Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)
der Höhe des Geschehens zu sein, die Welt zu begreifen. Danach Sport. Ausschnitte aus der Eishockeyliga. TPS Turku hatte in Hämeenlinna verloren, aber wen störte das schon in der Vorrunde. Die Vorrundenspiele waren völlig belanglos, er hatte noch nie begriffen, wie man auf die Idee kommen konnte, sich ein Vorrundenspiel im Stadion anzusehen. Mit Laura war er ab und zu bei Play-off-Spielen gewesen, Laura war sehr sportlich gewesen, er in dieser Hinsicht wohl eher träge. Wenn man so groß sei wie er, müsse man sich über die Figur eben keine Gedanken machen, hatte Laura gesagt, liebevoll. Sie war ganz stolz auf ihn gewesen, weil er im Gegensatz zu den Dickbäuchen in der Bekanntschaft sehr ansehnlich aussah.
Wenn Laura gewusst hätte, wie einfach es ihm gefallen war, am Telefon das Blaue vom Himmel herunterzulügen.
Wenn er so darüber nachdachte, war Laura eine außergewöhnliche Frau gewesen. Fast musste er lachen über die Idee des jungen Polizisten, Laura könnte einen Liebhaber gehabt haben. Dieser Gedanke war so unglaublich abwegig. So abwegig, dass selbst der Polizist, der Laura nur aus Zeugenaussagen kannte, nicht wirklich daran geglaubt hatte. Wenn er sich recht erinnerte, war sogar er selbst es gewesen, der dem Polizisten den Gedanken nahegelegt hatte.
Warum eigentlich?
Es beruhigte ihn, dass der Fernseher lief, es war angenehm, Stimmen zu hören, Bilder zu sehen. In den vergangenen Wochen war er häufig vor dem Fernseher eingeschlafen, es war ihm leichter gefallen, im Licht einzuschlafen, während um ihn herum etwas passierte, und so würde er es auch heute machen, aber erst den Rundgang.
Den Rundgang hatte er sich angewöhnt, auch der Rundgang beruhigte.
Er ging von Zimmer zu Zimmer und kontrollierte die Fenster, schloss die Türen. Während er die Treppe hinunter in den Keller ging, spürte er dieses allabendliche flaue Gefühl im Magen, aber wenn er recht fühlte, war es längst nicht mehr so stark wie in den ersten Tagen nach Lauras Tod.
Alles wurde langsam besser.
Er schloss alle Türen und nahm aus dem Weinkeller eine gute Flasche Rotwein. Während er die Stufen nach oben ging, spielte er mit dem Gedanken, nochmal Alisa anzurufen. Er hatte Lust dazu, Lust, ihre Stimme zu hören. Ihre Stimme war hell und lebhaft und jung, er erinnerte sich, einmal, ganz am Anfang, hatte er den Drang verspürt, sich zu befriedigen, während er mit ihr sprach.
Er hatte große Lust, sie anzurufen, aber er musste darüber nachdenken. Vermutlich schlief sie schon, und er wollte sie nicht verärgern. Sie war manchmal recht launisch. Er würde darüber nachdenken, während er im Sessel saß und Wein trank. Vorher würde er seinen Rundgang beenden. Der Rundgang endete immer mit dem zweifachen Schließen der Haustür.
Er ging auf die Tür zu, er sah sie schon schneeweiß und rechteckig am Ende des Korridors. Er hörte leise kreischende Stimmen, die aus dem Fernseher drangen, Explosionen, eine Krimiserie vermutlich.
Er ging auf die Tür zu.
In den Augenwinkeln sah er etwas, das ihn irritierte. Er sah es verzögert, es war nichts Wichtiges, etwas ganz Nebensächliches, aber es irritierte ihn, und er sah es an.
Er schrie.
Er schrie und spürte, wie seine Beine unter ihm nachgaben. Dann spürte er, dass er auf dem Boden lag, er tastete nach der Wand hinter sich. Er presste seinen Körper gegen die Wand und schrie, bis das Bild vor seinen Augen verschwamm, das hässliche Bild, das in der Nische hinter dem Kleiderschrank hing.
7
Daniel träumte.
Er fuhr auf einer breiten asphaltierten Straße in grelles Sonnenlicht. Links und rechts waren sandige Flächen wie in einer Wüste.
Er fuhr in einem Cabriolet mit offenem Verdeck.
Der Fahrtwind bog seinen Kopf nach hinten. Sand wirbelte ihm ins Gesicht. Er hielt an, um sich die Augen zu reiben.
Als er wieder klar sehen konnte, drehte er sich in alle Richtungen. Er war allein, aber weit hinter sich sah er einen Punkt, der blau flackernd auf ihn zukam, immer größer wurde, Gestalt annahm.
Ein Polizeiwagen.
Er erinnerte sich.
Er hatte einen Menschen getötet.
Er wusste nicht, wen. Er wusste nicht, was genau er getan hatte, wie und wo er den Mord begangen hatte, wieso er es getan hatte. Er wusste nur, dass er schuldig war und dass man ihn verfolgen würde, egal wohin er ging und was auch immer er zu seiner Rechtfertigung sagte.
Der Polizeiwagen kam näher. Er spürte Angst. Panische Angst vor den Lügen, die er gleich erzählen würde, vor der Reaktion des
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