Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)
Lausbubenlächeln keine Kälte gegenüber Verletzten oder Toten verriet. Kari Niemis kaum begreiflicher Lebensoptimismus konnte offensichtlich durch nichts erschüttert werden.
»Ich habe erst angefangen«, sagte Niemi, während er Ketola die Hand reichte. »Ist ja ganz schön was los im Moment, ungewöhnlich.« Ketola verzog das Gesicht.
Niemi wandte sich Joentaa zu.
»Hallo Kimmo, ich dachte, du hättest noch Urlaub.«
»Nicht mehr«, sagte Joentaa.
Niemi schüttelte seine Hand, lächelte.
»Wie geht es deiner Frau?«
Joentaa atmete durch. »Sie ist gestorben, Montagnacht.«
Er nahm eine Änderung in Niemis Gesicht wahr, ohne sie genau greifen zu können. Er sah immer noch das Lausbubenlächeln, aber es lag wie im Schatten und fror langsam ein. Niemis Hand löste sich aus seiner. »Das tut mir leid, Kimmo«, sagte Niemi und tat etwas, das Joentaa vollkommen verblüffte. Er umarmte ihn. »Es tut mir sehr leid«, sagte er noch einmal.
Ketola räusperte sich und schien peinlich berührt zu sein. »Gibt es schon irgendwas?«, fragte er, offensichtlich bemüht, das Thema zu wechseln.
»Wie gesagt, wir haben gerade angefangen. Geben Sie mir eine halbe Stunde, dann kann ich Ihnen mehr sagen.«
Ketola nickte, und Niemi wandte sich ab. Joentaa trat an das breite Bett heran, in dem die tote Frau lag. Ein Polizeifotograf, den er nicht kannte, schoss Fotos aus verschiedenen Blickwinkeln.
Die Frau sah aus, als schlafe sie, wie Sanna.
Ketola drängte ihn zur Seite und beugte sich über die Leiche. Er schien nichts Interessantes zu finden und wandte sich an Joentaa. »Ich möchte mit dem Ehemann sprechen.« Er ging voran Richtung Wohnzimmer. Im Flur kam ihnen ein besorgter Polizist entgegen. »Der Mann scheint … etwas nervös zu werden«, sagte er.
»Was soll das heißen?«, fragte Ketola.
Der Polizist wollte antworten, zuckte dann aber nur hilflos mit den Schultern. Ketola ließ ihn stehen und beschleunigte seine Schritte.
Der Mann im eleganten Mantel, der bei ihrer Ankunft apathisch geradeausgestarrt hatte, ging jetzt unruhig auf und ab und beschimpfte einen uniformierten Polizisten, der offensichtlich überfordert im Türrahmen stand. Ketola drängte sich an ihm vorbei und ging auf den Mann zu.
»Herr Ojaranta?«, begann er und streckte ihm die Hand entgegen.
»Sind Sie hier zuständig?«, fragte der Mann. Seine Stimme bebte. Joentaa fiel auf, dass er sehr groß war.
»Ich leite die Ermittlungen, ja. Herr Ojaranta, es tut mir …«
»Den Schmus können Sie sich sparen. Ich würde gern wissen, was das hier für eine Scheiße ist!«
Ketola stand mit offenem Mund da. Er wollte neu ansetzen, aber Ojaranta polterte weiter.
»Ich würde gern wissen, was hier los ist, verstehen Sie!?« Sein Gesicht lief rot an. »Ich komme hier rein, und meine Frau ist tot, verstehen Sie! Nein, das verstehen Sie nicht, weil diese Scheiße nicht zu verstehen ist, kapiert!?«
Ketola trat einen Schritt zurück und fragte Joentaa, ob Laukkanen noch da sei. »Ich fürchte, nein«, sagte Joentaa. Ketola nickte, ging aber dennoch, um sich zu erkundigen. Ojaranta hatte sich inzwischen auf das Sofa fallen lassen und wimmerte leise vor sich hin.
Joentaa war gegen seinen Willen gefesselt von der Situation, und er war überrascht, wie leicht es ihm fiel, das Verhalten des Mannes zu deuten, der begriffen hatte, dass seine Frau nicht mehr lebte, aber noch nicht in der Lage war, die Nachricht zu verarbeiten.
»Wie gehabt, wenn man sie braucht, sind sie nicht da. Der Herr Doktor ist schon gegangen«, sagte Ketola, der plötzlich wieder neben Joentaa stand. Joentaa zuckte zusammen und registrierte, dass er begonnen hatte, die Verzweiflung Ojarantas gierig einzuatmen in der Hoffnung, seine eigene zu betäuben.
Ketola setzte sich in einen Sessel, der dem Sofa gegenüberstand, Joentaa blieb seitlich stehen. »Herr Ojaranta«, sagte Ketola ganz sanft mit einer Stimme, die nicht ihm gehörte. »Ich verstehe Ihren Schmerz, aber wir benötigen Ihre Hilfe …«
»Sie verstehen gar nichts«, sagte Ojaranta. Joentaa erinnerte sich, am Morgen genau dasselbe gesagt zu haben, als Ketola sein Verständnis bekundet hatte.
Während sich Ketola zunehmend ungeduldiger bemühte, zu Ojaranta durchzudringen, versuchte Joentaa, sich ein Bild zu machen. Der so stark, hünenhaft wirkende Mann war nach dem Wutausbruch in sich zusammengefallen. Er ist es nicht gewohnt, von einer Situation überwältigt zu werden, dachte er.
»Sie kamen heute von einer Reise
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