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Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Titel: Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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Fälle von selbst erledigen würden. Die geplante Besprechung zu den beiden Morden wurde wegen einiger Fernsehinterviews zunächst verschoben und geriet schließlich ganz in Vergessenheit.
    Grönholm freute sich in seiner derben Gelassenheit über die Lobrede, die Nurmela auf ihn anstimmte.
    Ketola ging früh nach Hause. »Ja, mach mal frei, hast du verdient«, sagte Nurmela, den offensichtlich nicht beunruhigte, dass die Motive der Attentäterin im Dunkeln lagen.
    Joentaa und Heinonen bemühten sich den ganzen Nachmittag, zu der Frau durchzudringen, ohne Erfolg. Sie sagte, Sami Järvi sei ein schlechter Mensch. Sie habe etwas gegen ihn unternehmen müssen.
    Grönholm hatte erste Gespräche mit Nachbarn der Frau geführt, die wenig zutage gefördert hatten. Sie hieß Mari Räsänen. Sie lebte sehr zurückgezogen mit ihrer Mutter. Niemand schien sich sonderlich für die beiden interessiert zu haben. Die Mutter der Attentäterin war noch nicht aufgetaucht.
    Grönholm berichtete, dass die Dreizimmerwohnung der beiden Frauen vollgestellt sei mit Grünpflanzen und Blumen. Er deutete mit dem Zeigefinger an seine Stirn und sagte, die Frau sei »einfach durchgeknallt«.
    Joentaa sah ihn an und fragte sich, warum Grönholm das Ganze so leichtnahm. Warum alle es normal fanden, dass diese Frau einen Politiker angeschossen hatte. Alle bis auf Ketola, der entnervt nach Hause gefahren war, lange vor Dienstschluss, zum ersten Mal, seit Joentaa mit ihm zusammenarbeitete.
    Heinonen saß der Frau gegenüber und stellte geduldig Fragen. Joentaa stand am Rand des Raumes und beobachtete Mari Räsänen, die mit schwacher, zittriger Stimme Antworten flüsterte. Manchmal lächelte sie entrückt, als sei sie in einer anderen Welt. Für einen Moment dachte Joentaa an den jungen Klavierspieler im Café des Handwerksmuseums.
    Heinonen erfuhr, dass Mari Räsänen 42 Jahre alt war, dass ihre Mutter in einer Wäscherei arbeitete, obwohl sie auf die 70 zuging, und dass Sami Järvi ihnen Geld wegnehmen wollte. »Ich musste etwas gegen ihn unternehmen«, sagte sie.
    Am frühen Abend verlor Heinonen die Geduld.
    »Ich kann nicht mehr«, sagte er, als sie auf dem Flur standen.
    Joentaa nickte und sagte, er werde noch eine Weile allein weitermachen. Er blieb unschlüssig stehen, nachdem Heinonen gegangen war. Er betrachtete die Frau durch das breite Fenster. Sie saß ruhig auf ihrem Stuhl und murmelte vor sich hin. Ab und zu schüttelte sie entschieden und ruckartig den Kopf.
    Joentaa ging zurück. Er setzte sich der Frau gegenüber und schaltete das Aufnahmegerät wieder ein. Er versuchte, Blickkontakt herzustellen, aber die Frau sah an ihm vorbei.
    »Was haben Sie gedacht, als Sie am Marktplatz auf Herrn Järvi zugingen?«, fragte er. Die Frau antwortete nicht, aber sie wandte ihren Blick in seine Richtung.
    »Können Sie sich an den Moment erinnern, in dem Sie auf ihn schossen?«
    Die Frau sah ihn nur an.
    »Haben Sie gesehen, wie er zu Boden fiel?«
    Die Frau starrte ihn an.
    Joentaa begriff seine eigenen Fragen nicht.
    Die Frau erkundigte sich leise, warum ihre Mutter noch nicht gekommen sei.
    Joentaa fuhr nach Hause. In der Innenstadt stand er im Berufsverkehr. Er hatte kürzlich gelesen, dass kein Ort in Finnland so stark durch Abgase belastet sei wie der Aninkaistenkatu, die breite Straße, die durch Turku führte. Andererseits gab es vermutlich auch kaum ein zweites Land, das so wenige größere Städte und so viele Bäume und Seen besaß.
    Er war erleichtert, als er die Stadt hinter sich ließ. Er schaltete das Radio ein und hörte seichte Musik, die ihm nicht gefiel, aber er ließ sie laufen.
    Er parkte den Wagen im Schatten des Apfelbaumes und sah auf das Haus, das in der Abendsonne lag und nicht mehr sein Zuhause war.
    Er dachte, dass er ohne Sanna kein Zuhause haben würde.
    Er erinnerte sich an das Lächeln des Maklers, der Sanna Komplimente gemacht hatte.
    Er erinnerte sich an Sannas Lachen.
    Er stieg aus. Während er auf das Haus zuging, spürte er wieder den Impuls wegzurennen. Er spürte den Impuls und hatte gleichzeitig Angst davor.
    Er stellte sich vor, zu rennen und ins Nichts zu stürzen.
    Er schloss widerwillig die Tür auf und trat in den Flur.
    Er hoffte, dass Jussi und Merja nicht da waren. Er hoffte, dass sie einfach gegangen waren und nie mehr zurückkamen.
    Er wollte ihren Schmerz nicht sehen, der ihm vergegenwärtigte, dass Sanna nicht mehr lebte.
    Er stellte sich vor, dass Sanna leben könnte, solange er ihren Tod

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