Eiskalter Wahnsinn
habe.“
Adam Bonzado zog Latexhandschuhe an und ein zweites Paar darüber. Dann setzte er Schutzbrille und Plastikschutz auf, nahm etwas, das aussah wie ein Schürhaken, und hob damit einen Topfdeckel ab. Sobald der Dampf sich setzte, fischte er mit einem übergroßen hölzernen Kochlöffel Fett und Fleischbrocken heraus, die er in einen bereitstehenden Plastikbeutel gab.
„Wir heben so viel Gewebe wie möglich auf“, erklärte er und hob geübt die Stimme, damit man ihn durch die Maske verstehen konnte. „Diese Beutel sind fantastisch“, fuhr er fort. „Sie sind so dick, dass wir sie erhitzen und versiegeln können. Luftdicht verpackt wandern die Teile dann in den Tiefkühler. Außerdem kann man die Beutel tiefgefroren in einen Kochtopf oder die Mikrowelle geben.“
Maggie dachte unwillkürlich, dass er sich anhörte wie jemand aus einer Kochshow.
„Das Periost braucht am längsten, um sich zu lösen“, erklärte er und hielt etwas hoch, das wie Knorpel aussah. „Tut mir Leid.“ Er sah sie über den Rand der Brille hinweg an. „Hoffentlich klingt das nicht herablassend. Wahrscheinlich wissen Sie das ja alles.“
„Nein, nein, fahren Sie nur fort. Bestimmt kann ich noch einiges lernen.“ Trotz ihrer vielen Aufenthalte in Labors, vor allem dem kriminaltechnischen des FBI von Keith Ganza, war sie noch nie in einem anthropologischen Labor gewesen. Schon gar nicht in einem, in dem auch noch unterrichtet wurde. Es faszinierte sie. Bonzados Enthusiasmus und Arbeitsstil waren alles andere als herablassend. Er schien nur begierig, sein Wissen weiterzugeben. Und seine Begeisterung steckte an.
„Wir versuchen, bis auf die Knochen alles abzulösen“, fuhr er fort, füllte einen weiteren Plastikbeutel und dann noch einen. „Gewöhnlich benutzen wir dazu irgendein Waschmittel. Ich bevorzuge Arm & Hammers Super Wash“, erklärte er und hielt die Packung wie für die Fernsehwerbung hoch. „Und dann das Ganze lange und vorsichtig köcheln lassen. Damit schafft man es meistens. Aber dieses Zeugs dauert ewig.“
„Die Knochenhaut?“
„Ja, richtig“, bestätigte er lächelnd, wieder so eine geübte Geste für Studenten. Aber ob geübt oder nicht, sein Lächeln wirkte stets echt, sogar für eine ausgebildete FBI-Agentin. „Ich erzähle meinen Studenten immer, dass es das zähe Zeugs ist, das einem beim Rippchenknabbern zwischen den Zähnen hängen bleibt, wenn man auf den Knochen kommt. Sie wissen, wovon ich rede?“
Maggie nickte nur.
„Das ist natürlich dann das Periost vom Schwein.“
Maggie belohnte ihn mit einem zustimmenden Lacheln, und das schien ihn zu freuen. Zugleich dachte sie, dass sie vermutlich nie wieder Rippchen essen würde. Erstaunlich, welche Kleinigkeiten ihr etwas ausmachten, wo doch wirklich scheußliche Dinge sie meist kalt ließen. Zum Beispiel aß sie bis heute nichts, was einmal im Kühlschrank von Keith Ganzas Labor gelegen hatte. Sie betrachtete es als gutes Zeichen, dass sie noch nicht so abgestumpft war, ein Tunfischsandwich zu essen, das sich eine Ablage mit menschlichem Gewebe geteilt hatte.
„Die anderen lasse ich noch kochen“, erklärte Bonzado, versiegelte die beiden gefüllten Beutel und durchquerte den Raum, um sie in den Tief kühler zu legen. Am Spülbecken blieb er stehen, zog die Handschuhe aus und wusch sich die Hände. Dann griff er nach einer kleinen Flasche, die Maggie als Vanilleextrakt identifizierte, gab etwas in die Hände und rieb es ein. Er wollte soeben Schutzbrille und Maske abnehmen, als er noch einmal zum Herd eilte, da einer der Töpfe überzukochen begann.
Er hob den Deckel an, rührte mit einem sauberen Kochlöffel um und schaltete die Flamme herunter. Geistesabwesend nahm er einen Löffel voll aus dem Topf, führte ihn an den Mund und pustete, ehe er das Undenkbare tat und kostete.
„Um Himmels willen, was tun Sie da?“
Er sah kurz zu ihr hin, dann zu Herd und Topf, und sein Gesicht lief vor Scham rot an. „Ach du liebe Zeit! Tut mir Leid, ich wollte Sie nicht erschrecken. Das hier ist nur mein Lunch.“
Aus ihrem Mienenspiel schloss er offenbar, dass sie nicht überzeugt war, deshalb holte er zum Beweis noch einen Löffel voll aus dem Topfund zeigte ihr den Inhalt, den sie als Mischung aus Karotten, grünen Bohnen und vielleicht einigen Kartoffeln identifizierte.
„Das ist wirklich nur Gemüsesuppe mit Fleisch.“ Er suchte auf der Arbeitsplatte und hielt schließlich die Dose hoch. „Sehen Sie? Nur Suppe. Campbeils … Hmm,
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