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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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auch dahinten sitzen bleiben, wenn es dir besser gefällt.«
    »Spinn nicht rum. Ich war vorhin einfach zu faul, um umzuziehen. Außerdem fand ich den Spruch von Leo so kacke gegenüber Carl. Da konnte ich den ja schlecht alleine lassen.«
    »Du konntest den armen kleinen Carl nicht alleine lassen?«, fragt Kim scheinbar zuckersüß. »Ich fand den Spruch von Leo gar nicht so blöd«, fügt sie leise an.
    Zoe tut so, als hätte sie das nicht gehört. Sie will da jetzt nicht drüber nachdenken.
    Als Kim, Saskia und ein paar andere sich nach Schulschluss fürs Freibad verabreden, schüttelt Zoe nur den Kopf.
    »Keine Zeit«, sagt sie knapp.
    Keiner fragt, warum nicht. Was sie denn Wichtigeres vorhabe. So muss Zoe sich auch gar keine Ausrede einfallen lassen. »Keine Lust« wäre der richtige Grund gewesen. Aber das hätte nicht nett geklungen. Und sie möchte ja nett sein. Gemocht werden. Als sie die Tür öffnet, wird sie vom monotonen Geräusch der Nähmaschine empfangen.
    »Musst du nicht arbeiten?«, fragt sie ihre Mutter erstaunt.
    »Das ist hier auch harte Arbeit«, antwortet die schlecht gelaunt.
    »Was wird das denn?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Es sollte eine Tischdecke für die Terrasse werden. Ich weiß nur nicht, ob wir jemals einen Tisch finden, der eine solche Form hat.«
    »Die Farben sind auf jeden Fall sehr schön«, kommentiert Zoe. Sie möchte jetzt endlich was Nettes sagen. »Wo ist Franzi?«
    »Zur Musiktherapie. Um sechs wird sie zurückgebracht.«
    Ihre Mutter hatte vor Kurzem gelesen, dass gerade Musik für Franziskas Probleme hilfreich sei. Jetzt wird die Siebenjährige einmal in der Woche abgeholt.
    Zoe steht im Schatten auf der Terrasse. Die Sonne, die Schmetterlinge, die vielen Farben, Kinderlachen aus den Nachbargärten. Das ist ihr zu gut gelaunt. Das ist für sie zu viel Glückseligkeit. Sie könnte auf den Spielplatz gehen, wieder ein bisschen auf dem Wipptier balancieren. Aber dafür fehlt ihr die Energie. Sie schiebt Greta in den DVD -Player, sie schaut ihn jetzt zum vierten oder fünften Mal. Letzte Woche erst hat sie die DVD gekauft und kann eigentlich schon mitsprechen. Sie liebt Hillary Duff in der Rolle der Hauptdarstellerin. Sie liebt dieses rebellische, sarkastische Mädchen, das vor nichts Angst hat. Und sie liebt dieses schöne Ende. Zoe taucht in den Film wie in ein 25 -Meter-Becken warmen Wassers. Als sie am Ende der neunzig Minuten auftaucht, ist sie atemlos. Es tut ein bisschen weh. So wie einem die Lunge schmerzt, wenn man tief und weit getaucht ist. Aber schön ist es doch.
    Der Tag ist noch immer zu lang, um ihn ausklingen zu lassen. Hausaufgaben hat sie schon in der Freistunde erledigt. Kurz entschlossen setzt sie sich aufs Rad und fährt los. Am Einkaufszentrum stoppt sie. Sie stöbert durch die Boutique-Abteilung, probiert ein paar Jeans an. Sie könnte jetzt eine mitgehen lassen. Wie immer einfach unter die eigene Jeans anziehen, das Schild irgendwo in einem Stapel entsorgen. Vielleicht um mal eine andere Form der Schuld zu ergründen. Sie lässt es. Nicht aus Angst, entdeckt zu werden. Aber ihr gehen langsam die Ausreden aus, woher die ganzen neuen Klamotten kommen. Letztes Jahr konnte sie immer noch sagen, dass dies oder das von Saskia geliehen sei. Seitdem die so zugelegt hat, wirkt das unglaubwürdig. Sie stopft nur eine Modeschmuckkette und ein paar Ohrringe zwischen Schaumstoff und Fahrradhelm. Sie fährt nicht nach Hause, sondern Richtung Block. Sie kennt Carls Adresse, hat sie auf seiner Tasche gelesen. Kanalstraße vier . Die Gegend wird ein bisschen grauer. Die Häuser werden höher, die Mülltonnen schließen nicht mehr richtig. Und sie ist noch lange nicht da. Irgendwann liegt der Müll einfach auf der Straße. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Nicht so deprimierend, nicht so unheimlich. Dieser Teil der Stadt ist ihr völlig unbekannt.
    »Geiler Arsch«, brüllt ein Junge, an dem sie vorbeifährt. Als sie direkt auf den Kiosk zufährt, sieht sie erst im letzten Moment die Clique davor. Sie spürt ein ungutes Gefühl in sich aufsteigen. Wie Sodbrennen im Kopf. Es gibt keine Gelegenheit mehr, um abzubiegen. Um umzudrehen ist es zu spät. Und dann passieren zwei Dinge zeitgleich. Drei Typen lösen sich aus dem Pulk, stoßen sich quasi wie im Schwimmbecken ab und kraulen auf sie zu. Zoe kann fast riechen, dass die es nicht auf ihr Rad abgesehen haben. Sie zieht beide Bremsen, gleichzeitig nimmt sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr und schon

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