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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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herum.«
    Wir durchquerten eine dunkle Passage, die durch ein schmuckloses, altrosa gestrichenes Fünfziger-Jahre-Haus in den Hinterhof führte, in dem einige Autos parkten. Rodenkirch schloss mit gemessenen Bewegungen eine hässliche verglaste Tür auf, machte Licht. Innen war es kühl und kahl. Er verschloss die Eingangstür sorgfältig hinter mir und führte mich eine breite Steintreppe hinab in den Keller. Es ging noch durch zwei weitere Türen, und der Leichengeruch oder das, was ich dafür hielt, wurde mit jedem Schritt bedrängender.
    Â»So«, sagte er endlich befriedigt, »da wären wir. Hier liegen sie, meine lieben Patienten.«
    Neonlicht flackerte surrend auf. In dem langgestreckten und bis an die Decke weiß gekachelten Raum war es nicht kühl, sondern eisig kalt. Mehrere Tische standen parallel nebeneinander, auf denen sich unter weißen Tüchern deutlich erkennbar menschliche Körper abzeichneten. Ich musste schlucken.
    Als Kripochef ist man den Anblick von Leichen nicht mehr gewohnt.
    Â»Ich erkläre Ihnen vielleicht zunächst, was hier gemacht wird.« Rodenkirch trat an einen der hinteren Tische und legte seine rechte Hand auf den Rand der Edelstahl-Platte. »Wir bekommen die sterblichen Überreste unserer armen Patienten herein, nachdem der Arzt den Totenschein ausgestellt hat. So war es auch in diesem tragischen Fall hier. Hier hat der Arzt als Todesursache Unfall angekreuzt, Ihre Untergebenen haben selbstverständlich alles genauestens überprüft und jegliches Fremdverschulden ausgeschlossen. Somit war der Leichnam offiziell frei zur Bestattung. Meine Aufgabe ist es nun, den Verblichenen für den letzten Festakt ein würdiges Aussehen zu verleihen. Das ist nicht immer ganz leicht und auch nicht immer angenehm, wie Sie sich denken können.«
    Â»Ja, das kann ich durchaus.« Meine Laune war im Lauf des Nachmittags nicht besser geworden. Ich musste schon wieder schlucken.
    Â»In diesem Fall hier war das Prozedere leider besondersunappetitlich. Man hat ja leider des Öfteren mit Hingeschiedenen zu tun, die nicht sonderlich hübsch aussehen. Denken Sie nur an Autounfälle, zum Beispiel. Das Schlimmste, was ich während meiner Laufbahn bisher gesehen habe, war eine Frau, eine Bäuerin, die in irgendeine Maschine geraten war. Aber das dürfte jetzt vielleicht ohne Belang sein. Wenigstens ist in solchen Fällen üblicherweise noch alles dran, beziehungsweise es wird mitgeliefert. Ich will sagen, man muss alles lediglich wieder richtig zusammenfügen. So gut es eben geht. Wir hier in Mitteleuropa betten unsere Toten ja glücklicherweise bekleidet zur letzten Ruhe.«
    Warum hatte ich Idiot nicht Balke geschickt? Oder Runkel? Oder sonst irgendjemanden, Herrgott!
    Â»Wenn wir vielleicht langsam zum Punkt kommen könnten.« Ich vermied es, die weißen Tücher anzusehen.
    Â»Das Fatale ist, dass dieser Patient, dem Herrn sei es geklagt, leider über und über mit Blut besudelt war. Aus diesem Grund ist das, was ich Ihnen gerne zeigen möchte, leider weder Ihren Mitarbeitern noch dem Arzt ins Auge gefallen.«
    Rodenkirch griff nach einem Zipfel des weißen Tuchs. Ich sah nicht hin.
    Â»Eines muss ich Ihren Mitarbeitern nämlich zugute halten: Auch ich habe es erst entdeckt, nachdem ich den Leichnam gründlich gesäubert hatte.«
    Â»Ich habe leider nicht allzu viel Zeit …«, sagte ich durch die Zähne.
    Er warf das Tuch mit elegantem Schwung zurück. Der Körper darunter war knochig, eingefallen, weiß, fast wie Porzellan, und sehr stark behaart.
    Â»Dies ist es, worauf ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte.« Rodenkirch deutete irgendwohin. »Das ist doch ganz eindeutig eine Stichwunde, oder was denken Sie?«
    Ich sah gar nichts, und ich sagte nichts. Gnädig warf er das Tuch wieder über seine zusammengefügte Leiche.
    Â»Wie auch immer«, fuhr er leicht gekränkt fort. »Ich jedenfalls bin mir meiner Sache sicher. Wir haben es hier eindeutig mit einem Stichkanal zu tun. Ich kann es Ihnen gerne demonstrieren, falls Sie Wert darauf legen.«
    Â»Danke, ich lege keinen Wert darauf.« Ich hob beide Hände. »Ich glaube Ihnen aufs Wort.«
    Â»Der Hund ist wohl erst später über ihn hergefallen«, fuhr Rodenkirch nachdenklich fort. »Als sein armes Herrchen bereits tot am Boden lag. Den Hund trifft keine Schuld. Weil er nichts mehr

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