Eisseele - Schlieper, B: Eisseele
schließlich vor.
Beide wissen, dass das ein schlechter Ort ist, um in Ruhe ein Referat vorzubereiten. Es ist dort laut, hektisch, eng.
»Okay. Dann musst du mich aber einladen. Du weißt doch, wir leben von Harz IV, da ist gerade am Ende des Monats Starbucks eigentlich nicht mehr drin. Oder ich hole mir einfach ein Glas Wasser vom Klo«, sagt Carl hart. Für ihre Arroganz soll Zoe ruhig bezahlen.
Saskia braucht ewig in der Umkleide. Als sie endlich den Vorhang zur Seite schiebt, ist sie puterrot im Gesicht. Sie dreht sich vorm Spiegel, versucht ihren Po zu sehen. Kim und Zoe sehen ihn und werfen sich kurz einen Blick zu.
»Dreh dich mal«, sagt Zoe schnell.
»Also irgendwie«, fängt Kim an und Zoe fürchtet, dass Kim mal wieder etwas zu direkt sein wird.
»Irgendwie ist das nicht deine Farbe«, fällt Zoe ihr schnell ins Wort.
»Die gibt es auch noch in weiß«, räumt Saskia ein.
Warum auch immer, sie hat sich in diese Sommerhose verliebt. So verliebt, dass sie ignoriert, dass der Schnitt eher für schmale Hüften geeignet ist.
»Weiß ist kacke. Da hast du einen roten Slip an und jeder sieht es gleich«, lehnt Kim ab.
»Was hältst du hiervon?« Zoe hält ihrer Freundin einen bunten Rock hin. »Den kann ich mir an dir super vorstellen.«
Natürlich könnte sie Saskia jetzt sagen, dass diese Hose so aussieht, als würde sie gerade von ihrem Arsch eingesogen. Dass sich über dem Bund eine Speckfalte bildet, die schon leicht über den Knopf hängt. Und dass es so aussieht, als würde die Hose mit einem lauten Knall platzen, wenn Saskia auch nur versuchen würde sich hinzusetzen. Warum sollte sie das tun? Saskia wäre beleidigt, traurig, verletzt und dünner würde sie davon auch nicht.
Saskia hält den Rock zweifelnd in der Hand. »Der ist doch total omamäßig.«
»Quatsch. Das ist Retro. Der Renner in diesem Jahr. Wenn du ihn nicht nimmst, nehme ich ihn.« Zoe lehnt sich bewusst ziemlich weit aus dem Fenster.
»Ich kann ihn ja mal anziehen«, gibt Saskia nach.
Sie sieht zehn Kilo schlanker aus als sie aus der Umkleidekabine kommt. Hintern, fehlende Taille, Hüften – alles lässt sich unter dem weiten Rock nur erahnen.
»Super«, findet Kim. »Jetzt nimm den und fertig. Ich muss noch ins Horse . Die machen gleich zu«, drängelt sie weiter.
»Klasse, da können wir uns mal wieder striegeln«, lacht Zoe.
In dem Pferdefachgeschäft schnappen sich Saskia und Zoe gleich zwei Pferdebürsten und fangen an, ihre Haare zu bearbeiten.
»Wenn du willst, mache ich dir einen Pferdeschwanz«, prustet Saskia.
Kim verdreht die Augen. »Ich bin gleich wieder da, seid bitte nicht zu peinlich.«
Zoe und Saskia duellieren sich gerade mit zwei Gerten, als Kim sie aus dem Laden zieht.
»Was hast du denn da?«, fragt Saskia und zeigt auf Kims Tüte.
»Ich hatte versprochen, dass ich so ein Pflegezeug für die Mähnen mitbringe. Damit werden die glatter.«
Zoe lacht laut auf.
»Das kannst du bestimmt auch für deinen Pony nehmen«, kichert sie.
»Wenn ich deine Haarfarbe hätte, wäre ich ganz still«, stichelt Kim fröhlich zurück und hakt sich bei ihren Freundinnen ein.
Halb vier. Zoe wird langsam nervös. Sie hatte nicht erwartet, dass ihre Freundinnen mit einer solchen Ausdauer shoppen würden. Sie hatte gehofft, dass Kim schnell in den Stall und Saskia zum Ruderclub wollte. Natürlich hatte sie einen guten Grund, sich mit Carl zu treffen. Die Verabredung war ja nicht freiwillig. Und trotzdem hatte sie es eigentlich verschweigen wollen. Und jetzt? Saskia hatte plötzlich ihr Faible für Röcke entdeckt und für riesige bunte Tücher, die sie sich probeweise immer wieder neu um den Körper legt.
»Guck mal, das kann ich auch hier oben verknoten und als Strandkleid tragen«, demonstriert sie.
»Damit kannst du dich auch super verhüllen, wenn du zum Islam konvertierst«, antwortet Zoe genervt.
Kim lacht, Saskia nicht.
Sie legt es sich wie eine Stola um die Schultern, begutachtet sich im Spiegel.
»Damit kannst du bei einem Autounfall auch erste Hilfe leisten. Mit dem Teil kannst du einen Ganzkörperverband anlegen«, schlägt Kim vor.
Genervt wirft Saskia das Tuch zurück auf den Wühltisch.
»Ihr wisst wirklich, wie ihr mir was madig machen könnt.«
»Süße, wir wollen dich nur vor einem Fehler bewahren. Wenn es irgendwann mal wirklich eine Situation geben sollte, in der du diesen Fetzen brauchen könntest, ruf mich an. Ich fahre dann los und kaufe ihn dir«, lacht Kim und nimmt Saskia in den
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