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Eisnacht

Eisnacht

Titel: Eisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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da.«

Kapitel 10
    Dutch saß vorn in Cal Hawkins' Streulaster, hauptsächlich, weil er sich nicht darauf verlassen wollte, dass Hawkins wirklich alles versuchen würde, um die Bergstraße hinaufzukommen. Außerdem wollte er der Erste in der Hütte sein und als Erster durch die Tür kommen, Lillys Held in glänzender Rüstung.
    Die Fahrt von der Kaschemme, in der sie Hawkins gefunden hatten, in die Stadt zurück hatte Nerven gekostet. Die Brücken waren spiegelglatt, die Straßen kaum besser. Sobald sie in der Werkstatt angekommen waren, hatte Dutch literweise schwarzen Kaffee in Hawkins hineingeschüttet. Der hatte gemeckert und gejammert, bis Dutch gedroht hatte, ihn mit einem Putzlumpen zu knebeln, und ihn dann im wahrsten Sinn des Wortes auf den Fahrersitz gehoben hatte.
    Das Führerhaus war ein Schweinestall. Der Boden war mit Müll und Essenspapieren übersät, die seit dem letzten Winter hier lagen. In den Vinylüberzügen der Sitze klafften tiefe Wunden, aus denen die fleckige Polsterung quoll. Vom Rückspiegel baumelte neben den riesigen Flauschwürfeln und dem Hologramm eines Mädchens, das sich mit einem Vibrator vergnügte, auch ein tannenförmiges Duftbäumchen. Es mühte sich vergeblich, die verschiedenen Gerüche zu übertünchen.
    Der Streulaster stammte aus einer ganzen Flotte schwerer Baumaschinen, die der alte Mr Hawkins an Kommunen, öffentliche Unternehmen und Baufirmen vermietet hatte. Das Geschäft war eine Goldgrube gewesen, bis der Alte gestorben war und Cal junior es geerbt hatte. Der Streulaster war alles, was von dem stolzen Besitz übrig geblieben war.
    Cal junior hatte die Maschinen seines Vaters für mehrere Darlehen verpfändet, die er nie zurückgezahlt hatte. Alles außer diesem Streulaster war versteigert worden. Dutch hatte wenig Verständnis für Cals finanzielle Nöte und hätte sich nicht darum geschert, wenn auch der Streulaster morgen einkassiert worden wäre, solange er ihn noch heute Abend auf den Berg brachte.
    Er warf einen Blick in den Seitenspiegel und sah die Scheinwerfer seines Bronco in sicherem Abstand folgen. Einer seiner Leute, Samuel Bull, saß am Steuer. Er hatte den Vorteil, auf dem Sand-Salz-Gemisch fahren zu können, das Hawkins streute. Trotzdem war die Straße heimtückisch. Immer wieder sah Dutch, wie der Bronco in Richtung Straßengraben oder über den Mittelstreifen schlitterte .- Wes fuhr mit Bull. Bevor sie losgefahren waren, hatte Dutch ihm erklärt, dass er nicht mitzukommen brauchte. »Fahr heim. Das ist mein Problem, nicht deines.«
    »Ich komme mit und leiste moralische Unterstützung«, hatte Wes nur geantwortet und war in den Bronco gestiegen.
    Dutch würde höchstens moralische Unterstützung brauchen, wenn dieser Versuch, zu Lilly zu gelangen, fehlschlug. Offenbar glaubte Wes, dass der Fehlschlag programmiert war. Genau wie Bull. Und Hawkins. Der Zweifel sprach laut und deutlich aus allem, was sie sagten, und er sah Mitleid in ihren Blicken.
    Bestimmt halten sie mich für völlig verzweifelt, dachte er. Verzweiflung war kein angemessener Zustand für einen Polizeichef. Für einen Mann. Jedenfalls erweckte er kein Vertrauen. Wenn er in Cal Hawkins überhaupt etwas erwecken konnte, dann Angst.
    Als sie fünfzig Meter vor der Abzweigung zur Mountain Laurel Road waren, sagte er: »Wenn ich den Eindruck habe, dass du nicht alles gibst, wanderst du in den Knast.«
    »Wegen was denn?«
    »Weil du mich sauer gemacht hast.«
    »Das geht nicht.«
    »Ich würde dir raten, es nicht darauf ankommen zu lassen. Du holst alles aus dieser Schrottmühle raus, kapiert?«
    »Ja, aber…«
    »Ich will es nicht hören.«
    Hawkins leckte sich die Lippen, fasste das Lenkrad fester und murmelte: »Kann verfluchte Scheiße nichts sehen.« Aber er schaltete kurz vor der Abzweigung einen Gang herunter.
    Hier abzubiegen war ein Kunststück, weil es scharf um die Kurve ging und die Straße direkt in eine steile Steigung überging. Hawkins musste die Kurve langsam, aber mit genug Schwung nehmen, um die Steigung hinaufzukommen.
    Dutch klickte das Funkgerät in seiner Hand an. »Abstand halten, Bull. Komm nicht zu dicht ran.«
    »Mach dir deswegen keine Gedanken«, hörte er Wes aus dem Lautsprecher antworten. »Das habe ich ihm auch gesagt.«
    »Immer langsam und locker«, sagte Hawkins halb laut entweder zu sich oder zu seinem Lastwagen.
    »Nicht zu locker«, ermahnte ihn Dutch. »Du musst die Steigung schaffen.«
    »Ich habe Erfahrung mit diesem Ding hier.«
    »Also fahr

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