Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eismord

Eismord

Titel: Eismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
Vom Netzwerk:
wie sollte irgendjemand Sie schnappen?«
    Ein Amateur – der durchschnittliche Ehegattenmörder – würde dem Toten die Waffe in die Hand drücken. Nein danke. Papa hatte die Regel, niemals eine Waffe zurückzulassen. Er war kein abergläubischer Mann, doch ihn verband eine fast mystische Beziehung mit der Browning HP, .9 Millimeter, und er hatte nicht vor, eine dem Feind zu überlassen.
    Ein getippter Abschiedsbrief? Das würde sofort Verdacht erregen. Andererseits läge da vielleicht gerade der Reiz: Es so aussehen zu lassen, als versuchte ein Amateur, es wie Selbstmord hinzustellen. Ein komplexes Verwirrspiel.
    »Ich will damit nur sagen, dass es nicht zwangsläufig ist, mich zu töten.«
    Papa wandte den Blick von der Decke zu Lloyd. »Niemand hat was davon gesagt, Sie zu töten.«
    »Sie haben Henry umgebracht. Wieso sollten Sie ihn töten und mich nicht?«
    »Henry hat Drohungen ausgesprochen.«
    »Das halte ich für höchst unwahrscheinlich. Henry war der sanftmütigste Mann, der mir je begegnet ist.«
    »Vielleicht ist er deshalb gestorben.«
    »Also, jetzt widersprechen Sie sich aber.«
    »Das Leben widerspricht sich unentwegt. Im Morgengrauen rosiger Himmel, mittags Blitz und Donner. Schnee mitten im Mai. Ein stiller Postbeamter richtet plötzlich unter seinen Kollegen ein Blutbad an. Eine Mutter tötet ihre Tochter. Jeder, der die Wahrheit sagt, wird sich widersprechen.«
    »Erst macht Henry eine bedrohliche Geste, dann ist er zu sanftmütig, um ihn zu verschonen. Wieso können Sie nicht einfach zugeben, dass Sie ihn umgebracht haben? Ganz offensichtlich schämen Sie sich ja nicht dafür.«
    »Ich hab niemanden umgebracht.«
    Die Idee mit dem unfähigen Amateur hatte etwas. Aber wenn sie das Spiel für bare Münze nahmen? Das wäre langweilig, das hätte keinen Witz. Wenn dagegen Nikki ihm eine
andere
Waffe in die Hand steckte, irgendeine Allerweltskanone. Die Cops wüssten sehr bald, dass es nicht die Mordwaffe war. Dann würde es
wirklich
amateurhaft aussehen.
    »… könnte meinen Anwalt zwei Tage später in Kenntnis setzen. Da haben Sie das Land längst verlassen.«
    »Wir machen uns keine Sorgen, das Land nicht verlassen zu können.«
    »Sollten Sie aber vielleicht.«
    »Tun wir aber nicht.«
    Richtig clever wäre es, wenn Nikki überhaupt keine Waffe zurückließe, da würden die Leute sich Gedanken machen müssen. Sie könnte es in jeder anderen Hinsicht als Selbstmord tarnen, nur keine Waffe zurücklassen. Dann wüssten sie – es sei denn, die Polizei verfiele auf den Gedanken, irgendein Dieb hätte sie gestohlen –, dass die ganze Szene gestellt war. Geplant. Du gehst akribisch nach Plan vor, und dann untergräbst du die Wirkung. Das könnten sie nicht ignorieren. Sie wüssten, dass hier ein Verbrechen mit einem Urheber vorlag, einer unsichtbaren Hand, die Regie geführt hatte – eine Intelligenz, die dahinterstand und das Ganze dirigierte. Aber von einer erhobenen Warte aus.
    Lloyd redete immer noch, um ein anderes Ende zu erzwingen.
    »Lloyd«, sagte Papa, »ich werde Sie nicht töten.«
     
    Als Papa Nikki bat, sich unter vier Augen mit ihm im Keller zu treffen, wusste sie, was kam.
    »Du bist schon eine Weile bei uns, Nikki.«
    »Kommt mir gar nicht so lang vor.«
    »Das ist gut. Die Zeit vergeht wie im Flug?«
    Nikki zuckte die Achseln.
    Sie saßen jeder in einem Sessel schräg vor dem Kellerkamin. Wie ein altes Ehepaar, dachte Nikki.
    »Denkst du ab und zu daran, je in dein früheres Leben zurückzukehren?« Papa sah sie nicht an, sondern starrte in die Flammen.
    »Niemals. Wieder anschaffen gehen? Nicht im Traum.«
    »Willst du bei der Familie bleiben?«
    »Na ja, schon. Ich war in meinem ganzen Leben noch nicht so glücklich.«
    »Um bei der Familie zu bleiben, musst du der Familie gegenüber loyal sein. Loyalität gegenüber der Familie ist das oberste Gebot.«
    »Ich weiß. Ich bin loyal.«
    »Nichts ist so wichtig wie die Familie, weder Liebe, noch Hass, noch das Gesetz. Die Familie hat allerhöchste Priorität.«
    »Cool. Genau das finde ich auch.«
    »Bist du bereit für einen Auftrag?«
    »Ich bin bereit.«
    »Mr. Kreeger gehört nicht zur Familie. Er ist ein Feind der Familie. Eine Gefahr für die Familie. Sobald wir von hier weggehen, läuft er sofort zur Polizei und sagt ihnen alles, was sie brauchen, um uns alle drei für lange Zeit hinter Gitter zu bringen, vielleicht sogar lebenslänglich. Es wird die Zeit kommen – und sie kommt bald –, dass er getötet werden

Weitere Kostenlose Bücher