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Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Titel: Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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… an dem sie ermordet wurde. Der Täter war hier … er hat alles so hergerichtet wie am Abend des Mordes, soweit es möglich war.«
    Daniel schwieg eine Weile, suchte nach Worten, dann schrie er in die Stille: »Aber was soll das? Was soll das bringen? Was ist das für ein Schwachsinn?«
    Joentaa schwieg. Er schwieg, weil er die Antwort nicht kannte. Aber die Antwort war wichtig, und er spürte, dass er nach ihr greifen konnte. Er sah, dass Daniel zitterte, er sah, wie er langsam zur Ruhe kam.
    »Entschuldigung«, sagte Daniel. »Ich möchte gehen … ich gehe runter zum Wagen.«
    Joentaa gab Daniel den Wagenschlüssel.
    »Ich möchte Sie bitten, auch unten zu warten«, sagte er zu der Inhaberin des Cafés, die reglos hinter Daniel auf der Schwelle der Wohnungstür stand.
    »Verstehen Sie, was ich sage?«, fragte Joentaa.
    Die Frau hob ruckartig den Kopf. »Natürlich«, sagte sie. »Ich bin unten im Café, wenn Sie mich brauchen.«
    »Danke«, sagte Joentaa und nahm sein Mobiltelefon aus der Jackentasche. Er wählte Ketolas Handy an.
    »Was ist?!«, blaffte Ketola nach wenigen Sekunden.
    »Hier ist Kimmo …«
    »Wo sind Sie? Wir warten.«
    »Ich bin bei Jaana Ilander … in ihrer Wohnung.«
    »Was soll das jetzt? Wissen Sie nicht, was hier bei Ojarantas passiert ist?«
    »Doch, Heinonen hat mir Bescheid gegeben … bei Jaana Ilander ist er auch gewesen …«
    »Wer?«
    »Er hat das Foto zurückgebracht, das wir vermisst haben. Jaana Ilander mit Fallschirm.«
    Ketola schwieg.
    »Er hat ein Szenario arrangiert, das an den Abend des Mordes erinnert. Als wolle er das Ganze noch mal nachstellen …«, sagte Joentaa.
    Ketola schwieg.
    Joentaa wartete.
    »Ich bin gleich bei Ihnen«, sagte Ketola und unterbrach die Verbindung.
    Joentaa ließ das Handy eingeschaltet. Er zögerte kurz, dann ging er durch den Flur ins Schlafzimmer. Während er sich der angelehnten Tür näherte, dachte er für einen Moment, dass auf dem Bett Jaana Ilander liegen würde. Es würde so aussehen, als sei sie tot, aber in Wirklichkeit würde sie schlafen.
    Das Bild verschwand, als er die Tür aufstieß. Der Raum war hell beleuchtet. Niemand lag auf dem Bett, nur die bunt gestreifte Matratze. Das Laken, die Kissen und die Decke hatte Niemi mitgenommen, in der Hoffnung, endlich eine Spur des Täters zu finden, der keine Spuren zu hinterlassen schien.
    Joentaa ging langsam zurück ins Wohnzimmer. Er versuchte zu begreifen, was den Mann bewogen hatte, dieses Szenario zu schaffen. Was ihn bewogen hatte, das Foto, das Bild zurückzubringen. Er hatte wieder das Gefühl, die Antwort fast greifen zu können, sie war ganz nah, aber es gelang ihm nicht, sie auf eine einfache Formel zu reduzieren.
    Warum hatte er geweint?
    Nach einigen Minuten hörte er unten hektische Stimmen, unverkennbar laut und stechend die Stimme von Ketola. Er musste sehr schnell gefahren sein, trotz des dichten Schneefalls. Er hörte, wie er die Treppe hinaufkam. Ketola war außer Atem, als er im Türrahmen stehen blieb.
    »Hallo Kimmo«, sagte er.
    Joentaa nickte ihm zu. »Er muss auch für diese Wohnung einen Schlüssel gehabt haben«, sagte er. Ketola betrachtete die Szene, die der Mörder hergerichtet hatte. Er wirkte wieder ganz ruhig, kontrolliert. Hinter Ketola stand Niemi, der einen Kopf kleiner war und Schwierigkeiten hatte, an Ketola vorbei ins Innere des Raums zu sehen. Niemi trug schon Handschuhe und einen weißen Overall, die Berufskleidung der Spurensicherer.
    Ketola blieb reglos stehen, schüttelte nur kaum merklich den Kopf. »Das ist …« Er brach ab, fixierte Joentaa, der sich zwang, seinem Blick standzuhalten. »Das ist erstaunlich. Absolut erstaunlich, wirklich.«
    Niemi schob sich an Ketola vorbei. Niemi, der wie immer aussah, als sei er bester Laune, blinzelte mit den Augen, schien amüsiert, aber natürlich schien es nur so.
    »Noch mehr Spuren«, sagte er.
    »Was meinst du?«, fragte Joentaa.
    »Der Täter hat offensichtlich kein Interesse mehr daran, Spuren zu vermeiden. Wir haben hier in der Wohnung etliche brauchbare Abdrücke gefunden, an einem der Gläser, auf einigen der Fotos.«
    »Das gibt’s nicht«, sagte Joentaa verblüfft. Das passte nicht zu dem Bild, das er von dem Mann gewonnen hatte.
    »Ist doch egal«, sagte Ketola, ganz ruhig, gelassen. Joentaa wusste nicht, worauf er hinauswollte. »Ist doch egal.« Etwas lauter, lachend. »Ist doch egal, ist doch egal!« Jetzt schrie Ketola. »Ist doch alles scheißegal, Herrgott, lass mich endlich nach

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