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Eisnacht

Eisnacht

Titel: Eisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Manteltasche gleiten und nahm die Pistole in beide Hände. »Das glaube ich nicht.«
    »Hör mich an. Bitte.«
    »Ich habe genug gehört. Heb die Handschellen auf.«
    »Wie kannst du nur glauben, dass ich Blue bin? Nur wegen der Handschellen und eines blauen Bandes?«
    Sie hatte gehört, wie Dutch den unbekannten Täter als Blue bezeichnet hatte. Als Tierney den Namen so beiläufig aussprach, begann ihr Herz unter den Rippen zu hämmern. Aber es war etwas anderes, das ihr wirklich Todesangst machte.
    Offenbar war sie ihr anzusehen. »Komm schon, Lilly«, sagte er leise. »Du bist doch nicht überrascht, dass ich weiß, wie die Polizei den unbekannten Täter nennt, oder? Es ist ein kleiner Ort. Jeder in Cleary weiß das.«
    »Das ist es nicht«, keuchte sie mühsam. »Aber ich habe kein Wort von dem Band gesagt.«
    Die Frage von Special Agent Wise war völlig aus dem Zusammenhang gerissen, so kam es Dutch wenigstens vor. Im ersten Moment war er perplex. »Ben Tierney?« Sie hatten über seine Ermittlungen wegen der verschwundenen Millicent Gunn gesprochen, und aus heiterem Himmel fragte ihn Wise, ob er Ben Tierney kenne.
    Er sah Wise und Begley verwirrt an, aber er hätte genauso gut zwei Porzellanpuppen anstarren können. Genauso flach und undurchdringlich wirkten ihre Blicke. »Was hat Ben Tierney damit zu tun?«
    »Kennen Sie ihn?«, fragte Wise.
    »Vom Sehen, aber nicht näher.« Dann spürte er unvermittelt ein Frösteln, das nichts mit den Temperaturen draußen zu tun hatte. Er spürte das gleiche Unbehagen, das er früher immer empfunden hatte, wenn er ein Gebäude betrat, in dem sich vermutlich ein Verdächtiger verschanzt hatte. Du wusstest, dass irgendwas Schlimmes passieren würde, aber du wusstest nicht, was und wie schlimm es wäre. Du wusstest nicht, wovor du dich fürchten musstest, aber du wusstest genug, um dich zu fürchten. »Was ist mit Ben Tierney?«
    Wise schaute in seinen Kaffee und balancierte sorgsam den Löffel auf dem Untertassenrand.
    Sein Schweigen war vielsagender als alles, was er hätte antworten können. »Hören Sie, wenn er was damit zu tun hat…«
    »Wie gut kennt ihn Ihre Exfrau?«
    Dutchs Blick schwenkte auf Begley, der die Frage abgefeuert hatte. »Was zum Teufel reden Sie da?«
    »Soweit wir wissen, sind sie miteinander bekannt.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Wie gut kennen sie sich? Und in welcher Beziehung stehen sie zueinander?«
    »Es gibt keine Beziehung«, widersprach Dutch ärgerlich. »Sie ist ihm einmal begegnet. Warum?«
    »Nur Neugier. Wir suchen nach verschiedenen Ansatzpunkten, um…«
    Dutch knallte die Faust so fest auf den Tisch, dass Besteck und Geschirr zu klappern begannen. Wises Löffel kippte von der Untertasse und landete scheppernd auf der Tischplatte. »Sparen Sie sich den Müll, und verraten Sie mir, was Sie über den Mann wissen. Scheiße, Sie sind große, böse FBI-Agenten, aber ich bin auch Polizist, gottverflucht noch mal, und darum habe ich ein Anrecht auf Ihren Respekt und auf alle Informationen, die meine Ermittlungen betreffen könnten. Also, was ist mit Ben Tierney?«
    »Beruhigen Sie sich«, befahl Begley. »Und nur damit Sie es wissen, ich dulde keine Fäkalsprache und mag es nicht, wenn der Name des Herrn entehrt wird. Tun Sie das in meiner Gegenwart nicht wieder.«
    Dutch rutschte aus der Bank, fasste nach Jacke und Handschuhen und zog sie mit eckigen, wütenden Bewegungen an. Dann beugte er sich vor und sagte Begley ins Gesicht: »Erstens können Sie sich ins Knie ficken. Zweitens lassen Sie sich eines gesagt sein, Sie scheinheiliger Schwanzlutscher. Falls Sie sich für Ben Tierney interessieren, weil er was mit den verschwundenen Frauen zu tun haben könnte, dann muss ich das erfahren, weil meine Frau in genau diesem Moment mit ihm in unserer Berghütte festsitzt.«
    Diesmal zeigten sie ausnahmsweise eine Reaktion, die zwischen Überraschung und so starkem Erschrecken lag, dass Dutch unwillkürlich zurückwich. »Allmächtiger. Sie glauben, dass Ben Tierney Blue ist?«
    Wise schickte einen bedächtigen Blick zu der gespannt lauschenden Gruppe an der Kaffeetheke hinüber und erklärte dann vielsagend: »Wir haben einige Hinweise, denen wir nachgehen sollten.«
    Der Agent schlich um den gleichen heißen Brei herum, den auch Dutch so oft umschlichen hatte, als er noch im Morddezernat gearbeitet hatte. Genau das hatte er auch immer gesagt, wenn er gewusst hatte, dass ein Verdächtiger eindeutig schuldig war und nur noch ein einziger

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