Eismord
gehe. Mann, bin ich diese Russen leid. Ein absolut paranoider Haufen.«
»Sie haben mit Natalia Kuritsyn gesprochen?«
»Gestern. Bisschen anhänglich, die gute Frau. Heute hab ich russische Einkäufer interviewt. Vier von den Kerlen, Schrankkoffer, jeder von denen. Alle aus Kalinin. Konnten alle zusammen vielleicht fünf Wörter Englisch.«
»Wie ist es Ihnen gelungen, vor uns die Bastovs zu identifizieren?«
»Geschäftsgeheimnis. Sie können mir Handschellen anlegen und mich verprügeln, Sie kriegen trotzdem nichts aus mir heraus.«
»Ich glaube, das wird nicht nötig sein.«
»Ehrlich gesagt, war es ein reiner Glücksfall. Ich war gerade zufällig mit Natalia Kuritsyn im Gespräch, als sie auf die Bastovs wartete. Sie wurde immer besorgter, hat im Hotel angerufen, schließlich bei der Polizei. Haben Sie schon den Wagen gefunden?«
»Wir gehen der Sache nach. Möglicherweise hatten sie keinen geliehen.«
»Mercury Grand Marquis. Rot. Neuestes Modell. Sie haben ihn am Flughafen bei Hertz geliehen. Soll ich Ihnen das Kennzeichen geben?«
Cardinal lachte. »Sie sind gut.«
»Ich geb mir Mühe, Detective.«
Als Cardinal zu seinem Wagen zurücklief, holte sie ihn ein. Sie klang gehetzt, ihre Worte überschlugen sich. »Hören Sie, ich hasse es, wenn ich aufdringlich wirke und so. Ich bin nicht so aufdringlich, wie’s den Anschein hat. Aber ich bin den Fraß im Hotel leid, und ich hoffe, Sie gehen mit mir essen. In einem netten Restaurant. Mir ist klar, dass Sie verheiratet sind, und ich mach Sie nicht an. Genauer gesagt, fände ich es nett, Ihre Frau kennenzulernen, also bringen Sie sie mit, ich lade Sie beide ein. Was halten Sie davon? Ich kann’s sogar als Spesen verbuchen, und es wäre nicht mal gelogen. Sagen Sie ja. Sie können mir von Algonquin Bay erzählen. Oder auch von Hockey. Wäre wirklich nett.«
Es hatte zu schneien angefangen; eine Flocke landete auf ihrer Augenbraue und schmolz.
Als Cardinal und Delorme zum Revier zurückkamen, erfuhren sie von McLeod, dass er in seinem unermüdlichen Einsatz die Leihwagenfirmen am Flughafen abgeklappert und rausgefunden hatte, welches Fabrikat die Bastovs gemietet hätten. Der Mercury Grand Marquis sei bereits bei allen Einheiten zur Fahndung ausgeschrieben.
Cardinal versuchte erneut, Anton Bastov zu erreichen. Es meldete sich niemand. Er suchte die Nummer von Donna Karan heraus und rief in der Firmenzentrale von DKNY an. Dort bekam er schließlich heraus, wo der Mann steckte. Nach einem Rückflug aus Paris war er mit einer ernsten Lebensmittelvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert worden.
Cardinal ließ sich den Namen des Krankenhauses nennen und erfuhr bei seinem Anruf, dem Patienten gehe es nicht gut genug, um eine schlimme Nachricht zu verkraften oder Fragen zu beantworten.
Cardinal tippte seine zusätzlichen Berichte und überlegte einen Moment, ob er darin Donna Vaughan erwähnen sollte. Er kam zu dem Schluss, es besser zu unterlassen. Sie war eine Pressefrau, keine Zeugin, und andere hatten durch die übliche polizeiliche Kleinarbeit dieselben Erkenntnisse zusammengetragen.
Auf seinem Weg durchs Großraumbüro kam DS Chouinard an Cardinals Kabine vorbei. »Ein Wort an die Weisen. Hab gerade einen Anruf aus der New Yorker FBI -Zentrale bekommen. Sie schicken einen Mann hier rauf. Special Agent Mendelsohn.«
»Wozu?«
»Wir haben zwei tote Amerikaner, und sie wollen mal nach dem Rechten sehen. Selbstverständlich werden wir ein Vorbild an internationaler Zusammenarbeit sein.«
Um halb acht Uhr zog sich Delorme ihren Mantel an. »Später noch Lust auf ein Video, oder bist du zu müde?«
»Ich bin ziemlich kaputt«, sagte Cardinal.
»Arbeitest du die Nacht durch?«
»Nee, bin so gut wie fertig.« Irgendwie zögerte er, Delorme von seiner Verabredung zum Abendessen zu erzählen, er war sich nicht sicher, wieso.
»Wer war die Blondine am Lagerhaus?«
»Donna Vaughan. Reporterin aus den Staaten.«
Delorme musterte ihn einen Moment, dann war sie verschwunden.
DeGroots Restaurant hatte ein Jahr zuvor in der Main Street eröffnet. Auch wenn es nicht an die Eleganz des Champlain herankam, bot es mit seinen gemütlichen Sitznischen, mit der Holzverkleidung und den roten Polstersitzen eine angenehme Mischung aus Privatsphäre und Geselligkeit. Obendrein war das Essen ausgezeichnet. Als Cardinal Donna warnte, es sei ein Steakhouse, hatte sie gesagt: »Soll mir recht sein, Detective, ich bin durchaus für rotes Fleisch zu haben.«
Als er
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