Eiskalter Wahnsinn
zu sitzen. Wie schrecklich zu wissen, dass so etwas passieren konnte. Sie mochte sich kaum vorstellen, welche Angst es auslöste, mit dem Wissen um die allmähliche Zerstörung des Gedächtnisses zu leben. Sogar das Grundwissen ging verloren, bis keinerlei Gedächtnisleistung mehr möglich war.
Ihre Gedanken schweiften ab und landeten bei Patrick. Sie fragte sich, ob er etwas über ihren gemeinsamen Vater wusste.
Ihre Kindheitserinnerungen an den Tod des Vaters und das Aufwachsen mit der alkoholkranken, selbstmordgefährdeten Mutter empfand sie vor allem als Belastung, auf die sie gerne verzichtet hätte. Als sie sich jedoch vorhin auch an die guten Dinge erinnert hatte, war ihr klar geworden, dass sie sich etwas vormachte. Vielleicht war sie ein bisschen wie Luc in ihrer Unfähigkeit, das wirklich Wichtige im Gedächtnis zu behalten. Sie erinnerte sich vor allem an das Belastende, dabei hätte sie durchaus eine andere Wahl.
Ihr Blick schweifte zum Nachtlicht, und sie nahm sich vor, Luc morgen Zeitschaltuhren für alle Lampen im Haus zu kaufen. Dazu noch Sparleuchten mit längerer Lebensdauer. Vielleicht spendierte sie ihm auch noch ein, zwei neue Lampen. Sie konnte nicht verhindern, dass er eines Tages vielleicht nicht mehr wusste, wie man Lampen einschaltete, aber sie konnte dafür sorgen, dass er keinesfalls im Dunkeln saß.
Sie hörte ihn die Treppe herunterkommen und setzte sich auf. Ehe er den unteren Treppenabsatz erreichte, sah sie bereits seinen lang gezogenen Schatten. Luc trug etwas über der Schulter, und der kleine Terrier folgte ihm auf den Fersen.
Ach du liebe Zeit. Schlafwandelte er etwa? Maggie versuchte sich zu erinnern, ob man Schlafwandler nun aufwecken sollte oder nicht.
Als Luc um die Ecke bog, erkannte sie, dass er den Baseballschläger schlagbereit erhoben hielt. Instinktiv streckte sie den Arm aus und riss ihre Smith & Wesson aus dem Holster. Unterdessen bedeutete Luc ihr mit einem Finger an den Lippen, leise zu sein und flüsterte: „Da draußen ist jemand.“
Maggie war überzeugt, dass der alte Mann schlafwandelte oder sich als Folge des aufregenden Tages etwas einbildete. Bis sie am Vorderfenster die Silhouette eines Mannes vorbeigehen sah.
Sie gab Luc mit erhobener Hand ein Zeichen zurückzubleiben und winkte ihn vom Fenster fort. Der Terrier knurrte, blieb aber nah bei seinem Herrn.
Maggie ging zur Haustür, die schussbereite Waffe nah am Körper. Langsam schloss sie vorsichtig auf und vergewisserte sich mit einem raschen Blick zu Luc, dass er sich nicht in der Schusslinie befand. Sie riss die Tür auf und hielt dem Schatten die Smith & Wesson unter die Nase, als der soeben in den Lichtkegel der Verandabeleuchtung trat.
„Mein Gott, Bonzado, was zum Teufel machen Sie denn hier?“
51. KAPITEL
Maggie erschreckte ihn so sehr, dass er einen Einkaufsbeutel fallen ließ und die Lebensmittel über den Holzboden kullerten.
„Ich dachte, Sie beide wären noch nicht zu Bett gegangen. Ich fürchte, ich habe nicht bemerkt, wie spät es ist. Habe ich Sie geweckt?“
„Sie haben uns zu Tode erschreckt. Was zum Geier tun Sie hier?“
Maggie sah ihn Kästchen und Dosen aufsammeln. Aus Sorge, Luc könnte wieder geistig abgeschaltet haben, warf sie ihm einen kurzen Blick zu. Luc stand dort, den Schläger in der Hand, und starrte Bonzado an, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er zuschlagen sollte oder nicht.
„Es ist okay, Luc“, sagte sie. „Es ist Professor Bonzado. Erinnern Sie sich? Er war heute Nachmittag schon hier.“
„Warum ist er zurückgekommen?“ wollte Luc wissen. „Warum schleicht der hier im Dunkeln herum?
„Gute Frage“, erwiderte sie und wandte sich wieder dem Professor zu.
Der blickte auf Händen und Knien zu ihr auf und angelte einige Dosen unter der Schaukel hervor. „Ich bin nicht im Dunkeln herumgeschlichen. Ich bin nur zur Tür gegangen. Und ehe ich klopfen konnte, haben Sie mir die Waffe ins Gesicht gerammt.“
„Was tun Sie hier, Adam?“ fragte sie erneut.
„Mir war aufgefallen, dass Mr. Racine nicht allzu viel in seinem Kühlschrank hatte. Und da dachte ich mir, ich bringe ihm ein paar Vorräte. Ich habe wirklich nicht geglaubt, dass Sie schon schlafen. Es ist noch nicht mal zehn. Und …“ Er richtete sich auf, öffnete einen zweiten Beutel und holte ein weißes Kästchen heraus. „Und ich wollte Ihnen ein Dessert mitbringen, weil unser Dinner ja nun ins Wasser gefallen ist.“
„Sie hätten wirklich vorher anrufen sollen.“ Man
Weitere Kostenlose Bücher