auf und ließ sich Zeit, die bekleckerten Hemdsärmel aufzurollen. Eine schwierige Aufgabe, da ihm die Hände zitterten und er sie ständig zu Fäusten ballen wollte. Er spürte die Verwandlung in sich, als stäche ihm ein glühendes Eisen

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